Eine Gruppe von Schauspielerinnen und Schauspielern unterschiedlicher Hautfarbe in langen weißen Gewändern steht auf einer Freiluftbühne in einer Reihe
Stehen in "The Ingabo – A Night to Fall" gemeinsam auf der Bühne: Künstlerinnen und Künstler aus Burundi und der Lausitz Bildrechte: "Kommen und Gehen" - Das Sechsstädtebundfestival!

"The Ingabo – A Night to Fall" Zittau: Künstler aus Burundi und Deutschland machen gemeinsam Musiktheater

03. Juli 2023, 13:55 Uhr

In "The Ingabo – A Night to Fall" erzählen Künstler*innen aus Burundi und Deutschland gemeinsam historische Geschichten vom Widerstand. Die eigens komponierte Musik vereint traditionelle burundische Klänge mit deutschen Volksliedern, Märschen und elektronischen Beats. In Burundi einstudiert und uraufgeführt, ist das Stück nun in Görlitz und Bautzen zu sehen.

Es sind ungeahnte Verbindungen und glückliche Zufälle, die die Zusammenarbeit zwischen Burundi und Deutschland möglich gemacht haben. Hans Narva, Musiker und Mitbegründer des "Kommen und Gehen"-Festivals in der Oberlausitz, stieß zufällig auf einen Zeitungsartikel über Musikaufnahmen aus der Kolonialzeit, die heute im Phonogramm-Archiv in Berlin lagern. Er wollte mit den Klängen arbeiten und die Geschichten dahinter erzählen – die Geschichte der kolonialen Gewalt des Deutschen Reichs im ostafrikanischen Burundi. 

Hans Narva holte den Musiker Konstantin Dupelius mit an Bord, der in Deutschland und Ruanda lebt und bereits Erfahrung mit transkontinentalen Projekten hat. Gleichzeitig war in Burundi Arthur Benshayeko mit dem Theater-Kollektiv Umunyinya auf der Suche nach einer Kooperation in Deutschland.

Eine Gruppe Schauspielerinnen und Schauspieler unterschiedlicher Hautfarbe in langen weißen Gewändern tanzt auf dem Rasen einer Freiluftbühne
"The Ingabo – A Night to Fall" erzählt vom Abadasigana-Aufstand in Burundi und setzt ihn mit dem Aufstand der schlesischen Weber in Beziehung Bildrechte: "Kommen und Gehen" - Das Sechsstädtebundfestival!

Tänze der burundischen Armee in Zittau

So entstand eine Zusammenarbeit, die auf allen Ebenen im binationalen Tandem funktioniert: Das Stück schrieben Andra Schwarz, eine Autorin aus der Oberlausitz, und Rivardo Niyonizigiye, ein Autor aus Burundi. Es ist eine Geschichte über den Widerstand geworden. Im Mittelpunkt steht die burundische Armee des letzten unabhängigen Königs Mwezi Gisabo, die sieben Jahre lang gegen die deutschen Truppen kämpfte. Man sieht, wie sie sich auf den Kampf vorbereitet, sieht ihre taktischen Manöver – und ihre Tänze. Der Kriegstanz Inhore ist in Burundi stolzes Kulturerbe und wird noch heute am Unabhängigkeitstag getanzt.

Musiktheater als Kritik an Industrialisierung und Leistungsdenken

Dazwischen werden Texte rezitiert, die das Weltbild der deutschen Akteure der Zeit vermitteln: Originaltexte des Offiziers und späteren Gouverneurs der Kolonie Deutsch-Ostafrika, Gustav Adolf von Götzen. Aber auch ein Gegennarrativ: Hans Paasche, ehemaliger Offizier und später Pazifist, kritisiert die Kolonialpolitik und entwirft die literarische Figur Lukanga Mukara, den ersten Afrikaner, der nach Deutschland reist und dort kritisch auf die industrialisierte Gesellschaft schaut. Seine Perspektive hält auch der heutigen Leistungsgesellschaft einen Spiegel vor, wenn Sätze fallen wie: "Sie müssen immer nützlich sein, von morgens bis abends halten sie sich mit schlecht bezahlter Arbeit beschäftigt."

Eigens komponierte transkulturelle Musik

Die Musik vereint traditionelle burundische Rhythmen und Gesänge mit deutschem Volkslied und Marschmusik zusammengeflochten mit cineastischen Klangbetten und elektronischen Beats. Komponiert wurde sie ebenfalls von einem binationalen Tandem aus Konstantin Dupelius und Romain Balola. Gesungen wird auf vier Sprachen: Kirundi und Französisch sowie Deutsch und Englisch.

Eine Gruppe Schauspielerinnen und Schauspieler unterschiedlicher Hautfarbe mit afrikanischen Gewändern und Speeren steht vor Publikum in einem Kreis
Vereint gesprochenes Wort, Gesang und Tanz: die burundisch-deutsche Aufführung im Klosterhof in Zittau Bildrechte: "Kommen und Gehen" - Das Sechsstädtebundfestival!

Es ist ein gewagtes Unterfangen, dasselbe Stück in Burundi und in Deutschland aufzuführen. In beiden Ländern versteht das Publikum nicht alles. Doch die Emotionen und der Kern der Geschichte, der Kampf gegen Unterdrückung und Ausbeutung, werden über sprachliche Barrieren hinweg transportiert. Die Zuschauenden in Zittau sind über die knapp zwei Stunden hinweg gebannt. Und im Publikumsgespräch im Anschluss gibt es Raum, Fragen zu stellen und Interpretationen auszutauschen, die in Sachsen völlig anders ausfallen als in Burundi. 

Informationen zum Stück (zum Ausklappen)

"The Ingabo – A Night to Fall"
Kooperationsprojekt von "Kommen und Gehen – Das Sechsstädtebundfestival" mit dem Gerhart Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau und dem Umunyinya asbl Bujumbura Buja sans tabou-Festival Bujumbura in Burundi

Weitere Aufführungen:

2. Juli, 20 Uhr; Klosterhof Zittau
8. Juli, 18 und 22 Uhr; Theaterstraßenfest ViaThea in Görlitz
9. Juli, 18 Uhr; Garten des Deutsch-Sorbischen Volkstheaters Bautzen

Weitere Infos finden Sie hier.

(Redaktionelle Bearbeitung: Tina Murzik-Kaufmann)

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 02. Juli 2023 | 13:15 Uhr