Bakteriophagen attakieren eine Bakterie
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Antibiotika waren wirkungslos Genmanipulierte Bakteriophagen retten Patientin das Leben

08. Mai 2019, 19:00 Uhr

Antibiotikaresistente Keime sind weltweit auf dem Vormarsch. Sie sind schwer in Schach zu halten und machen deshalb Patienten und Medizinern das Leben schwer. Nun ist es einem internationalen Forscherteam gelungen, sie mit gentechnisch veränderten bakterienfressende Viren aus dem Labor zu bekämpfen und damit das Leben einer 15jährigen Patientin zu retten.

Eine Muskoviszidosepatientin hatte sich nach einer Lungentransplantation mit einem multiresistenten Keim infiziert, der im Körper und auf der Haut für schwere Entzündungen sorgte. Es bildeten sich Bakterienknötchen unter der Haut, die Operationswunde enttzündete sich und die Leber wurde angegriffen. Keines der bekannten Antibiotika wirkte gegen diesen Bakterienstamm. Hinzu kam, dass das körpereigene Immunsystem der frisch Operierten weitgehend ausgeschaltet worden war, damit es nicht gegen die implantierte Spenderlunge aktiv wird und sie abgestößt.

Bakterienfresser "Muddy", "BPs" und "ZoeJ" retten leben

In dieser eigentlich aussichtslosen Situation verabreichten die behandelnden Ärzte der Patientin intravenös einen Cocktail aus den drei verschiedenen Bakteriophagentypen "Muddy", "BPs" und "ZoeJ". Deren genetisches Material war so manipuliert worden war, dass sie gezielt die resistenten Keime dieser Patientin angreifen. Mit Erfolg. In den nächsten sechs Monaten verschwanden fast alle Hautknötchen des Mädchens, ihre chirurgische Wunde begann sich zu schließen und die Leberfunktion verbesserte sich, berichten die Wissenschaftler.

Auf grauem Hintergrund drei Bakterien, kugelförmiger Kopf, langer Schwanz.
Die drei Phagen, mit denen die Wissenschaftler arbeiteten, unter dem Elektronenmikroskop. Von links: Muddy, BPs und ZoeJ. Alle drei wurden von  Studenten entdeckt. Bildrechte: R. M. Dedrick et al./Nature Medicine 2019

Erfolg der Therapie lässt hoffen

Das Forscherteam hat den Einsatz der neuen Therapie umfassend dokumentiert und am 8. Mai 2019 dazu eine Studie im Fachmagazin "Nature Medicine" veröffentlicht. Diese Ergebnisse lassen hoffen, die multiresistenten Keime eines Tages doch in den Griff zu bekommen. Laut Graham Hatfull, Professor am Howard Hughes Medical Institute (HHMI) an der University of Pittsburgh, ist es das erste Mal, dass manipulierte Bakteriophagen erfolgreich bei einem Menschen eingesetzt wurden.

Noch ist das Finden der richtigen Phage für den einzelnen Patienten die große Herausforderung. Hatfull hofft, dass es irgendwann gelingt, einen Phagencocktail zusammenstellen, der breiter wirkt.

Resistenzen weltweite Herausforderung

Antiobiotikeresistenzen sind eine der größten medizinischen Herausforderungen der Gegenwart. Wissenschaftler fordern bereits seit Jahren eine neue Strategie. Denn es ist seit langem klar, dass kein Antibiotikum ewig hält. Es ist also ein ständiger Wettlauf, weltweit - und immer öfter gewinnen die Keime. Deshalb setzten die Forscher große Hoffnungen auf Bakteriophagen, an denen auch in Deutschland bereits seit Jahren gearbeitet wird.

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 22. April 2018 | 10:00 Uhr