Wundermittel Bier Erstmal ein kühles Blondes: Die Geschichte des Bieres

01. August 2018, 11:02 Uhr

Bier bewirkt Wunder: Es soll sogar gegen sexuelle Unlust helfen. Zudem soll es schön machen, so der Mythos. Bier ist das Rauschgetränk Nummer eins in Deutschland - auch trotz seines Imagewandels im Laufe der Geschichte.

Bierbranche boomt

Gute Nachrichten für alle Bier-Fans: Die Braubranche in Deutschland erlebt derzeit einen Boom. Laut Statistischem Bundesamt waren Ende 2017 mit gut 1500 Braustätten rund 150 Betriebe mehr registriert als noch vier Jahre zuvor. Besonders dynamisch entwickelten sich dabei die kleinen Brauereien, vor allem Craftbrauereien und Gasthausbrauereien. Craftbiere sind zumeist sehr aromaintensive Biere, die von Regionalität und Experimentierfreude geprägt sind.

Heute gibt es mehr als 6000 Biermarken in Deutschland, auch wenn der Bierkonsum pro Kopf sinkt. Trank jeder Deutsche im Schnitt Anfang der 1990er noch fast 150 Liter pro Jahr, waren es im vergangenen Jahr "nur" 101 Liter.

Mythen: Bier macht schön

Seit Jahrhunderten ranken sich viele Mythen um das Bier und seine gesundheitfördernde Wirkung: Es soll kräftigend wirken und gegen sexuelle Unlust helfen. Zudem soll es schön machen, den Haarwuchs fördern und gut fürs Herz sein. Doch das Ansehen von Bier ist im Laufe der Zeit gesunken, sagt Christoph Klotter, Professor für Psychologe und Ernährungsexperte an der Hochschule Fulda.

Wir leben in einer Umwelt, die Übergewicht begünstigt. Und dem entsprechend steht Bier für den dicken Wohlstandsbauch.

Prof. Christoph Klotter, Ernährungsexperte

Dabei galt Bier einst noch als gesunder Kraftspender und als hoch geschätztes Lebensmittel in Not- und vor allem in "Fasten"-Zeiten. Die Klöster des Mittelalters sind die ersten wirklichen Produktionsstätten des Biers. Dort ist es vor allem als Energielieferant beliebt. Franziskaner, Zisterzienser, Benediktiner – Mönche und auch Nonnen brauen und trinken nach dem Motto "Flüssiges bricht das Fasten nicht". Es gab im Mittelalter in den deutschen Klöstern so eine Regel: Nicht mehr als fünf Maß Bier, also fünf Liter am Tag.

Das Reinheitsgebot wird eingeführt

Doch man muss bedenken, dass das Bier von einst viel weniger Alkoholgehalt als heute hatte. So waren es damals ein bis drei Prozent, heute sind wir bei vier bis fünf, teilweise bei sechs Prozent.

Der damals geringe Alkoholgehalt wird von den Bierbrauern außerhalb der Klostermauern mit Kräutern und Drogen aufgepeppt, um die psychedelische Wirkung zu verstärken. Doch Tollkirsche, Stechapfel und Bilsenkraut führen nicht selten auf direktem Weg zum Friedhof. Deshalb ist die Regelung vom 23. April 1516 bahnbrechend: Das Reinheitsgebot wird eingeführt.

Allein Gerste, Hopfen und Wasser werden zum Bierbrauen erlaubt. Der Bayrische Herzog Wilhelm IV. erlässt mit dem neuen Gesetz den ersten echten Verbraucherschutz – für Biertrinker. Auch bei Hofe ist Bier deshalb sehr geschätzt. Durch seine lange Kochzeit ist es sauber und keimfrei, ganz im Gegenteil zum damaligen Wasser. 

Bier ist im Mittelalter vor allem in Krisenzeiten besser verfügbar als zum Beispiel Milch, die einen höheren Kalorienanteil hat. Flüssiges Brot wird damals sogar massenweise an Kinder ausgeschenkt. Wöchnerinnen erhalten alkoholfreies Heil-Bier auf Rezept. Ganz speziell für unterernährte stillende Mütter.

Das Bier heute

Das Bier hat sich mit der modernen Industriegesellschaft verändert. Die Rohstoffe sind inzwischen einfach zu beschaffen. Neue Kühltechnik und viele technische Innovationen machen es zum Massenprodukt.

In der Wohlstandsgesellschaft der Wirtschaftswunderzeit der 1950er Jahre führt der Konsum des kalorienreichen Biers bald zum umgekehrten Effekt. Aus der "Not-Kost" wird ein reines "Lustobjekt". Denn Essen und Trinken sind nun unbegrenzt  verfügbar und der Hopfen im Bier regt zusätzlich den Appetit an. Die Folge: mehr Bier, mehr Essen, mehr Kalorien. Noch mehr Bier. Mehr Pfunde.

Aber trotz seines Imagewandels im Laufe der Geschichte – Bier bleibt Bier. Das Rauschgetränk Nummer eins in Deutschland. Und gleichzeitig wirkt es blutdrucksenkend und beruhigend. Alles eine Frage des Maßes.

In diesem Sinne "Prost". Das bis heute gängige "Prost" vom lateinischen Prosit abgeleitet, bedeutet so viel wie "Möge es nützen!"

Über dieses Thema berichtet der MDR auch im TV: MDR-Zeitreise | 31.07.2018 | 21:15 Uhr