ein Mann liegt ruhelos in seinem Bett und sieht auf seinen Wecker
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Test bei jungen Männern Schlafmangel erhöht die Risikobereitschaft

29. August 2017, 05:00 Uhr

Wir schlafen immer schlechter. Das hat Folgen für unsere Gesundheit, auch solche, derer wir uns bisher gar nicht bewusst waren. Denn Schlafmangel kann dazu führen, dass wir hohe Risiken eingehen - unbewusst.

34 Millionen Menschen in Deutschland schlafen schlecht. So jedenfalls heißt es im aktuellen Bericht einer deutschen Krankenkasse. Die Folgen sind vielfältig. Schlafmangel ist schlecht für Herz und Hirn. Junge Menschen sind offenbar noch anfälliger. Bei ihnen hat Schlafmangel direkten Einfluss auf die Zensuren. Neue Forschungen zeigen, dass fehlender Schlaf noch ganz andere Folgen haben kann. Betroffene gehen hohe Risiken ein, ohne sich dessen bewusst zu sein. Das zeigt eine aktuelle Studie der Universität Zürich (UZH).

So testeten die Forscher

Schlaf- und Neuroökonomie-Wissenschaftler der UZH untersuchten dafür das Risikoverhalten von 14 gesunden männlichen Studenten im Alter von 18 bis 28 Jahren. Dazu setzten sie die Probanden auf Schlafentzug - eine Woche lang durften sie nur fünf Stunden schlafen. Am Tag wurden sie untersucht und mussten an einem Programm teilnehmen. Dabei mussten sie Finanzentscheidungen treffen - entweder einen kleineren Geldbetrag auf sicher zu erhalten oder eine größere Geldmenge mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit. Je risikoreicher ihre Entscheidung, desto höher war die mögliche Gewinnsumme - aber auch das Risiko, leer auszugehen.

Die Ergebnisse

Eine einzelne Nacht ohne Schlafentzug hatte keine Folgen für die Risikobereitschaft. Nach einer Woche Schlafentzug aber verhielten sich elf der 14 jungen Männer signifikant risikofreudiger, so die Studie. In ihrer Selbsteinschätzung bewerteten sie das eigene Risikoverhalten in beiden Fällen allerdings gleich. "Wir bemerken selbst also nicht, dass wir unter Schlafmangel riskanter handeln", betont Christian Baumann, Professor für Neurologie und Leiter des Klinischen Forschungsschwerpunkts "Sleep and Health" der UZH. Das ist ein Problem, so Baumann. Gerade Menschen in Führungspositionen in Wirtschaft oder Politik sollten deshalb für genügend Schlaf sorgen. Erfreulich ist Baumann zufolge, dass "in der leistungsorientierten Managerwelt genügend Schlaf zunehmend als erstrebenswert gilt."

Wieviel Schlaf brauchen wir? Junge Erwachsene haben ein natürliches Schlafbedürfnis von rund neun Stunden pro Tag, bei älteren Erwachsenen sind es um die 7,5 Stunden, so die Schlafforscher der UZH. Die Schlafdauer vieler Menschen in westlichen Gesellschaften ist jedoch deutlich kürzer. Studien zufolge berichtet rund ein Drittel der Befragten aus mehreren Industrieländern über zu kurze Schlafzeiten.

Erholungseffekt fehlt

Bei ihren Untersuchungen konnten die UZH-Wissenschaftler außerdem erstmals nachweisen, dass eine niedrige Schlaftiefe im rechten präfrontalen Kortex direkt mit verstärktem Risikoverhalten zusammenhängt. Das ist ein Gebiet der Hirnrinde, das schon früher mit Risikoverhalten assoziiert wurde. "Wir nehmen an, dass Verhaltensänderungen gewissermaßen anatomisch-funktionell begründet auftreten, indem sich der rechte präfrontale Kortex bei chronischem Schlafmangel ungenügend erholen kann", folgert Baumann.

Über dieses Thema berichtete MDR SACHSEN: im Radio Dienstags direkt | 25.04.2017 | 20 bis 23 Uhr