Brot für die Welt Wagen vor Landtagsgebäude in der Stuttgarter Innenstadt. 4 min
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Spendenaktionen der Kirchen starten Wenn Spendensammeln schwerer wird

01. Dezember 2023, 12:00 Uhr

Traditionell beginnen die kirchlichen Hilfswerke "Brot für die Welt" und "Adveniat" ihre bundesweiten, weihnachtlichen Spendenkampagnen am 1. Advent. In diesem Jahr startet das evangelische Hilfswerk in Leipzig, das katholische in Erfurt. Angesichts des Mitgliedschwundes der Kirchen und der aktuell zahlreichen Krisen wird es für kirchliche Hilfswerke immer schwieriger, Gelder für ihre Projekte zu sammeln.

"Wandel säen"– so lautet das Motto der diesjährigen Spendenkampagne des evangelischen Hilfswerkes. Anne Dreyer ist bei "Brot für die Welt" zuständig für Fundraising. Sie weiß um die ungerechte Verteilung von Lebensmitteln weltweit.

Weltweit hungern 800 Millionen Menschen; jeder zehnte Mensch hat nicht genug zu essen, und das, obwohl weltweit genug Lebensmittel produziert werden.

Anne Dreyer

Für "Brot für die Welt" sei die Ernährungskrise daher auch eine Gerechtigkeitsfrage und Veränderungen seien dringend notwendig, so Dreyer.

Zum Beispiel bei Soja, das in Monokulturen auf riesigen Flächen in Lateinamerika angebaut wird. Die Merseburger Studentin Melanie Heyne vom Future-Board von "Brot für die Welt" fordert: “Bei Soja geht es darum, die Pflanze auch hier vor Ort anzubauen und nicht um die halbe Welt zu schippern. Andererseits sollte Soja auch nicht als Kraftfutter an Tiere verfüttert werden, so dass wir die Eiweiße dann durch die Tiere aufnehmen.“

Katholische Spendenaktion "Adveniat" startet in Erfurt

Die Spendenaktion von "Adveniat", des katholischen Hilfswerks für Lateinamerika, steht in diesem Jahr unter dem Motto: "Flucht trennt – Hilfe verbindet".

Bei der Eröffnung in Erfurt werden Projekte für Menschen präsentiert, die eine lebensgefährliche Flucht durch den kolumbianischen Urwald hinter sich haben und oft traumatisiert sind.

Adveniat Weihnachtsaktion 2023
Adveniat Spendenaktion 2023: "Flucht trennt – Hilfe verbindet" Bildrechte: Adveniat

Sebastian Ulbrich ist zuständig für weltkirchliche Aufgaben im Bistum Erfurt. Er verweist darauf, dass ein Fünftel aller Migrantinnen und Migranten aus Lateinamerika kommt. Aber er weiß auch, dass es angesichts der gegenwärtigen Situation nicht leicht ist, Menschen in Deutschland für das Thema Geflüchtete in Lateinamerika zu sensibilisieren.

Außerdem hat Sebastian Ulbrich bei den Vorbereitungen der Erfurter Eröffnungsveranstaltung den gesellschaftlichen Bedeutungsverlust der Kirchen zu spüren bekommen.

Es ist nicht so leicht wie früher. Wir können uns nicht mehr darauf verlassen, dass die Akteure von Staat und Gesellschaft mit im Boot sind. Das liegt daran, dass Kirche nicht mehr so viel Einfluss hat.

Sebastian Ulbrich

Spendenzuwachs bei Kirchen geringer als bei anderen Institutionen

Das gilt auch für das Spendenaufkommen. Burkhard Wilke, Geschäftsführer des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen bescheinigt Organisationen mit einem Spendensiegel, dass sie verantwortlich und transparent mit Spendengeldern umgehen.

Er analysiert regelmäßig den Spendenmarkt. Mit Blick auf die beiden christlichen Kirchen konstatiert er, dass sowohl evangelisch als auch katholisch gebundene Organisationen hinter der durchschnittlichen Spendenentwicklung zurückbleiben. Zwar verbuchten auch kirchliche Hilfswerke leichte Zuwächse, jedoch deutlich weniger als andere Organisationen.

Einen Grund für die Mindereinnahmen bei Adveniat benennt Sebastian Ulbrich.

Der Hauptanteil geht über die Weihnachtskollekten. Und wenn wir sehen, dass immer weniger Menschen in die Kirche gehen, ist es klar, dass auch dieser Anteil sinkt. Das ist eine große Herausforderung für die Hilfswerke.

Sebastian Ulbrich

Trotz des Gegenwindes – Anne Dreyer von "Brot für die Welt" betont, dass ihre Organisation mit dem Spendenaufkommen zufrieden sei. Denn selbst "wenn Menschen aus den Kirchen austreten, fühlen sie sich den sozialen Themen, wie wir sie vertreten, weiterhin sehr verbunden und sie wollen die Arbeit von "Brot für die Welt" unterstützen", so Dreyer.

65. Aktion Brot für die Welt: "Wandel säen"
65. Aktion Brot für die Welt: "Wandel säen" Bildrechte: Brot für die Welt

Im vergangenen Jahr nahm "Brot für die Welt" rund 75 Millionen Euro durch Spenden und Kollekten ein. Das katholische Hilfswerk "Adveniat", das sich auf Lateinamerika konzentriert, kam auf mehr als 30 Millionen Euro.

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | Religion und Gesellschaft | 02. Dezember 2023 | 09:00 Uhr