Barbara Honigmann bei einer Lesung.
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Lesezeit | 06.02. bis 12.02. 2024 Barbara Honigmann: "Ein Kapitel aus meinem Leben" und andere Prosa

06. Februar 2024, 04:00 Uhr

Ein Kapitel aus meinem Leben

Mit der Geschichte ihrer eigenen Mutter erzählt Barbara Honigmann nüchtern, poetisch und bewegend das unglaubliche Leben einer außergewöhnlichen Frau im Europa der Kriege und Diktaturen. "Ein Kapitel aus meinem Leben", so nannte ihre Mutter Lizzy mit betontem Understatement das heikelste Kapitel dieses ungewöhnlichen Lebens: ihre Ehe mit dem weltberühmten "Meisterspion" Kim Philby, der als sowjetischer Agent in England arbeitete und später in die Sowjetunion flüchtete.

Georg

Aus der Distanz eines eigenen gelebten Lebens verfolgt Barbara Honigmann den höchst widersprüchlichen Lebensweg ihres Vaters, des jüdischen Emigranten und deutschen Kommunisten Georg Honigmann.Er war ein "homme à femmes", ein Glücksritter und Bohemien - und er hatte den Blick für den richtigen Moment. Als junger Journalist der Vossischen Zeitung ließ er sich ohne ein Wort Englisch zu sprechen als Korrespondent nach London schicken. Dort überstand er unbeschadet Weltkrieg und Shoah. In London traf er auch auf die Mutter der Autorin, Litzy, die vor diesem jungen Deutschen schon Kim Philby politisiert und zum Kommunismus verführt hatte.

Nach dem Krieg gingen die Eltern auf Beschluss der Partei in die sowjetisch besetzte Zone, wo 1949 ihre Tochter Barbara zur Welt kam. Als sie eingeschult wird, lassen sich die Eltern scheiden. Georg Honigmann wird in der DDR zunächst Chefredakteur der "BZ am Abend", er arbeitet als Produzent satirischer Kinofilme für die DEFA, wird Direktor des Kabaretts "Die Distel". Überall gerät er in Opposition zur Kulturbürokratie. Auch privat scheitert er mit seinen Ehen, Liebschaften und Affären. Barbara Honigmann schildert nüchtern zugewandt ein Leben, "in dem vieles zerbrach". Und zeichnet mit dieser Biografie des Vaters dem Kommunismus ein menschliches Antlitz - mit all seinen Narben.

Online bis 4. Mai 2024

Barbara Honigmann: Georg 25 min
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25 min

Als West-Emigrant kam Georg Honigmann nach Ost-Berlin, wurde Chefredakteur der "BZ am Abend", war bei der DEFA zuständig für die Kurzfilmreihe "Das Stacheltier" und später Direktor des Ostberliner Kabaretts "Die Distel".

MDR KULTUR - Das Radio Fr 09.02.2024 09:00Uhr 24:31 min

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Barbara Honigmann: Georg 25 min
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25 min

Ihr Vater, der jüdische Emigrant und deutsche Kommunist Georg Honigmann, war ein Glücksritter und Bohemien, der als junger Journalist für die Vossische Zeitung nach London ging, ohne ein Wort Englisch zu sprechen.

MDR KULTUR - Das Radio Do 08.02.2024 09:00Uhr 25:16 min

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Damals, dann und danach

Barbara Honigmann, nach dem Krieg geborene Jüdin, ist 1984 von Ostberlin nach Straßburg gezogen. Von dort, von ihrer neuen fremden Heimat aus, erkundet sie die zwei Seiten ihres Lebens: das "Damals", die vergangenen Spuren ihrer Familiengeschichte, und das "Danach", ihre Gegenwart, die von der Vergangenheit geprägt bleibt. Ein überaus persönliches Buch, das von vier Generationen erzählt und davon, wie eng Gestern und Heute verknüpft sind.

Die Schriftstellerin Barbara Honigmann
Die Schriftstellerin Barbara Honigmann schreibt über ihr Leben sowie das ihrer Mutter und ihres Vaters. Bildrechte: imago/Rudolf Gigler

Die Schriftstellerin Barbara Honigmann

Barbara Honigmann wurde 1949 in Ost-Berlin geboren. Nach dem Studium der Theaterwissenschaft arbeitete sie als Dramaturgin und Regisseurin, unter anderem an der Volksbühne und am Deutschen Theater Berlin: Wegen ihrer kritischen Haltung zur SED geriet sie unter Druck. Seit 1975 arbeitet sie als freischaffende Schriftstellerin und Malerin. 1984 entschloss sie sich zur Ausreise aus der DDR und Übersiedelung nach Straßburg, wo sie heute mit ihrer Familie lebt.

Mit dem Prosaband "Roman von einem Kinde", der 1986 erschien, gelang ihr der literarische Durchbruch. Es folgten die Romane "Eine Liebe aus nichts" und "Soharas Reise". Neben weiteren Prosawerken wie "Am Sonntag spielt der Rabbi Fußball", "Alles, alles Liebe" und "Ein Kapitel aus meinem Leben" hat sie auch Essays, Theaterstücke und Hörspiele veröffentlicht.  

Zu ihren zahlreichen Auszeichnungen gehören unter anderem der Kleist-Preis und der Koret Jewish Book Award. Für ihren Roman "Georg" erhielt Barbara Honigmann 2020 den Literaturpreis der Stadt Bremen. 2022 wurde sie mit dem Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung geehrt und 2023 mit dem Goethe-Preis der Stadt Frankfurt.

Angaben zur Sendung

MDR KULTUR Lesezeit

06.02. - 07.02. 2024
Ein Kapitel aus meinem Leben
Von Barbara Honigmann
Die Schriftstellerin liest Auszüge aus ihrem Roman.
(2 Folgen)
Produktion: SR 2004 - Es handelt sich um einen Live-Mitschnitt einer Lesung vom 7. September 2004 in Saarbrücken.
Gekürzte Lesung
Die Lesung ist bis zum 6. März 2024 online.

08.02. - 09.02. 2024
Georg
Von Barbara Honigmann
Gelesen von Kornelia Boje
(2 Folgen)
Produktion: WDR 2019
Gekürzte Lesung
Die Lesung ist bis zum 4. Mai 2024 online.

12.02. 2024
Damals, dann und danach
Von Barbara Honigmann
Gelesen von Franzisak Grasshoff
(1 Folge)
Produktion: WDR 1999
Gekürzte Lesung
Die Lesung können wir aus lizenzrechtlichen Gründen leider nicht online stellen.

Sendung im Radio: Montag bis Freitag 9:05 Uhr
Wiederholung: Montag bis Freitag 19:05 Uhr

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR Lesezeit | 06. Februar 2024 | 09:05 Uhr