Hohe Wassertemperaturen Rückkopplungskreislauf: Warum der Ostsee der Sauerstoff ausgeht
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07. Januar 2025, 16:15 Uhr
Die Nährstoffbelastung in der Ostsee nimmt ab. Dennoch zeigen neue Daten, dass diese Erfolge durch steigende Wassertemperaturen wieder zerstört werden. Grund ist ein Rückkopplungskreislauf.
Überdüngung und steigende Wassertemperaturen führen in der Ostsee zu Sauerstoffmangel in tieferen Wasserschichten. Wie eine Studie des Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel ergab, verhinderte das zusehends wärmer werdende Gewässer, dass sich das Ökosystem trotz Verringerungen der Nährstoffbelastungen erhole. Eine Folge sei, dass sich die Sauerstoffminimumzonen weiter ausbreiteten.
Bakterien verbrauchen Sauerstoff, der nicht nachkommt
In der Studie wurde die bakterielle Biomasseproduktion in der südwestlichen Ostsee überprüft, teilte das Geomar mit. Diese Produktion beschreibt das Wachstum von Bakterien und anderen Mikroorganismen, die unter anderem organische Nährstoffe abbauen und Sauerstoff verbrauchten – insbesondere in den unteren Wasserschichten und im Sommer, wenn die Ostsee wärmer ist.
Das Problem sei, dass sich die Meeresschichten kaum durchmischten, was den Sauerstoffaustausch behindere. Die Schichtbildung des Wassers werde durch höhere Wassertemperaturen in den oberen Ebenen der Ostsee verstärkt und dauere inzwischen bis in den Herbst an. Neuer Sauerstoff könne nur durch kräftige Wassereinströmungen aus der Nordsee, zum Beispiel durch Stürme, nachkommen.
Wassererwärmung zerstört Erfolge
In den vergangenen Jahren konnten laut dem Geomar die Zuflüsse vor allem von Phosphor- und Stickstoffeinträgen um 18 bis 22 Prozent verringert werden. Dennoch seien die Nährstoffeinträge immer noch zu hoch. "Starke saisonale Schwankungen bei Stickstoffverbindungen wie Ammonium deuten darauf hin, dass weiterhin zu hohe Mengen dieser Nährstoffe ins Wasser gelangen und Algenblüten anregen", sagte die Erstautorin der Studie, Helmke Hepach. An einigen Stellen bilden sich ganze Algenteppiche, wie die neue Doku des MDR "Ostsee am Limit" zeigt.
Zudem werde auch durch den Sauerstoffmangel bereits am Meeresboden gebundenes Phosphat wieder gelöst und auch Ammonium freigesetzt. Es entstehe ein Rückkopplungskreislauf. Die kleinen Erfolge bei der Nährstoffreduktion im Meer würden zudem durch die steigenden Wassertemperaturen wieder zunichtegemacht. "Im Moment gibt es noch keine Lösungen, wie diese so genannte interne Last langfristig reduziert werden kann. Mit der zunehmenden Häufigkeit von Sauerstoffmangelereignissen wird sich die Situation weiter verschärfen." erklärte Hepach. "Die zunehmende Erwärmung und die damit verstärkte bakterielle Aktivität haben langfristig schwerwiegende Folgen für das Ökosystem der Ostsee." Die Autoren empfehlen daher, die Überdüngung sowohl durch anorganische als auch durch organische Nährstoffe stärker zu reduzieren.
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Die Studie "Enhanced warming and bacterial biomass production as key factors for coastal hypoxia in the southwestern Baltic Sea" ist in "Scientific Reports" erschienen. Die Untersuchung wurde von Geomar im Rahmen des CREATE-Projektes durchgeführt.
dpa/idw/jar
Dieses Thema im Programm: Das Erste | Ostsee am Limit - Perspektivwechsel mit Benno Fürmann | 23. Dezember 2024 | 19:15 Uhr
randdresdner vor 2 Wochen
Der menschengemachte Klimawandel und dessen Folgen werden immer deutlicher sichtbar. Und dennoch heißt es für viele Menschen - Weiter so!
Dabei gehört nicht viel dazu. Wir sollten achtsamer, bescheidener und nachhaltiger mit unserer Umwelt umgehen. Ja, das bedeutet für viele deutliche Einschränkungen im heutigen Leben. Diese Einschränkungen sind ein Pups gegenüber denen, die uns blühen, wenn wir weiter so machen.
Weitblickend vor 2 Wochen
Satirisch gemeint oder nicht, es ist genau der Standpunkt - alles auf der Welt nur zum eigenen Nutzen zu betrachten und zu behandeln - der uns alle in diesen Schlamassel gebracht hat. Nein, ich persönlich muss nicht unter Wasser Sauerstoff atmen können, aber diverse Nahrungsketten, von denen auch ich ein Teil (!) bin, brauchen diesen Sauerstoff.
Sharis vor 2 Wochen
Wäre mal höchste Zeit für einen Sinneswandel im großen Stil, dann braucht's auch keine Steuererhöhungen oder Sanktionen.
Nur die Erkenntnis, dass die Menschheit sich selbst keinen Gefallen damit tut, weiter an den Ästen zu sägen, auf denen sie sitzt.
Vielleicht ein unrealistischer Wunsch, aber Ignoranz löst auch keine Probleme!