Kolumne: Das Altpapier am 3. Mai 2024: Porträt des Altpapier-Autoren Ralf Heimann 5 min
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Kolumne: Das Altpapier am 3. Mai 2024 von Ralf Heimann Krach und das Echo

Kolumne: Das Altpapier am 3. Mai 2024 – Krach und das Echo

Der SZ-Chefredakteur macht aus einer Titelgeschichte über ihn die nächste PR-Panne – und führt damit vor, was an ihm kritisiert wird.

Fr 03.05.2024 13:16Uhr 05:18 min

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Kolumne: Das Altpapier am 3. Mai 2024 Krach und das Echo

03. Mai 2024, 12:02 Uhr

Der SZ-Chefredakteur macht aus einer Titelgeschichte über ihn die nächste PR-Panne – und führt damit vor, was an ihm kritisiert wird. Heute kommentiert Ralf Heimann die Medienberichterstattung.

Porträt des Altpapier Autoren Ralf Heimann
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Das Altpapier "Das Altpapier" ist eine tagesaktuelle Kolumne. Die Autorinnen und Autoren kommentieren und bewerten aus ihrer Sicht die aktuellen medienjournalistischen Themen.

Tag der Internationalen Pressefreiheit

Kurzer Prolog heute. Seit Mitternacht ist Internationaler Tag der Pressefreiheit. Und es fühlt sich angesichts der entzündlichen Stimmung, der AfD-Umfragewerte und dem Hass, der Medien entgegenschlägt, anders an, aber die auf dem Papier gute Nachricht ist: Deutschland rückt in der heute veröffentlichten Rangliste der Pressefreiheit in die Top 10 auf. Das liegt vor allem daran, dass die Zahl der Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten im vergangenen Jahr von 103 auf 41 gesunken ist.

Andere nicht ganz so erfreuliche Entwicklungen wie "Landwirte blockieren die Auslieferung von Zeitungen" sind neu. Sonst wäre es womöglich xabialonsomäßig noch weiter nach oben gegangen.

Die Verbesserung – beim letzten Mal war es Platz 21 – hat auch damit zu tun, dass die Situation sich anderswo verschlechtert hat. Und das ist laut dem Bericht eine Entwicklung, die weltweit zu erkennen ist.

Ganz hinten stehen Afghanistan, Syrien und Eritrea (letzter Platz). Ganz vorne: Norwegen (erster Platz), Dänemark und Schweden. Eine gute Zusammenfassung der Ergebnisse gibt der NDR. Mehr dazu, was sonst noch so los ist am Internationalen Tag der Pressefreiheit, unten im Altpapierkorb.

Tipps vom Chefredakteur

Wie Wolfgang Krach, der Chefredakteur der "Süddeutschen Zeitung" sich immer wieder verschätzt, das hat er nun noch einmal im "Medium Magazin" vorgeführt. Im Gespräch mit Frederik von Castell und Senta Krasser, die für die sechs Seiten lange Titelgeschichte über ihn recherchiert haben, äußerte er die "Hoffnung", dass das "Medium Magazin" sich an die "journalistische Tugend" halte, "eine Geschichte nicht ausschließlich auf anonyme Zitate zu stützen", so schreibt von Castell es im Editorial des Magazins.

Krach nahm sich zwar Zeit für ein einstündiges Hintergrundgespräch, in dem er sich die Ergebnisse der Recherche anhörte, aber zitieren lassen wollte er sich nicht. In dem Gespräch habe sich "der Eindruck verfestigt", so Castell, "dass sich seine (Krachs, Anm. Altpapier) Wahrnehmung der jüngsten Geschehnisse und Entwicklungen in der SZ zum Teil fundamental unterscheidet von jener der Menschen, die für seine Zeitung gearbeitet haben oder immer noch arbeiten".

Da kommt also der Chefredakteur daher, gibt den Menschen, die über ihn berichten, Ratschläge, die zum Ausdruck bringen: So überzeugt ist er nicht davon, dass die beiden auch können, was sie da machen. Es ist ein bisschen so, als hätten von Castell und Krasser ihm am Ende des Gesprächs noch einmal gesagt: "Wir hoffen, dass Sie sich in Zukunft in Ihrer Redaktion an die zwischenmenschliche Tugend halten, dass Mitarbeiter keine Angst vor Ihrem Chef haben sollten."

Das ist einer der Vorwürfe, die anonyme Quellen im Text formulieren. "Eine Belegschaft sollte keine Angst vor ihrem Chefredakteur haben. Respekt, aber keine Angst", sagt einer.

An einer anderen Stellte steht über Krach: Es mangle ihm an Wertschätzung gegenüber der Redaktion und an Empathie im Umgang mit Menschen. Sollte das tatsächlich so sein, dann kommt es in dieser kleinen Episode ganz gut zum Ausdruck.

In der Geschichte steht auch, Krach zeige wenig Interesse daran, Talente zu halten. Und das war einer der Anlässe für die Recherche. Sie beginnt mit einer Aufzählung der Menschen, die die Zeitung zuletzt verlassen haben. Sie versucht Erklärungen für den Exodus zu finden, für die Unzufriedenheit, die es offenkundig gibt, wie auch eine Recherche meines Altpapier-Kollegen René Martens für "Übermedien" Mitte April gezeigt hat.

Verantwortlich machen viele der im "Medium Magazin" Zitierten dafür den Chefredakteur, beziehungsweise seinen Führungsstil und die von ihm geprägte Atmosphäre im Haus, die laut "Medium Magazin" zu vielen Abgängen und viel Misstrauen führte.

Was will Krach sagen

Krach, der einerseits die "Hoffnung" äußert, dass die Geschichte sich nicht ausschließlich auf anonyme Quellen stützen wird, der sich intern sogar auf die Suche nach einer anonymen Quelle im eigenen Haus machte, als das Magazin "Medieninsider" über die Krise bei der SZ berichtete. Krach, der den Eindruck verbreitet, dass ihm auch an den besten Leuten nicht so viel liegt, der vielleicht sogar froh ist, wenn er einige loswird, weil das Haus ja ohnehin sparen will, dieser Krach äußert nun die Hoffnung, dass Menschen aus der Belegschaft, die öffentlich etwas zur Krise im Haus sagen, dazu ihren Namen nennen. Beziehungsweise: Will er das wirklich? Für wie angebracht er es hält, sich zu der Sache öffentlich zu äußern, das macht er ja selbst deutlich, indem er sich nicht zitieren lassen möchte.

Also will er eigentlich, dass Krasser und von Castell sich noch um ein paar Stimmen bemühen, die etwas sagen, von dem sie wissen: Das ist unkritisch, denn das wird der Chefredaktion gefallen? Wobei, im Haus weiß ja jeder, dass viele Stellen wegfallen, es zuletzt einige mindestens unglückliche Geschichten gab, man garantiert nicht davon sprechen kann, dass alles gut läuft. Wer da öffentlich behauptet, ist doch alles super hier, den kann man intern danach vielleicht auch nicht mehr so ernst nehmen.

Was also will Krach sagen? Auch das ist laut dem Bericht ein interner Kritikpunkt an ihm, seine schlechte Kommunikation, vor allem in der Krise. Krasser und von Castell schreiben:

"Wie gut Krach Krise kann? Die Menschen, die wir das fragten, sagen übereinstimmend über ihn: Die PR-Pannen der vergangenen Jahre trügen seine Handschrift. Krach agierte arrogant gegenüber der Außenwahrnehmung. Man müsse intern sehr viel Druck auf ihn ausüben, sehr viel reden, ihn gar drängen, damit er überhaupt mal Stellung zu Krisen und Fehlern beziehe, ‚selbst wenn die Kritik schon sehr laut geworden ist‘.

Vieles davon kann man auch in Krachs Kommunikation im Zusammenhang mit dem Interview erkennen. Im Grunde ist es die nächste PR-Panne. Die Annahme, dass man anderen sagen muss, wie sie ihre Arbeit zu machen haben, kann man durchaus als Arroganz interpretieren – wie auch die Tatsache, dass Krach zwar im Hintergrund versucht, Einfluss auf die Recherche nimmt, aber offenbar keinen Grund sieht, der Öffentlichkeit zu erklären, was da bei seiner Zeitung los ist. Stefan Niggemeier fasst es bei X in einem Satz zusammen:

"Über seine schlechte Kommunikation in der Öffentlichkeit redet der @SZ-Chefredakteur nur heimlich im Hintergrund."

Ein differenziertes Bild

Senta Krasser und Frederik von Castell zeichnen trotzdem ein differenziertes Bild. Im Editorial schreibt von Castell:

"Alle unsere Gesprächspartner halten ihn für einen ausgezeichneten Journalisten."

In der Recherche steht, einige in der SZ seien "heilfroh", dass es Wolfgang Krach gebe, "weil sie Schlimmeres als ihn befürchten". Schlimmeres im Sinne von: noch mehr Sparprogramm.

Und falls das "Medium Magazin" tatsächlich den Fehler gemacht haben sollte, ein sehr einseitiges Bild zu zeigen, dann gäbe es ja schon die Möglichkeit, das öffentlich zu machen. Zum Beispiel bei X. Jörg Schmitt, stellvertretender Investigativchef der Zeitung, hat das getan. Er schreibt:

"Tut mir leid das zu sagen liebe Kollegen. Die Story ist nicht nur tendenziös, sie ist auch schlecht recherchiert… alles miteinander vermixt und zB kein Wort, dass @SZ_Investigativ beim Stern Preis mehr Nominierungen hat als jedes andere Blatt. Kann so schlecht nicht sein die @SZ"

Diese Kritik entspricht allerdings vermutlich nicht den SZ-Standards. Schmitt hätte hier die Möglichkeit gehabt (und hat sie auch weiterhin), in einem Thread zu erklären, was genau an der Geschichte "schlecht recherchiert" war. Einfach nur zu behaupten, sie sei "tendenziös", ist im Grunde auch tendenziös.

Und warum sollte das "Medium Magazin" ein bestimmtes Ressort herausgreifen, einen bestimmten Preis und dann auch nur auf die Nominierungen schauen?

Seitenhieb nach Stuttgart

Schauen wir doch auf eine aktuelle Auswertung des DJV-Magazins "Journalist", das die Redaktion des Jahres gekürt hat. In diesem Jahr ist das die "Zeit" mit "einer Rekordzahl von 31 Preisen. Die "Süddeutsche Zeitung" liegt hinter dem WDR (26 Preise) und zusammen mit dem SWR mit jeweils 18 Preisen immerhin auf dem dritten Platz. Und das spricht tatsächlich für die Qualität der Redaktion, die auch unter so schwierigen Bedingungen noch so gute Arbeit abliefert. Nur wenn man die Preise als Maßstab nimmt, muss man auch sagen: Vor drei Jahren hat die Zeitung noch knapp 30 Prozent mehr Preise gewonnen. Da war sie selbst "vor der gesamten Medienkonkurrenz" Redaktion des Jahres, wie die Zeitung damals selbst meldete.

Was "Zeit"-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo zur Auszeichnung seiner Redaktion sagt, klingt ein wenig nach Seitenhieb, allerdings nicht in Richtung der anderen Redaktionen – eher zum Beispiel in Richtung Stuttgart, wo die SZ-Eigentümer sitzen und beim Wort "Journalistenpreise" wahrscheinlich vor allem an Gehälter denken – und an die Frage: Wie kann man die senken?

Giovanni di Lorenzo sagt:

"Dass unsere Redaktionen, Print wie Online, so gut aufgestellt sind, verdanken wir nicht nur unseren Journalistinnen und Journalisten, sondern auch unseren Verlegern: Wo andere Sparrunden einläuten, investieren sie weiter in die Redaktionen und glauben an die Bedeutung des Qualitätsjournalismus."

Man kann die Preise kritisch sehen, denn die Aussicht auf Auszeichnungen kann dazu führen, dass bei der Themenauswahl auch darauf geschielt wird, ob man mit Themen denn auch Preise gewinnen kann. Und als die besten Geschichten erscheinen oft die, in denen es wenige Widersprüche gibt, was sich darauf auswirken kann, wie die Geschichte aussieht. Über so was haben wir länger nicht gesprochen. Ausführlich zuletzt eigentlich, als Claas Relotius so bekannt wurde. Und da könnte man jetzt noch mal fragen: Was macht eigentlich der "Spiegel"? 

Der liegt in der Rangliste der besten Redaktion gleichauf mit RTL und Arte mit jeweils sieben Preisen auf dem siebten Platz. Was bedeutet das nun, wenn die "Süddeutsche Zeitung" auch im Krisenmodus noch anderthalb Mal so viele Auszeichnungen gewinnt die Konkurrenz aus Hamburg? Hat man beim "Spiegel" aus dem Fall Relotius dann doch gelernt?

Sind Journalisten Bergleute?

Sowohl bei den Preisen als auch in der Recherche des "Medium Magazins" geht es zu einem nicht unwesentlichen Teil um Arbeitsbedingungen, also um Geld, Wertschätzung und Möglichkeiten.

Dass gute Leute die "Süddeutsche Zeitung" verlassen haben, liege auch daran, dass man in München weniger verdiene als bei anderen Medien, schreiben Krasser und von Castell. Dahinter stehe auch die Überzeugung – in meinen Worten –, für die SZ arbeiten zu dürfen, sei schon ein erheblicher Teil der Bezahlung. Und wenn es um so schnöde Anliegen geht wie Geld, was man wegen der hohen Mieten in München braucht, dann sei die Chefredaktion in Verhandlungen sehr hart.

Alexandra Borchardt schrieb über Wertschätzung, Arbeitsbedingungen und das Problem mit dem Nachwuchs am Dienstag in ihrer "Medieninsider"-Kolumne. Darin erzählt sie von einer Einladung der Bundeszentrale für Politische Bildung im April, bei der es um eine fünf Jahre alte Studie mit dem Titel "Sind Journalisten die Bergleute von heute?" ging. Borchardt schreibt:

"Die Gründe für das mangelnde Interesse am einstigen Traumberuf sind vielfältig. Einstiegsgehälter nach dem Volontariat ‚knapp unter Busfahrer in München‘ (so ein Teilnehmer), hohe Arbeitsbelastung, die schwierige Situation der Branche und zunehmende Anfeindungen gehören dazu. Der wichtigste dürfte aber das sein, was ein Chefredaktionsmitglied so beschrieb: ‚Die jungen Leute haben keinen Produktkontakt mehr’."

Das mit dem Produktkontakt könnte man vielleicht so beschreiben: Junge Menschen wollen nicht mehr Hanns Joachim Friedrichs werden – oder überhaupt jemand, der im Fernsehen (was war das noch mal?) mit Journalismus in Verbindung gebracht wird. Sie kennen Influencer, Tiktok-Videos, Menschen, die auf anderen Netzwerken Informationen oder Desinformationen verbreiten. Und der Nachwuchs fragt sich, so Borchardt,

"warum er für etwas, das heute jeder selbst produzieren kann, eine Ausbildung und eine Marke als Ausspielkanal baucht, die jeder mit seinen Großeltern assoziiert".

Wer dann noch auf Führungskulturen aus dem vergangenen Jahrhundert treffe, schalte ab. Und da wären wir wieder bei der "Süddeutschen Zeitung" – beziehungsweise bei dem, was aus dem Inneren berichtet wird. Und wie das klingt, das kann natürlich davon abhängen, mit wem man spricht.

Ende der Einheitslösungen

So schreibt auch Borchardt über junge Menschen, die lange Geschichten recherchieren wollen, "statt Tiktoks zu produzieren", denn die gebe es auch. Und das deckt sich mit dem, was DJV-Bundesvorstandsmitglied Philipp Blanke im "Journalist" schreibt. Er berichtet aus einem Gespräch mit jemandem, der seit Jahren Volontärinnen und Volontäre ausbilde, und der gesagt habe:

"Ich dachte, die kommen und erfinden endlich das Rad neu (…), aber die sagen ganz klar: Ich will gedruckte Tageszeitung machen. Ich will meiner Familie und meinen Freunden am nächsten Tag das Blatt zeigen und mir meine Artikel abheften. Ich will, dass mein Name drüber steht und stolz sein."

Auf mich wirkt das zwar nicht wie das ideale Motiv, um diesen Beruf zu ergreifen. Da wäre es nach meinem Empfinden doch besser, wenn der Stolz auf die eigene Arbeit nicht ganz so sehr im Mittelpunkt stehen würde wie das, um was es da eigentlich geht, und wenn es vielleicht auch nicht so elementar wäre, dass für die eigene Berufszufriedenheit Wälder abgeholzt werden müssen. Aber es ist immerhin ein Hinweis darauf, dass es ganz unterschiedliche Formen von Nachwuchs gibt und hoffentlich auch weiterhin geben wird.

Alexandra Borchardt schlägt unter anderem vor: Statt einer Einheitslösung für alle ganz unterschiedliche Volontariate für unterschiedliche junge Menschen anbieten. Und bei der Gelegenheit kann man auch noch mal etwas Gutes über die "Süddeutsche Zeitung" sagen. Sie bietet zum Beispiel unter anderem Volontariate mit Schwerpunkt Audio.

Offenlegung: Ich habe bis vor ein paar Jahren regelmäßig für das Magazin der "Süddeutschen Zeitung" gearbeitet.


Altpapierkorb (Tag der Pressefreiheit, Die andere Frage, Internet umgekippt, WDR vor Gericht, Repräsentative Umfragen, Öffentlichkeitsfahndung)

+++ Die taz hat zum Tag der Pressefreiheit eine achtseitige Sonderbeilage veröffentlicht. Michael Sontheimer schreibt für die taz über die Propaganda in Krieg führenden Staaten und über die Doppelmoral in Demokratien in Kriegszeiten. Der Verband Deutscher Lokalzeitungen und Lokalmedien (VDL) warnt in einer Pressemitteilung vor dem Konzentrationsprozess im Lokalen. Altpapierhost MDR berichtet darüber, wie Lokaljournalisten sich aus Angst selbst zensieren. Über Angriffe auf Journalisten, allerdings im Krieg, berichtet Sven Hansen für die taz. Der NDR beschäftigt sich mit Hackern, die Medienhäuser ins Visier nehmen. Die Wochenheitung "Kontext" berichtet über Mexiko, eines der tödlichsten Länder für Journalisten. Der Deutsche Journalistenverband kritisierte schon gestern das Verbot der Deutschen Welle in Belarus. Der Verband weist in einer Pressemitteilung darauf hin, dass die Pressefreiheit in Grundrecht ist, ohne das die Demokratie nicht funktioniert. Das Recherchenetzwerk "Correctiv" gibt zum Tag der Pressefreiheit einen Einblick in das, was die Redaktion nach der Geheimplan-Recherche erlebt hat. Spoiler: Bedrohungen und Beschimpfungen.

+++ Der WDR und Jugendmedienangebot "funk" haben auf Youtube das Reportageformat "Die andere Frage "gestartet, das sich mit Fragen beschäftigen soll, die in der Wahrnehmung zu kurz kommen, schreibt der WDR in einer Pressemitteilung. Die erste Folge ist gestern erschienen. Thema: "Junge Muslime: Wenn Tiktok-Prediger wichtiger als Gesetze sind."

+++ Maria Farrell und Robin Berjon beschäftigen sich in einem 60.000 Zeichen langen Essay-Ungetüm für "netzpolitik.org" mit der Frage wie sich das Internet von einem relativ freien Ort zu einem monopolistisch geprägten und von wenigen beherrschten Unort werden konnte – und wie man das wieder ändern könnte. Dabei ziehen sie Parallelen zur ökologischem Verfall durch Monokulturen. Darauf spielt auch der Titel an. Er lautet: "Wir müssen zurück zum wilden Internet".

+++ Ein Ehepaar hat den WDR verklagt und vor Gericht Recht bekommen hatte, muss monatelang hinter seinem Geld herlaufen und bekam es erst, als es eine Zwangsvollstreckung erwirkte, berichtet Jochen Zenthöfer auf der FAZ-Medienseite. Über den Fall hatte er im vergangenen Oktober an gleicher Stelle schon geschrieben. Der Sender hatte zu Unrecht Rundfunkgebühren für die Zweitwohnung des Ehepaars gefordert und zu Beginn des Verfahrens zugesichert, es trage alle Kosten, inklusive der Anwaltskosten. Die zahlte der Sender dann allerdings trotz mehrfacher Aufforderung nicht – bis der Gerichtsvollzieher kam. Zenthöfer vermutet, der WDR habe die Zahlung zugesichert, um keinen Präzedenzfall zu schaffen. Dann hätte womöglich im Urteil gestanden, dass der Sender die Kosten tragen muss. Der Sender erklärt die versäumte Zahlung laut Zenthöfer mit einem "internen Abstimmungsfehler".

+++ Umfragen sind bei Medien beliebt, aber oft irreführend. Unsere frühere Altpapier-Kollegin Annika Schneider erklärt für "Übermedien", warum das vermeintliche Qualitätssiegel "repräsentativ" vieles bedeuten kann und daher nicht zwingend belegt, dass es sich tatsächlich um eine qualitativ hochwertige Umfrage handelt. Schnell erklärt: Das Wort ist nicht geschützt, jeder kann es verwenden, auch wenn methodische Standards wie Zufallsstichproben fehlen, die für echte Repräsentativität notwendig sind.

+++ Die "Bild"-Zeitung hat am 24. April auf Seite drei unter dem Titel "Galerie der Gewalt" Fahndungsfotos von 70 Männern, die im Zusammenhang mit einer Schlägerei am letzten Spieltag der Fußball-Bundesliga-Saison 2022/2023 in Gelsenkirchen fotografiert worden waren. Andrej Reisin kritisiert das bei "Übermedien" die Methode der Öffentlichkeitsfahndung, weil sie bei geringeren Delikten wie dem Landfriedensbruch – darum ging es hier – Betroffene in unverhältnismäßiger Weise stigmatisiere.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!

Das Altpapier am Montag schreibt Christian Bartels.

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