Ermittlungen auch in Mitteldeutschland Bundesweite Razzien gegen Hass und Hetze im Internet
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21. Juni 2022, 10:35 Uhr
Die deutschen Ermittlungsbehörden sind mit Razzien gegen Hass und Hetze im Internet vorgegangen. Wie das Innenministerium von Rheinland-Pfalz mitteilte, gab es Durchsuchungen in allen Bundesländern – außer in Sachsen-Anhalt. In Sachsen wurden in zehn Fällen sechs Objekte durchsucht. Hintergrund ist der Mord an zwei Polizisten Ende Januar bei Kusel. Danach waren zahlreiche Hass-Kommentare in sozialen Medien verfasst worden. Am Dienstag beginnt der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter.
Inhalt des Artikels:
- Die Ermittlungen wurden von einer eigenen Ermittlungsgruppe "Hate Speech" geführt.
- Nach den Polizistenmorden von Kusel hatte es Kommentare im Internet gegeben, die das Verbrechen begrüßten.
- Auch in Sachsen gab es Ermittlungen, in Sachsen-Anhalt als einzigem Bundesland dagegen nicht.
Einen Tag vor Beginn des Prozesses um die Morde an einer Polizistin und einem Polizistin bei Kusel in Rheinland-Pfalz sind Ermittler zu einer bundesweiten Razzia wegen Hassbotschaften im Netz ausgerückt. Nach Angaben der rheinland-pfälzischen Behörden gab es am Montag mehr als 80 Durchsuchungen in 15 Bundesländern bei Menschen, denen die Verbreitung von Hasskommentaren im Zusammenhang mit dem Verbrechen vorgeworfen wird. Es geht um insgesamt 150 Strafverfahren.
Ermittlungsgruppe gegen Hasskommentare
Die koordinierte Großaktion basiert demnach auf den Ergebnissen der Arbeit einer Ermittlungsgruppe des rheinland-pfälzischen Landeskriminalamts und der Generalstaatsanwaltschaft in Koblenz, die wegen Hasskommentaren zu den Polizistenmorden gegründet worden war. Nach Angaben der Ermittlungsbehörden geht es um Vorwürfe wie die Störung des öffentlichen Friedens durch Billigen von Straftaten, das Verunglimpfen des Andenkens Verstorbener oder Beleidigung.
Wegen der Ermordung der Polizistin und des Polizisten bei Kusel muss sich ab Dienstag ein mutmaßlicher Wilderer vor dem Landgericht in Kaiserslautern verantworten. Der 39-Jährige soll die beiden Beamten Ende Januar bei einer nächtlichen Verkehrskontrolle auf einer Landstraße erschossen haben, um die Enttarnung seiner illegalen Jagdtätigkeiten zu verhindern. Die Tat löste bundesweit Entsetzen aus. Nach Angaben der Behörden führte sie im Internet aber zugleich auch zu Hasskommentaren, in denen das Verbrechen begrüßt wurde.
Ermittlungen auch in Mitteldeutschland
Razzien gab es am Montag auch in Sachsen. Wie das Landeskriminalamt mitteilte, wird gegen eine 59 Jahre alte Frau sowie neun Männer im Alter zwischen 16 und 45 Jahren wegen Billigung von Straftaten und wegen Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener ermittelt. Als einziges Bundesland gab es dagegen in Sachsen-Anhalt keine Durchsuchungen.
Zehn Fälle und sechs Durchsuchungen mit Bezug zu Sachsen
Insegsamt sind in Sachsen sechs Objekte von Kriminalpolizisten durchsucht worden. "Am Aktionstag gegen politische Hass-Kommentare im Internet fanden in den Wohnungen der Beschuldigten in Leipzig, Chemnitz, Gersdorf und Herne Durchsuchungsmaßnahmen statt. Der nunmehr in Herne wohnende Beschuldigte hatte zum Tatzeitpunkt seinen Wohnsitz noch in Sachsen", sagte Staatsanwältin Sabine Wylegalla von der Generalstaatsanwaltschaft Dresden MDR SACHSEN. Zudem wurden Beschuldigte aus Dresden, Meißen, Döbeln und Markkleeberg zur Beschuldigtenvernehmung geladen.
Zuvor hatte das Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz zehn Fälle mit Bezug zu Sachsen ermittelt und an die sächsische Polizei weitergeleitet. Mit drei Fällen lag der Landkreis Leipzig an der Spitze.
Laut Polizei und Staatsanwaltschaft ging die Ermittlungsgruppe namens "Hate Speech" bislang mehr als 1.700 Hinweisen nach, wovon am Ende knapp 540 Onlinebeiträge und etwa 310 sogenannte Likes als strafrechtlich relevant eingestuft wurden. Nach Aussage des rheinland-pfälzischen Landesinnenministers Roger Lewentz sollen die Durchsuchungen der Ermittlungsgruppe "nicht die letzten gewesen sein".
Nicht der erste Zugriff nach Polizistenmorden von Kusel
Es war nicht die erste Zugriffsaktion der Ermittlungsbehörden gegen Verfasser von Hassnachrichten wegen der Polizistenmorde von Kusel. Bereits Anfang Mai erhob die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz in diesem Zusammenhang Anklage gegen einen 55-Jährigen. Der Mann soll kurz nach dem Doppelmord im Internet in Videos unter anderem zu weiteren Polizistenmorden aufgerufen haben. Den Ermittlern zufolge ist er ein Anhänger von Reichsbürger- und Verschwörungsideologien.
AFP/dpa (jan)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 20. Juni 2022 | 15:30 Uhr