Citizen Science-Projekt "Chimp&See" Werden Sie Tierforscher im Dschungel von Afrika

18. Juli 2019, 12:25 Uhr

In der einsamen Wildnis sitzen und Tiere beobachten: Tierforscher gehört wohl zu den Traumberufen vieler Menschen. Aber wenn man schon nicht persönlich in den afrikanischen Dschungel kann, dann wenigstens virtuell: Auf der Online-Plattform "ChimpandSee" kann man selbst zum Assistenz-Forscher werden und die Videoaufnahmen von Wildtierkameras für Leipziger Primaten-Forscher sichten und auswerten.

Wildtierkamera-Aufnahme zweier männlicher Schimpansen in einem Wald, die das seltsame Gerät mustern. 3 min
Bildrechte: Chimp&See

Wie funktioniert eigentlich das Sozialleben von Schimpansen? Das ist eine der Fragen, mit der sich die Primaten-Forscher vom Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie auseinandersetzen. Deshalb haben sie die Tiere heimlich gefilmt - und zwar mit mehr als 1.000 sogenannten Kamerafallen in den Urwäldern zahlreicher afrikanischer Regionen.

Diese tausenden Stunden an Videomaterial müssen ausgewertet werden, aber das ist eine Aufgabe, die die Forscher überfordert. Deshalb sind sie auf die Hilfe von uns allen angewiesen: Auf der Internet-Plattform "ChimpandSee" können Interessierte sich anmelden und im Rahmen des "Pan African Programme: The Cultured Chimpanzee (PanAf)" kurze Videoclips anschauen, einordnen und diskutieren. Tausende Hobby-Forscher machen schon mit. Doch damit es noch mehr werden, wurde das Online-Portal jetzt extra überarbeitet und neu gestaltet. Etwa 40.000 Videos von zwei neuen Forschungsstätten sind dabei neu hochgeladen worden.

Wildtierkamera-Aufnahme eines Elefanten in einem afrikanischen Wald.
Ab und zu tappt auch mal ein Elefant in die Kamerafalle. Bildrechte: Chimp&See

Die Forscher trauen ihren Online-Assitenten einiges zu: Wer mitmacht, soll nicht nur Auskunft darüber geben, welche Tierarten auf dem Video zu sehen sind, sondern auch darüber, wie viele Tiere es sind und wie sie sich verhalten. Bei Schimpansen können die Hobby-Forscher sogar bestimmte Individuen identifizieren.

All diese Daten helfen den Forschern dabei zu bestimmen, wie die Arten sich über ihren Lebensraum verteilen und miteinander interagieren, so die Primatologen. So kann jeder dabei helfen an Themengebieten wie Ökologie oder Evolution mitzuforschen - aber vor allem auch im Bereich des Naturschutzes. Und wer ein paar der Videos gesehen hat, wird fast sicher fasziniert sein von der vielfältigen Tierwelt der afrikanischen Urwälder.

Der stetig wachsende Bereich der Bürgerwissenschaften basiert auf der Idee, dass eine interessierte Öffentlichkeit, die sich an wissenschaftlicher Forschung beteiligt, schneller mehr präzise Daten liefern kann als eine Handvoll Wissenschaftler.

PhD Mimi Arandjelovic, Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie

Mit etwas Glück kann man sogar direkt zu den Studien der Max Planck-Forscher über das Verhalten der Schimpansen beitragen. Denn die Primatologen forschen zu Sozialverhalten und Werkzeuggebrauch. Und auf einigen Videos können die Hobby-Forscher Schimpansen dabei zusehen, wie sie mithilfe von Werkzeugen Nüsse knacken oder nach Essen fischen. All das sind Verhaltensweisen, die man einst nur dem Menschen zugeschrieben hat. Doch offensichtlich können das auch unsere engen Verwandten.

Wildtierkamera-Aufnahme einer Afrikanischen Zibetkatze, die an einem Baum schnüffelt.
Kannten Sie schon die Afrikanische Zibetkatze? Scheint ein neugieriges Exemplar zu sein. Bildrechte: Chimp&See

Das Projekt zielt auch darauf ab, Menschen und Organisationen zu inspirieren und ihr Interesse zu wecken, mehr über diese erstaunlichen Lebensräume und die darin lebenden Tiere zu erfahren und sich für ihren Schutz zu engagieren.

PhD Hjalmar Kühl, Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie
Wildtierkamera-Aufnahme einer davonlaufenden Schimpansen-Mutter mit einem Jungen auf dem Rücken.
Auf Mamas Rücken durch den Dschungel - manchmal wird's richtig niedlich! Bildrechte: Chimp&See

Wer jetzt Sorge hat, von der Aufgabe Tiere und ihre Verhalten zu klassifizieren, überfordert zu sein, für den gibt es gute Nachrichten: Die Forscher haben auf der Website eine Anleitung und zahlreiche Informationen zu den verschiedenen Tierarten zur Verfügung gestellt - auch in deutscher Sprache. Es gibt sogar Moderatoren, die Fragen beantworten. Langweilig dürfte es auf "ChimpandSee" jedenfalls nicht werden: In Zukunft sollen noch Hunderttausende weitere Videos von 26 zusätzlichen Aufzeichnungsorten folgen.

Die Leipziger Primaten-Forscher bei Elefant, Tiger und Co

Die Affen-Forscher vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie erforschen das Sozialverhalten der Schimpansen nicht nur in ihrem natürlichen Lebensraum im Urwald von Afrika, sondern auch im Leiziger Zoo mit seinem Pongoland. Dabei begleitet sie auch immer wieder das Team von Elefant, Tiger & Co und dokumentiert die spannende Forschung mit unseren engsten tierischen Verwandten.

Wissen

Ein wildlebender Schimpanse 4 min
Bildrechte: Colourbox.de

Dieses Thema im Programm: MDR SPUTNIK | 06. August 2018 | 20:31 Uhr