Deutsche Autoindustrie Technologiekonzern Bosch will den Diesel retten

14. Mai 2019, 15:27 Uhr

Immer neue Abgasskandale erschüttern deutsche Autobauer, jetzt präsentiert sich der Technologiekonzern Bosch als Retter: Ein neues System soll den Stickoxid-Ausstoß fast auf null senken. Kann das funktionieren? Eine Expertenantwort.

Seit dem Bekanntwerden der manipulierten Abgaswerte beim deutschen Automobilhersteller Volkswagen ist der Ruf der Diesel-Technologie ramponiert. Zwar sind sich Ingenieure einig, dass Dieselmotoren zu den effizientesten Krafstoffverwertern gehören. Aber wirklich alle gefährlichen Schadstoffe aus den Abgasen herauszufiltern, gilt als aufwendig und teuer.

Stimmt nicht, sagen Techniker vom deutschen Technologiekonzern Bosch und haben nun ein System präsentiert, mit dem die Diesel-Abgase so behandelt werden, dass die Motoren sogar den ab 2020 geltenden extrem strengen Grenzwert von 120 Milligramm Stickoxid pro Kilometer einhalten. Im Labor sei es sogar gelungen, den Ausstoß auf 13 Milligramm zu senken, im Straßenverkehr wurden 40 Milligramm ausgestoßen. Und das Beste daran: Das System soll die Autos nicht teurer machen, als bisher.

Kann dieses ambitionierte Versprechen tatsächlich eingehalten und die Dieseltechnologie gerettet werden? Uwe Wagner ist Leiter der Forschungsgruppe Motorsysteme, alternative Kraftstoffe und Abgasnachbehandlung am Karlsruher Institut für Technologie, einer deutschen Spitzenforschungseinrichtung der Ingenieurswissenschaften, und kann den Fortschritt der Bosch-Ingenieure einschätzen.

Was ist der Trick, mit dem Bosch diese sehr guten Abgaswerte hinbekommen hat?

Bosch hat, soweit man das von außen beurteilen kann, ein Abgasnachbehandlungssystem sehr detailliert und präzise und akkurat optimiert. Sie haben das, was seit vielen Jahren schon im Bereich Nutzfahrzeuge Stand der Technik ist, und seit zwei oder drei Jahren im Prinzip auch für PKW verfügbar ist, sie haben da alle notwendigen Teilsysteme aufeinander abgestimmt, um damit quasi diese extrem niedrigen Schadstoffemissionen zu erreichen, die jetzt berichtet wurden. Generell neu ist die Technologie in dem Sinne nicht, sie ist aber wirklich sehr ausgereift, optimiert, so hat Bosch das dargestellt.

Angeblich hat Bosch vier Jahre daran gearbeitet, getüftelt, getestet. Ist denn diese Darstellung, wenn Sie das hören – ohne die Einzelheiten zu kennen – auch glaubhaft?

Ja, das ist glaubhaft. Sie finden heutzutage schon Fahrzeuge im Markt, die vergleichbare Technologie an Bord haben, die aber, wahrscheinlich nicht ganz so weit optimiert und verfeinert sind und nicht ganz so niedrige Schadstoffemissionswerte erreichen. Aber wir selbst haben bei uns am Institut vor zirka anderthalb Jahren verschiedene, damals schon verfügbare Fahrzeuge auf der Straße getestet. Dabei sind wird zwar auf nicht so extrem niedrige Werte gekommen, sie lagen aber auf ähnlichem Niveau. Wir hatten mindestens 30 Miligramm Stickstoffoxid pro Kilometer. Bosch hat jetzt 13 Milligramm angegeben, also nochmals eine deutliche Absenkung erreicht, aber eine ähnliche Größenordnung ist heute auch schon erreichbar.

Was heißt das jetzt für den Autofahrer? Also müssen wir uns vielleicht doch noch nicht, wie ja geunkt wird, von der Dieseltechnologie verabschieden? Gibt es noch eine Zukunft?

Die demonstrierten Abgas-Grenzwerte oder Schadstoffemissionswerte, die jetzt im Realbetrieb darstellbar sind, die sind jetzt auf dem Niveau, dass der Dieselmotor tatsächlich eine Zukunft hat und strengste Abgasnormen einhalten kann, nicht nur unter Laborbedingungen auf dem Rollenprüfstand, sondern tatsächlich auch im normalen täglichen Fahrbetrieb, so wie die allermeisten Nutzer, Sie und ich, auch mit dem Fahrzeug unterwegs sind.

Und halten Sie es für einen Zufall, dass dieser angebliche Durchbruch gerade jetzt von Bosch verkündet wird, wo der Absatz von Dieselautos einbricht?

Ich würde das nicht als Zufall bezeichnen, aber es ist aus meiner Sicht auf jeden Fall notwendig auch mal die technologisch möglichen, positiven Seiten darzustellen. Der Dieselmotor bietet was Wirkungsgrad, Kraftstoffverbrauch und damit CO2-Emission angeht, im Vergleich zum Otto-Motor Vorteile in der Größenordnung von 15 bis 20 Prozent. Auch vor dem Hintergrund der Klimadiskussion wäre es kontraproduktiv, auf die Dieselmotorentechnologie zu verzichten.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL Radio | 26. April 2018 | 12:18 Uhr