Parteitag in Essen Chrupalla und Weidel als AfD-Chefs bestätigt
Hauptinhalt
30. Juni 2024, 05:32 Uhr
Der AfD-Parteitag in Essen hat die Vorsitzenden Tino Chrupalla und Alice Weidel mit großer Mehrheit im Amt bestätigt. Chrupalla formulierte einen Machtanspruch für seine Partei. Weidel forderte Neuwahlen und die Abschaffung des Verfassungsschutzes. Der Thüringer Stephan Brandner wurde als einer der drei Stellvertreter wiedergewählt. Begleitet wird der Parteitag von massiven Protesten und einem Großaufgebot der Polizei.
- Große Mehrheit für Chrupalla und Weidel
- Chrupalla unterstreicht Machtanspruch der AfD
- Thüringer Brandner als Stellvertreter wiedergewählt
- Zehntausende bei Anti-AfD-Protesten
Tino Chrupalla und Alice Weidel bleiben an der Spitze der AfD. Die Delegierten auf dem Parteitag in Essen bestätigten den 49-Jährigen Chrupalla mit knapp 83 Prozent der Stimmen im Amt. Der Sachse sprach von einem "überwältigenden Ergebnis". Bei seiner Wahl vor zwei Jahren hatte er nur rund 53 Prozent erhalten. Seine Mitvorsitzende Weidel, die dem AfD-Landesverband Baden-Württemberg angehört, wurde mit knapp 80 Prozent im Amt bestätigt. Auch das deutlich mehr als bei der letzten Wahl 2022 in Riesa, als es 67 Prozent Prozent der Stimmen waren. Gegenkandidaten gab es keine.
Die AfD bleibt damit bei einer Doppelspitze. Im Vorfeld des Parteitags hatte es Diskussionen um einen Antrag gegeben, der die Abschaffung der Doppelspitze zugunsten nur eines Parteichefs und eines neu einzusetzenden Generalsekretärs beinhaltete. Dafür fand sich am Samstag in Essen keine Mehrheit.
Chrupalla formuliert Machtanspruch für die AfD
In seiner vorangegangenen Rede vor den rund 600 Delegierten in Essen hatte Chrupalla einen Machtanspruch für seine Partei formuliert: "Wir wollen regieren. Erst im Osten, dann im Westen, dann im Bund."
Chrupalla räumte aber ein, dazu müsse die Partei die Qualität ihrer Kandidaten verbessern. Bei der Europawahl sei die AfD mit 15,9 Prozent unter ihren Möglichkeiten geblieben. "Wir hätten 20 Prozent holen können", erklärte Chrupalla.
Weidel fordert Neuwahlen
Auch Weidel hatte zuvor Probleme beim Europawahlkampf eingeräumt. Man habe ein "hervorragendes Ergebnis" erzielt, es habe aber auch "geruckelt und gekracht", sagte Weidel in der Eröffnungsrede des Parteitags. Sie rechtfertigte zugleich die Entscheidung, sich im Wahlkampf von skandalbelasteten Kandidaten zu distanzieren.
Weidel kritisierte in ihrer Rede zugleich die etablierten Parteien und insbesondere die Ampel-Regierung. Sie forderte SPD, Grüne und FDP auf, den Weg für Neuwahlen freizumachen. Sie verlangte zudem, der Verfassungsschutz in seiner jetzigen Form solle abgeschafft, das neue Einbürgerungsgesetz kassiert und Deutschland wieder ein "Wirtschaftswunderland mit einem deutlichen Geburtenüberschuss" werden.
Thüringer Brandner wieder Stellvertreter
Gewählt wurden auch die drei Stellvertreter hinter Weidel und Chrupalla. Der Thüringer AfD-Politiker Stephan Brandner wurde ohne Gegenkandidaten mit 90,77 Prozent klar im Amt bestätigt. Auch Peter Boehringer wurde mit 85,35 Prozent wiedergewählt.
Für Mariana Harder-Kühnel, die nicht wieder antrat, rückte der nordrhein-westfälische Bundestagsabgeordnete Kay Gottschalk nach. Er war früher bereits AfD-Vize. Gottschalk bekam am Samstag knapp 62 Prozent der Stimmen. Sein Gegenkandidat, der baden-württembergische Abgeordnete Dirk Spaniel, kam auf 30 Prozent.
Zehntausende bei Anti-AfD-Protesten
Begleitet wird der AfD-Parteitag in Essen von massiven Protesten. An einer Großdemonstration der Initiative "Gemeinsam Laut" haben sich am Nachmittag nach Angaben der Organisatoren 50.000 Menschen beteiligt. Offizielle Zahlen von der Polizei gab es bislang nicht.
Bereits am Samstagmorgen hatte es Proteste gegeben, weshalb der Parteitag auch verspätet startete. Die Sprecherin eines Aktionsbündnisses sagte, Straßen und Kreuzungen sowie eine Autobahnauffahrt seien besetzt worden. Die rund 600 Delegierten wurden deshalb zum Teil unter Polizeischutz von ihren Hotels zum Veranstaltungsort in der Essener Grugahalle gebracht.
Die Polizei meldete mehrere gewalttätige Störaktionen und Angriffe auf Einsatzkräfte durch vermummte Personen. Es habe mehrere Festnahmen gegeben. Insgesamt seien 28 Polizisten verletzt worden, zwei Polizisten von ihnen schwer. Bisher unbekannte Täter hätten den beiden Bereitschaftspolizisten gegen den Kopf getreten, als die Polizei einen Politiker durch eine Gruppe Störer geleitet habe, teilten die Ermittler mit. Die Polizei sei mit Kräften aus dem gesamten Bundesgebiet im Einsatz. Vertreter der Demonstranten kritisierten die Polizei für ein zu hartes Vorgehen.
dpa/AFP (dni, jst)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 29. Juni 2024 | 09:30 Uhr