Montag, 06.03.2023: Himmel und Hölle

Yin und Yang. Schwarz und Weiß. Himmel und Hölle. Dazwischen liegen jeweils scheinbar Welten. Oder doch nur eine feine Linie. Kurz nach dem Aufwachen treffe ich meist eine erste Entscheidung: Klicke ich im Smartphone auf eine Nachrichten-App, oder lese ich erstmal etwas Erbauliches. Die Gegensätze sind bisweilen erstaunlich.

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gesprochen von Frank Seibel

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Mo 06.03.2023 05:45Uhr 02:43 min

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Am Tag, als in der Türkei und Syrien die Erde bebte und Zigtausend Menschen unter den Trümmern ihrer Häuser starben, an diesem Tag erschuf Gott die Welt. Das eine war die Hauptnachricht an einem Dienstagmorgen - das andere die Bibellesung aus der Schöpfungsgeschichte. Schöpfung und Zerstörung in einem Atemzug! Ich musste an die kleine Kirche in Niesky denken.

Dass sie 1935 geweiht wurde, ist noch nichts Besonderes. Das Ungewöhnliche sind bei der St. Josef- Kirche in Niesky die Bauweise – und ihre Herkunft. Das Kirchlein ist aus Holz gebaut und steht in einer Siedlung von Holzhäusern.  Niesky war in den 1920er Jahren berühmt für Häuser, die im Stil der Moderne gebaut wurden - aber nicht aus Beton oder Stein, sondern aus Holz. Die Firma Christoph und Unmack hatte sich ganz darauf spezialisiert. In der großen Wirtschaftskrise brach dann das Geschäft mit den teuren Wohnhäusern ein.

Die Firma fand ab 1933 schnell einen neuen Großkunden: die nationalsozialistische Regierung des so genannten Dritten Reiches. Es war schnell klar: Dieses politische System wird Lager baue. Die Firma aus Niesky entwickelte ein Baukastensystem für Lagerbaracken und ließ sich ein Patent dafür sichern.

Und dann diese Kirche: St. Josef in Niesky ist gleichsam aus dem selben Holz geschnitzt wie die Baracken in Kriegsgefangenenlagern und KZs überall im Herrschaftsgebiet der NS-Diktatur.

Was soll man dazu sagen: dass aus dem Schlechten auch etwas Gutes entstehen kann - und das Schlechte dadurch gar nicht so schlecht ist? Ich ziehe daraus einen anderen Schluss: Gott ist nicht kleinzukriegen; er setzt sich zur Wehr und setzt sich durch. Manchmal sind Gottes Zeichen der Hoffnung klein und unscheinbar. Aber sie sind wichtig.

Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche:

Kurzbiografie Frank Seibel

Frank Seibel

1965 geboren in Frankfurt am Main | Studium der Kulturanthropologie | 1996 - 2018 Redakteur bei der Sächsischen Zeitung | Von 2019 bis 2022 Leitung des Sankt-Wenzeslaus-Stifts in Jauernick-Buschbach bei Görlitz | seit Juni 2021 Vorsitzender der Katholischen Erwachsenenbildung Sachsen (KEBS) | seit September 2022 bei der Görlitzer Kulturservice GmbH, verantwortlich für die Spielstätten, vor allem für das Kulturforum Görlitzer Synagoge | Vorsitzender des Vereins "Meetingpoint Memory Messiaen"

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.