Blaue Pille mit Schriftzug PREP
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Vorsorge als Kassenleistung Wie die HIV-Prophylaxe PrEP funktioniert

03. September 2019, 17:45 Uhr

Haben Sie schon mal einen HIV-Test gemacht? Gehören Sie vielleicht zu einer Risikogruppe? Nein? Dann haben Sie von diesem Medikament wahrscheinlich noch nie etwas gehört: HIV-PrEP. Dabei schützt das Prophylaxe-Präparat sehr zuverlässig gegen eine Neuinfektion mit dem HI-Virus. Seit diesem Monat bezahlen die Krankenkassen PrEP. Doch was ist das eigentlich für ein Mittel?

Können Sie sich noch an den Kult-Clip "Tiiiiina, wat kosten die Kondome?" der Kampagne "Gib AIDS keine Chance" erinnern? Dann sind Sie nicht nur schon etwas länger jung, sondern wissen auch noch, dass der kleine Film dem Kondom Ende der 1980er-Jahre das Schmuddelimage nehmen sollte. Denn damals waren Kondome das einzige Mittel, um sich vor einer HIV-Infektion zu schützen.

Mittlerweile ist das anders: Es gibt mit HIV-PrEP auch ein Medikament, das gegen die Ansteckung mit dem HI-Virus schützt. Dass das jetzt auch die gesetzliche Krankenkasse bezahlt, begrüßt Holger Wicht von der Deutschen Aidshilfe.

Dass das jetzt von der Krankenkasse bezahlt wird, wird dafür sorgen, dass endlich alle Menschen, die das brauchen, um sich vor HIV zu schützen, auch Zugang haben.

Holger Wicht, Deutsche Aidshilfe

Denn für manche war das bisher einfach noch zu teuer, so Wicht. "Und es wird natürlich dazu beitragen, dass es sich weiter etabliert, dass es zu einer ganz regulären Lösung für die Menschen wird, für die das die beste Schutzmethode ist. Und dass das dann auch respektiert wird, wenn Menschen sich dafür entscheiden."

Nur für Menschen mit erhöhtem HIV-Risiko

Doch nicht jeder kann sich jetzt einfach so PrEP - die Abkürzung steht für Prä-Expositions-Prophylaxe - verschreiben lassen. Das Präparat ist nur für Menschen mit erhöhtem HIV-Risiko gedacht. Dazu können zum Beispiel Männer gehören, die mit anderen Männern Sex haben oder Partner von unbehandelten HIV-Infizierten, erklärt Medizin-Professor Norbert Brockmeyer. Der HIV-Spezialist von der Ruhr-Universität Bochum betreut derzeit etwa 230 Menschen, die PrEP bereits erfolgreich nehmen. Denn nicht jeder Arzt kann das Präparat verschreiben.

Es können alle Ärzte verschreiben, die auch eine HIV-Schwerpunktbehandlung machen. Und jeder Arzt kann aber nach einer gewissen Unterrichtung dann auch die PrEP verordnen.

Prof. Dr. Norbert H. Brockmeyer, Ruhr-Uni Bochum

Solche spezialisierten Ärzte sind über die Website der Deutschen Aidshilfe zu finden und werden zunächst einmal eine intensive Beratung machen. Wer das Präparat dann bekommt, muss es jeden Tag einnehmen. Damit es effektiv wirkt, muss ein gewisser Spiegel der Wirkstoffe im Körper vorhanden sein, so Aidshilfe-Sprecher Wicht.

Und wenn dann HIV in die Zellen eindringt, kann es die Zellen nicht mehr umfunktionieren zu kleinen Viren-Fabriken.

Holger Wicht

Denn normalerweise, erklärt Wicht, "nutzen ja diese Retroviren die Zellen, um ihr eigenes Erbmaterial vervielfältigen zu lassen (…) und die Wirkstoffe, die in diesem Medikament sind, die sorgen jetzt dafür, dass HIV seine Erbinformation nicht mehr in die Zellen einbauen kann und legen damit die Vermehrung lahm."

Alle drei Monate Nachuntersuchung

Medizin-Professor Brockmeyer ergänzt, dass die zwei Wirkstoffe in PrEP schon längere Zeit Teil der HIV-Therapie waren. So seien auch ihre Nebenwirkungen bekannt: Das können wie bei allen Tabletten leichte Übelkeit oder Magenschmerzen sein. Langfristig könnten etwa an den Nieren Nebenwirkungen eintreten. Deshalb müsse etwa alle drei Monate eine Untersuchung beim Arzt gemacht werden.

Also auch was die Infektion mit anderen sexuell übertragbaren Infektionen betrifft. Denn ganz wichtig: Diese Medikamente schützen gegen HIV und das in hervorragender Weise, aber sie schützen natürlich nicht gegen andere sexuell übertragbare Infektionen.

Prof. Dr. Norbert H. Brockmeyer

Deshalb wird auch empfohlen, trotz Prophylaxe nicht ganz auf Kondome zu verzichten. Die HIV-Spezialisten setzen große Hoffnungen in das Präparat im Kampf gegen das HI-Virus, sagt Wicht.

Die PrEP wird nachweislich sehr sehr viele Infektionen verhindern. Man spricht in Studien von ungefähr 21.000 bis zum Jahr 2030 und die PrEP ist eine sehr günstige Maßnahme preislich. Eine HIV-Therapie ist sehr teuer. Das heißt, es rechnet sich auch für das Gesundheitssystem.

Holger Wicht

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 03. September 2019 | 19:50 Uhr

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