FAQ Was ist eigentlich TikTok?
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08. November 2022, 17:12 Uhr
Transitions, Challenges und ein erfolgreicher Algorithmus - TikTok stimmt seine Inhalte auf das Nutzungsverhalten seiner Community ab. Wie die App funktioniert und warum sie gefährlich werden kann.
Was ist TikTok?
TikTok ist eine App, in der man Videos im Hochformat aufnehmen oder vom Smartphone hochladen und mit anderen Nutzerinnen und Nutzern teilen kann. Als Grundlage dienen meist Musik oder andere Sounds, auf die sich wiederum weitere User beziehen können. Tanzvideos, Rezepte und Gesang finden ebenso Publikum, wie Nachrichtensendungen oder Clips, in denen beispielsweise über mentale Gesundheit aufgeklärt wird. Neben Videobearbeitung und Filtern bietet die App auch Funktionen, die aus anderen sozialen Netzwerken bekannt sind.
Wer hat TikTok erfunden?
Die App ging 2016 an den Start, Sie wurde von ByteDance, einem chinesischem Technologieunternehmen, entwickelt. Ein Jahr später kaufte Bytedance musical.ly, eine beliebte Plattform für Kurzvideos. 2018 wurde diese in TikTok umbenannt und beide Apps fusioniert. Der Fokus lag damit nicht mehr einzig und allein auf der Musik, sondern ließ ein breiteres Themenfeld zu. Die Community wechselte über ein Update der App automatisch zu TikTok, inklusive erfolgreicher musical.ly-Accounts, wie das von Lisa und Lena aus Stuttgart, die mit 20 Millionen Followern einen Rekord auf der Plattform brachen.
Wie verwende ich TikTok?
Um die App vollumfänglich nutzen zu können, ist es erforderlich, sich ein Profil zu erstellen. Auf der sogenannten "For You"-Page empfiehlt TikTok Videos, die auf bisher gesehenen Inhalten basieren. Wischt man von unten nach oben über den Bildschirm, gelangt man zum nächsten Videoclip, den man mit einem Herz versehen, kommentieren, speichern und teilen kann. Außerdem kann man einen bereits bestehenden Sound für eigene Videos verwenden. Über Hashtags lassen sich Inhalte zu einem Thema finden und eigene Beiträge verschlagworten. Umgangssprachlich werden extra für die Plattform produzierte Videos als TikToks bezeichnet. Möchte man regelmäßig neue Aufnahmen eines anderen Nutzenden sehen, kann man dessen Profil abonnieren. Wann wem welche Inhalte ausgespielt werden, entscheidet die App mithilfe eines Algorithmus. Andere Profile können mit Geldspenden, den sogenannten TikTok Coins, unterstützt werden.
Wie funktioniert der TikTok Algorithmus?
Die Plattform bedient sich einer Art Empfehlungsmechanismus, der Inhalte auf Basis bereits für gut befundener Videos vorschlägt. Wer also ein Video mit einem Like oder Kommentar versieht, es speichert oder teilt, gibt TikTok Hinweise darauf, was er oder sie gerne sieht. Die New York Times hat im Dezember 2021 ein Dokument veröffentlicht, in dem genau diese Faktoren aufgeführt waren. Auch Sounds, Videounterschriften und Hashtags werden dort als Parameter genannt. Was davon welchen Einfluss auf den Algorithmus hat, ist nicht klar aufgeschlüsselt. Auch die Abspieldauer der Videos könnte dabei eine wichtige Rolle spielen. TikTok verblüfft die eigene Community immer wieder mit treffgenauen Empfehlungen.
Dabei unterscheidet sich die Plattform von anderen Netzwerken, wie etwa Facebook oder Instagram. Während man als User dieser Plattformen überwiegend Inhalte derer angezeigt bekommt, denen man folgt, orientiert sich der TikTok-Algorithmus nach den inhaltlichen Vorzügen der User: Das, was am meisten angeschaut wird, wird am ehesten in den Feed gespült – egal von wem es kommt.
Zwischen Videos, die zu den Interessen der Nutzerinnen und Nutzer passen, lassen sich auch neue Beiträge finden. Damit stellt TikTok sicher, dass nicht zwei Videos mit dem gleichen Sound vorgeschlagen werden. Clips, die nicht den eigentlichen Vorlieben der User entsprechen, tragen also ebenso zu einer noch individuelleren "For You"-Page bei. Egal, ob sie angeschaut oder weggewischt werden.
Wer nutzt TikTok?
Laut Zahlen des Globalwebindex waren 2019 ganze 41 Prozent der User zwischen 16 und 24 Jahre alt. Im September 2021 gab TikTok bekannt, die Marke einer Milliarde aktiver Nutzerinnen und Nutzer geknackt zu haben. Auf der Vorgänger-App musical.ly waren schon vor der Fusion 200 Millionen Profile registriert. Besonders junge Menschen nutzen TikTok aktiv. 73 Prozent der 16- bis 19-jährigen befragten Personen gaben in einer aktuellen Umfrage an, die App zu nutzen. Bei der Altersgruppe der 50- bis 59-Jährigen sind es 2022 hingegen nur 13 Prozent. Doch die Plattform wächst und wird auch bei älteren Menschen immer beliebter.
Was macht die App so beliebt?
Kurze Videos, die sich leicht konsumieren lassen – TikTok erinnert an schnelles Durchzappen, welches man vom klassischen Fernsehen kennt. Dabei kann man einen Clip komplett ansehen oder zum nächsten springen. Accounts, die erfolgreich Videos teilen möchten, wissen, dass die Inhalte kurz und knapp erzählt sein müssen. Wer gerade an der Bushaltestelle steht oder im Wartezimmer sitzt, der kann sich mit der App seine Zeit vertreiben. Schnelle Einstiege, dynamische Schnitte und Cliffhanger: Für den Konsum braucht es weder Text, noch muss der User ein bestimmtes Profil auswählen oder ihm folgen. Gleichzeitig muss die Nutzerin oder der Nutzer den Bildschirm nicht mehr schwenken und kann ganz bequem zwischen den Beiträgen wechseln.
Alle wollen Videos - Wie TikTok andere Plattformen inspiriert
Die Plattform musical.ly legte mit kurzen Lippensynchron-Videos den Baustein für das, was TikTok heute so beliebt macht. Während Instagram, Facebook und Co. bisher mehrere Funktionen vereinten und sozialer Austausch über Nachrichten, Kommentare und eigene Statusmitteilungen im Fokus standen, konzentrierte sich das chinesische Programm immer auf eine Sache: Videos. Im Zentrum stand schon vor der Fusion die Kreativität. Tänze, schnelllebiges Erzählen und professionelle Übergänge stehen dabei im Mittelpunkt. Und dieses Konzept wurde auch schon von anderen Plattformen adaptiert. Im August 2020 stellte Instagram ein neues Format vor: Reels. Damit ging die Meta-Plattform einen großen Schritt, weg von der Foto- hin zur Video-App. Mittlerweile strukturiert sich Instagram aber auch Facebook immer weiter in Richtung audiovisueller Inhalte im Hochformat, die auf Sounds basieren. Auch YouTube ist auf den Zug aufgesprungen – YouTube Shorts stellen eine Alternative zu TikTok dar.
Kritik an der Plattform
Datenklau, Filterbubble und Schleichwerbung – wenn es um Kritik geht, hat TikTok kaum einen Vorwurf ausgelassen. Angefangen beim Mutterunternehmen ByteDance, welches immer wieder in die Kritik gerät. Der CEO vom Axel-Springer-Verlag, Mathias Döpfner, äußerte sich im September auf einer Konferenz in Los Angeles wie folgt: "Wir gehen im Moment zu naiv mit China um. Wir überreichen persönliche Daten an die chinesische Regierung". Außerdem solle TikTok in jeder Demokratie verboten werden. Der ehemalige US-Präsident Donald Trump hatte seinerzeit ebenfalls ein Verbot gefordert. Der Grund: Es ist nicht auszuschließen, dass auch amerikanische und europäische Nutzerdaten direkt an das chinesische Unternehmen gehen. Was mit diesen dann geschieht, kann so nur schwer nachvollzogen werden.
Forbes recherchiert außerdem zu Vorwürfen, nach denen Mitarbeitende von TikTok und ByteDance bereits bei chinesischen Staatsmedien tätig gewesen zu sein. Somit werden immer wieder Vorwürfe laut, die App würde bestimmte Inhalte zensieren und andere Inhalte hervorheben, die den politischen Interessen entgegen kommen.
Auch in Anbetracht des Jugendschutzes lässt sich die Gefahr von TikTok nicht von der Hand weisen. Die App ist laut der AGBs ab 13 Jahren erlaubt, sofern die Eltern einverstanden sind. Ohne Erlaubnis der Eltern liegt die Altersgrenze zur Nutzung von TikTok bei 18 Jahren. Neben harmlosen Inhalten und versteckten Produktplatzierungen lassen sich auch sexualisierte oder gewaltverherrlichende Inhalte finden. So kann der Algorithmus beispielsweise auch Videos ausspielen, ohne, dass diese durch einen Jugendschutz gefiltert werden. Formate, in denen Nutzerinnen und Nutzer über ihren Body Count, also die Anzahl ihrer Sexualpartner sprechen, lagen in der Vergangenheit bereits im Trend. Außerdem geriet TikTok auch wegen gefährlichen Challenges in die Schlagzeilen, bei denen Kinder und Jugendliche zu Selbstverletzungen oder Suiziden verleitet wurden. Bei der sogenannten "Blackout Challenge" wurden auch junge User dazu animiert, sich bis zur Ohnmacht zu würgen, einige von ihnen starben in den letzten Jahren bei der gefährlichen Social-Media-Bewegung. Und: Bereiche in den Tiefen der Plattform, in welchen mit Gewaltvideos konfrontiert wird oder Inhalte zu sehen sind, die Depressionen romantisieren, haben mit PainTok oder SadTok bereits eine eigene Bezeichnung erhalten. Intuitive Handhabe und der Algorithmus von TikTok: Beides kann im Zusammenspiel zu einer verheerenden Mischung werden.