Wissen, was wir lesen Die Sprache der Bienen
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30. Juni 2021, 15:46 Uhr
Dass Bienen Geräusche machen, ist lange bekannt. Aber was davon ist Kommunikation und was einfach nur laut? Bienenexperte Jürgen Tautz lockt uns in die Bienenwelt mit der Antwort auf alle Fragen, die uns durch den Kopf schwirren, wenn wir im Sommer an einem Lavendelstrauch sitzen oder einer blühenden Prachtspiere, und uns vom Anblick und emsigen Brummen der Bienen hypnotisieren lassen, sagt MDR WISSEN-Autorin Liane Watzel.
Bienen: Wann, wo und wie sie sich miteinander verständigen
Es sind uralte Fragen, derer sich Bienenforscher Jürgen Tautz in seinem Buch "Die Sprache der Bienen" annimmt, darunter auch das Phänomen des Schwänzeltanzes: Wie findet die Biene die Blume? Wie informiert sie ihre Sippschaft? Und wo macht sie das, im Bienenstock oder im Flug oder draußen auf der Wiese? Bienenexperte Jürgen Tautz nimmt uns mit in die Geschichte und die Welt der Bienen-Forschung und seziert die letzten 100 Jahre Kommunikationsforschung an Bienen. Zentrale Frage dabei: Sind Bienen genau wie Menschen in der Lage, über einen Sachverhalt zu "sprechen", der räumlich und zeitlich entfernt ist? Und welche Rolle hat dabei der Schwänzeltanz?
Die Sprache der Bienen: Was macht das Buch lesenswert?
Wie eine Bienentänzerin lotst uns Autor Jürgen Tautz durch ein wabenartiges Labyrinth aus Fragen, Forschungsarbeiten, Deutungen und Debatten der letzten 100 Jahre über das Verhalten der Bienen. Sein Lockstoff für die Lesenden: Antworten auf all die Fragen, die uns durch den Kopf schwirren, wenn wir im Sommer an einem Lavendelstrauch sitzen oder unter einer blühenden Prachtspiere, und uns vom Anblick und emsigen Brummen der Bienen hypnotisieren lassen. Woher wissen die Bienen, dass im Garten die Nektar-Saison eröffnet ist? Welche der Bienen hat der Sippschaft den Weg gewiesen und ihnen gesteckt, dass und was es hier jetzt zu holen gibt? Und wie finden sie zurück, wie orientieren sich Bienen, wie finden sie in einem Wald exakt den richtigen Baum mit ihrem Bienenstock wieder? Haben Bienen Landkarten im Kopf?
Diese Fragen greift Tautz auf und beschreibt, was bereits erforscht ist und was nicht. Dazu gibt es wunderbar klar fotografierte Details des Bienenkörpers wie die Nasanov-Drüse – eine gut sichtbare Drüse im Hinterleib, die Pheromone, also Duftstoffe ausstößt, um Nestgenossinnen anzulocken. Könnte man die auch in Natur sehen, fragt man sich unweigerlich, wenn die Biene bei der Arbeit ist, und schon tauscht man das Buch gegen den blühenden Salbeistrauch und hält so lange still, bis einen die Bienen ignorieren und man den Bienen ungeniert aufs Hinterteil gucken kann – auf der Suche nach der Nasanovdrüse, über die es verblüffenderweise bis heute keine einzige Forschungsarbeit gibt. Obwohl sie offenbar eine wichtige Rolle in der Bienenkommunikation spielt. Versuchsbeschreibungen zeigen anschaulich, was für eine Mammutaufgabe die Erforschung der Bienensprache ist und welche Quantensprünge zwischen den Forschungsanfängen mit Beobachtungen und den heutigen Mitteln liegen, wenn Flugspuren und Muster per Radarverfolgung analysiert werden.
Die Sprache der Bienen – warum man immer wieder im Buch kleben bleibt
Das bienenartig schwarz-gelbe Buch ist sprachlich kein Zuckerschlecken oder ein luftiger Spaziergang durch einen Blumengarten. Hier wird Fachwissen vermittelt, nachprüfbar, akkurat mit Quellen belegt. Die Texte sind durch sparsame Bebilderung mit Makroaufnahmen und Grafiken und verschiedene Schriftsetzung aufgelockert.
Wer hat's geschrieben?
Jürgen Tautz ist von Haus aus Soziobiologe, Verhaltensforscher und Bienenexperte, der sich als Junge von seinem Taschengeld bereits ein Buch über Bienenforschung von Karl von Frisch kaufte. Als er eines Tages ein Bienenvolk geschenkt bekommt (und hier gerate ich ins Grübeln: Was hat der Mann für Freunde?!), ist das der Auftakt für eine jahrzehntelange wissenschaftliche Beschäftigung mit Bienen und ihrem Verhalten.
Die Sprache der Bienen: Was ich jetzt weiß
Die Verblüffung darüber, wie viel der Mensch, ob Laie oder Fachkraft, über so ein alltägliches kleines Lebewesen wie eine Biene einfach immer noch nicht weiß.
Die Rezensentin ist Online- und Radioautorin. In der Redaktion Wissen & Bildung, weil sie Neues aus der Forschung gern so übersetzt, dass jede/r sie beim ersten Lesen oder Hören versteht und anschließend sagt: "Ach so! Wie spannend! Jetzt versteh ich das! Das hab' ich nicht gewusst!"