Gefahr von tödlichen Unfällen Über die Hälfte der Kinder im Auto falsch angeschnallt
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24. August 2020, 15:05 Uhr
Kinder sind im Auto besser geschützt als Erwachsene, wenn sie richtig angeschnallt werden. Doch bei über der Hälfte der Kinder ist das nicht der Fall, wie eine Studie der TU Berlin herausgefunden hat. Das kann tödliche Folgen haben.
Kinder im Sitz richtig anzuschnallen ist nicht einfach, wie Wissenschaftler der TU Berlin mit ihrer Forschung zeigen. Seit über 20 Jahren untersuchen sie die Sicherheit von Kindersitzen und veröffentlichen alle drei bis fünf Jahre dazu Studien. An der letzten Veröffentlichung hat der Unfallforscher Gerd Müller mitgearbeitet.
Die erfreuliche Erkenntnis war, dass wir im Vergleich zu den vielen Studien, die wir in den Vorjahren gemacht hatten, sahen, dass die Zahl der Fehlbenutzungen deutlich zurückgegangen ist. Wir hatten Jahre mit bis zu 70 Prozent und sind nun bei der Hälfte aller Kinder, die fehlerhaft im PKW gesichert sind, angelangt.
Babyschale muss immer rückwärtsgerichtet im Auto liegen
Die Hälfte aller Kinder fahren also immer noch falsch angeschnallt. Das ist zwar besser als früher, aber immer noch erschreckend viel. Bei Babyschalen zum Beispiel würde immer wieder ein grundlegender Fehler gemacht.
Ein schwerer Fehler ist zum Beispiel, wenn ich eine Babyschale in Fahrtrichtung sichere, also das Kind in Fahrtrichtung guckt. Damit ist es nicht gesichert.
Im Falle eines Frontalaufpralls sei da mit schwersten Verletzungen und schlimmeren zu rechnen, erläutert der Unfallforscher. Eine Babyschale muss also immer rückwärts gerichtet im Pkw liegen, ohne Ausnahme. Oft werden auch Gurte vertauscht, oder nicht straff gezogen.
Das bedeutet: Kind und Kindersitz bewegen sich nach vorne. Bevor es zu einer richtigen Rückenhaltung kommt, gibt es dann schon Kontakt mit der Rückenlehne von den Vordersitzen oder mit der Instrumententafel.
Gurt darf nicht am Arm klemmen
Auch das könnte im Ernstfall dem Kind das Leben kosten oder die Halswirbelsäule verletzen. Nächstes Problem: Der Gurt klemmt unterm Arm, weil er sonst am Hals schabt. Das bedeutet sowohl eine Gefahr für das Kind als auch, dass es sich im falschen Kindersitz befindet.
Je größer die Kinder werden, desto geringer sei die Gefahr. Allerdings wollen viele dann nicht mehr den Kindersitz nutzen und, wie Mama und Papa, einfach so im Auto sitzen.
Paula, neun Jahre alt, würde einiges dafür geben, wenn es schon so weit wäre. Ihr Kindersitz sei unbequem. Vor allem jetzt im Sommer würde sie auf dem Plastiksitz schwitzen. Sie misst 1,48 Meter und muss deswegen noch etwas warten, bis sie auf die Sitzunterstützung im Auto verzichten kann. Denn Kindersitze sind bis zu 1,50 Meter Pflicht. Der Unfallforscher Müller sagt, das sei wichtig.
Viele bei Unfällen getötete Kinder könnten noch leben
Er hat selbst 14 Unfälle mit getöteten Kindern rekonstruiert. "Ich konnte ungefähr bei der Hälfte aller Fälle mit Sicherheit sagen, dass die Kinder es überlebt hätten, wenn sie richtig im Kindersitz gesichert gewesen wären", sagt Müller. Insgesamt gibt es in Deutschland im Jahr 20 bis 30 Unfalltote unter Kindern bis zwölf Jahren. Die Hälfte könnte noch leben, schätzt Müller: "Und wenn wir uns nicht nur die getöteten, sondern auch noch die Schwerverletzten angucken, dann reden wir über deutlich mehr."
Kindersitze bieten einen sehr hohen Schutz, sagen die Forscher. Kinder und Babys seien dadurch sogar deutlich besser gesichert als Erwachsene. Vorausgesetzt natürlich, sie sind richtig angeschnallt. Auch müssten Kinder gerne in ihrem Sitz Auto fahren. Sonst gebe es nur Ärger, sagt der Forscher. Am besten vorm Kauf einmal im Auto befestigen und dann Probe sitzen. Da bekommt man auch gleich gezeigt, wie es geht. Müller rät, in den Fachhandel zu gehen - und nicht im Internet zu kaufen und auch nicht im Supermarkt.