20. Mai ist Weltbienentag Honig oder wild? Keine Biene ersetzt die andere

20. Mai 2020, 10:07 Uhr

Der Weltbienentag wird erst zum dritten Mal an diesem 20. Mai begangen. Der Tag ehrt einen der ersten Bienenwissenschaftler, Anton Janša, dem die moderne Imkerei viele Erkenntnisse verdankt. Er wurde am 20. Mai 1734 in Breznica (Slowenien) geboren. Beim Stichwort Biene denken wir meist an Honigbiene. Seit der Antike leben sie als Haustiere mit dem Menschen. Ihre Klugheit, ihre Sprache, ihre Organisation in Staaten – das fasziniert uns seit Jahrhunderten. Es gibt aber auch die wilden Verwandten.

Bienen haben in den vergangenen Jahren jede Menge Schlagzeilen gemacht und Sympathisanten gefunden. Ihre Gefährdung durch Chemie in der Umwelt, ihre Anfälligkeit für Krankheiten, ihr mögliches Aussterben - all das ist vielen Menschen bewusst geworden. Der Wildbiene fehlt der Lebensraum, die Honigbiene ist ein überzüchtetes leistungsorientiertes Haus- und Nutztier, dem Parasiten zu schaffen machen. Dr. Josef Settele, Agrarbiologe am Helmholtz Zentrum für Umweltforschung in Leipzig sagt:

Honigbienen sind das drittwichtigste Haustier nach Schwein und Rind. Dabei ist die Honigbiene an sich nichts, was eigentlich gefährdet ist. Global haben die Bestände stark zugenommen, regional schwankt es ein bisschen. Das ist im Prinzip eine Geschichte, die stark von der Anwesenheit von Imkern abhängt, also eine ganz stark menschlich geprägte Geschichte.

Die Honigbienen werden vom Imker versorgt und sogar zu ihren Nahrungsquellen gebracht. Der anfallende Honig ist dabei eher ein Nebenprodukt. Viel wichtiger ist, dass die Pflanzen bestäubt werden. Bestäuber wie die Bienen sorgen für einen großen Teil unserer Lebensmittel. Die Blüten machen die Welt bunt und locken verschiedene Insekten an.

Jetzt haben Honigbienen bei der Bestäubung eine wichtige Funktion, aber es sind bei Weitem nicht die alleinigen und auch nicht die, die alle Bestäubung sicherstellen würden.

Dr. Josef Settele, Agrarbiologe, Helmholtz Zentrum für Umweltforschung - UFZ

Wildbienen, Honigbienen, Käfer, Fliegen, Schmetterlinge: Sie alle bestäuben Blüten. Es ist wichtig, dass es sie alle gibt und dass es allen gut geht.

Das heißt, solange wir diese Vielzahl von Bestäubern haben, haben wir immer auch genügend bestäubende Zeitgenossen, die einspringen können. Die Biene kann nie die anderen alle ersetzen und auch die anderen können nie die Biene ersetzen.

Dr. Josef Settele

Viele Bestäuber - viele Lebensstrategien

Die Bestäuber-Vielfalt – sie ist eine Art Versicherungsschutz für Teilausfälle des Systems. Wo zum Beispiel Honigbienen ausfallen, können Wildbienen helfen. So wie etwa im Obstanbaugebiet Fahner Höhe in Thüringen, wo man gezielt versucht die Wildbienen anzusiedeln. Meike Pflimpfl ist Projektleiterin "Wildbienen im Obstbau". Sie erklärt, was Wildbienen wie zum Beispiel die Mauerbiene von Honigbienen unterscheidet: "Die Wildbienen, die wir hier haben, sind hauptsächlich Mauerbienen. Die nisten in diesen Röhren und bilden keine Völker wie die Honigbienen, sondern jede ist auf sich gestellt und sammelt für sich. Das heißt, die müssen auch sammeln gehen. Also es ist nicht wie ein Volk, wo man sich auch so ein bisschen auf den anderen verlassen kann."

Dass die  angesiedelten Wildbienen auch bei Temperaturen von unter zwölf Grad bestäuben – wenn es der Honigbiene noch viel zu kalt ist – das macht sie zu willkommenen und unerlässlichen Helfern der Obstbauern.

Galerie Biene ist nicht gleich Biene

Die Honigbiene kennt vermutlich jeder. Aber wer hat schon einmal von der Blaugrünen Keulhornbiene gehört? Hier ein paar ausgefallene Bienenarten.

Eine Biene mit weißen Streifen sitzt in einer gelben Blüte
Weißfleckige Trauerbiene Die weißfleckige Trauerbiene erkennt man gut an ihrer grauen und schwarzen Behaarung. Sie nistet gern an Lehm- und Lösswänden in Sandgruben und Hohlwegen. Die Larven leben als Parasiten von anderen Pelzbienen. Bildrechte: IMAGO
Eine Biene mit weißen Streifen sitzt in einer gelben Blüte
Weißfleckige Trauerbiene Die weißfleckige Trauerbiene erkennt man gut an ihrer grauen und schwarzen Behaarung. Sie nistet gern an Lehm- und Lösswänden in Sandgruben und Hohlwegen. Die Larven leben als Parasiten von anderen Pelzbienen. Bildrechte: IMAGO
Braunbürstige Hosenbiene
Die braunbürstige Hosenbiene macht ihrem Namen alle Ehre mit ihren langen, braun gefärbten Haaren an den Hinterbeinen. Der helle Pollen färbt ihre "Hosen" auffallend weiß. Bildrechte: Hannes Petrischak
Raufüssige Hosenbiene
Die raufüßige Hosenbiene ist nur zwölf Millimeter groß. Im Sommer findet man sie am Wegesrand in den Blüten der Wegwarte oder anderen Korbblütengewächsen. Ihre Nester legt die Hosenbiene unterirdisch im Sandboden an. Sie braucht wie viele andere Bienenarten möglichst offenen Sand. Bildrechte: imago/blickwinkel
Eine zweifarbige Schneckenhaus-Mauerbiene sitzt auf einem Schneckengehäuuse
Die zweifarbige Schneckenhaus-Mauerbiene fliegt auf leere Schneckenhäuser, die beispielsweise auf kalkreichen Magerrasen liegen, aber auch in naturnahen Gärten. Pollen und Nektar sammeln die auffällig rotbraun behaarten Weibchen an verschiedenen Pflanzen. Im Schneckenhaus legen sie dann eine oder mehrere Kammern an, die sie mit einem Nahrungsvorrat für ihre Larven versehen. Dann legen sie ein Ei dazu. Als Schutz vor Wind und Wetter wird noch etwas renoviert und eine Wand aus zerkauten Blättern eingezogen. Bildrechte: imago/blickwinkel
Blutbiene
Blutbiene Im Volksmund heißt die Blutbiene auch "Auen-Buckelbiene". Man erkennt sie leicht an ihrem rötlichen Hinterteil. Bildrechte: imago/blickwinkel
Weibchen der Filzbiene auf einem Stein sitzend
Filzbiene Eine kleine, schwarze Bienenart, die sich zum Schlafen mit ihren Oberkiefern an Pflanzenteilen festbeißt und dann wie tot senkrecht oder waagerecht herunterhängt. Bildrechte: IMAGO
Eine Biene greift eine kleineres Insekt an
Hahnenfuß-Scherenbiene Hier überrascht eine Hahnenfuß-Scherenbiene eine Gemeine Keulenwespe in deren Nest. Bildrechte: imago/McPHOTO
Keulhornbiene auf einer Blüte
Die Keulhornbiene nistet in markhaltigen Pflanzenstengeln und überwintert darin auch. Wir finden sie in den Stengeln von Disteln, Brombeeeren, Glockenblumen oder Holunder. Wer ihr helfen will, bindet markhaltige Pflanzenstengel senkrecht oder schräg an einen Zaun und bricht die Spitzen ab. Dann kann sich die Keulhornbiene ins Mark nagen. Bildrechte: imago/blickwinkel
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Jedoch nur wenige der 550 Wildbienenarten in Deutschland ernähren sich von Obstblüten. Viele Arten sind auf bestimmte Pflanzen spezialisiert. Wenn diese selten werden, verschwinden auch die Wildbienen. Dr. Josef Settele vom UFZ kennt den aktuellen Stand: "Wir haben bei den Wildbienen eigentlich überall wo wir hinschauen Rückgänge. In Deutschland haben wir  knapp 50 Prozent der Wildbienenarten auf der Roten Liste. Das ist ein sehr hoher Prozentsatz, also die Hälfte der Arten ist gefährdet. Auch in anderen Regionen der Welt haben wir das, Wir haben also wirklich starke Rückgänge der Vielfalt von Wildbienen."

Selbst vermeintlich karge Landschaften bieten Bienen Lebensraum

Anders sieht das in einer Landschaft aus, von der man das kaum erwartet. In den sogenannten Bergbaufolgelandschaften ist der Artenreichtum enorm. Dort, wo das Unterste nach oben gekehrt worden war, wo alles Leben erloschen war, sind 260 Wildbienenarten gesichtet worden. Manche Arten brauchen genau das: unberührte Natur, in der sich das Leben selbst und neu organisiert. Hier haben zum Beispiel Bienen kleine Löcher in den Sand gebohrt und ihre Eier abgelegt. Christian Hildmann ist Biologe und arbeitet am Forschungsinstitut für Bergbaufolgelandschaften. " Selbst in dieser scheinbaren Wüstenei ist das eine Möglichkeit, das wieder zu nutzen. Die Wildbienen fliegen drum herum, sie brauchen natürlich trotzdem auch Pflanzen. Der Sand alleine reicht nicht aus. Aber in der normalen Landschaft hat man häufig weniger Strukturen, wo sie sich so Löchlein bohren können."

Welche Erkenntnisse lassen sich nun aus dem Artenreichtum an Wildbienen in den Bergbaufolgelandschaften ableiten? Sie sind nicht neu und gelten für Bienen und viele andere Lebewesen: statt riesiger Flächen mit Monokulturen braucht es abwechslungsreiche Landschaften, gute Nistmöglichkeiten und ein vielfältiges Nahrungsangebot.

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