Polizeikontrollen und Co. Das bedeutet der neue Grenzwert für Cannabis am Steuer für Konsumenten
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22. August 2024, 20:19 Uhr
Seit heute gilt der Grenzwert für Cannabiskonsum am Steuer: 3,5 Nanogramm oder mehr THC pro Milliliter Blut können Geldbußen oder auch Fahrverbote bedeuten. Aber während man bei Alkohol noch einigermaßen einschätzen kann, wie viel man trinken kann, ohne über die 0,5-Promille-Grenze zu kommen, ist der Wert für den THC-Konsum total abstrakt. Wie also kann man den eigenen Konsum einschätzen? Und wie setzt die Polizei die neue Regelung um?
- Bis zu 3,5 Nanogramm THC pro Milliliter Blut sind beim Autofahren erlaubt - ein niedrig angesetzter Wert
- Polizei Thüringen kontrolliert auch anlasslos auf THC, etwa in der Nähe von Cannabis-Clubs
- Mindestens 500 Euro Strafe und ein Fahrverbot von einem Monat drohen beim ersten Mal
Wer Schlangenlinien fährt oder sonstige Ausfallerscheinungen am Steuer zeigt und dabei an einer Streife vorbeikommt, wird rausgewunken. Für die Polizistinnen und Polizisten ist es dabei gar kein so großer Unterschied, ob der Verdacht auf THC oder Alkohol lautet, sagt Patrick Martin, Sprecher der Landespolizeidirektion Thüringen: "Dann gibt es die Möglichkeit, erstmal einen Schnelltest durchzuführen, der einen Hinweis gibt, dass die Person möglicherweise unter Einfluss von Cannabis steht. Und wenn man das hat, dann wird eine Blutentnahme durchgeführt, so wie man es auch beim Alkohol macht."
Grenzwert: 3,5 Nanogramm THC pro Milliliter Blut
Der Speicheltest gibt keine Auskunft darüber, wie viele Nanogramm THC pro Milliliter im Blut des Fahrers oder der Fahrerin sind. Bis zu 3,5 dürfen es sein. Damit ist der Grenzwert niedrig angesetzt, sagt Toxikologe Fabian Pitter Steinmetz: "Bei einem Cannabis-Rausch und bei einer dadurch entstehenden Beeinträchtigung hat man meistens dreistellige Werte. Also irgendwie so um die 100, 150 oder auch mal 200 Nanogramm pro Milliliter."
Bei einstelligen Werten wie den jetzt geltenden 3,5 Nanogramm sei man praktisch nüchtern und damit auf jeden Fall im sicheren Bereich, was die Fahrtauglichkeit angehe. Selbst wenn die Grenze bei zehn Nanogramm läge, würde es bei Kontrollen wahrscheinlich regelmäßig Konsumentinnen und Konsumenten treffen, die gar nicht beeinträchtigt seien. Deshalb sollten nach Meinung von Steinmetz nur Personen kontrolliert werden, die so wirken, als würde ein Rausch ihre Fahrtauglichkeit beeinträchtigen.
Polizei Thüringen testet auch anlasslos auf THC
In Thüringen testet die Polizei auch anlasslos auf THC, im Rahmen von allgemeinen Verkehrskontrollen, berichtet Patrick Martin von der Landespolizeidirektion: Insbesondere dann, wenn man sich in einer Gegend aufhalte, in der "möglicherweise ein sogenannter Cannabis-Club ist, oder wo die Kollegen Erkenntnisse haben, dass dort regelmäßig konsumiert wird".
Und er warnt, man könne sich an den Wert nicht langsam heranrauchen: "Es gibt ja noch keine Referenzwerte. Und das, was Sie möglicherweise rauchen oder sonst an THC zu sich nehmen, hat keine Inhaltsbestandteile, die Ihnen definitiv sagen, wie viel Nanogramm pro Milliliter Sie jetzt schon erreicht haben." Und wenn dann noch Alkohol dazukomme, also ein Mischkonsum vorliege, sei die Strafe nochmal erheblich höher.
Mindestens 500 Euro Strafe und ein Monat Fahrverbot drohen
Beim ersten Mal drohen mindestens 500 Euro Strafe und ein Fahrverbot von einem Monat. Beim zweiten Mal seien es schnell 1.000 Euro und drei Monate, so Martin. Und für Fahranfänger und Personen unter 21 Jahren gilt ein striktes Verbot – also 0,0 sowohl für THC als auch für Alkohol.
Wer also ganz sichergehen will, dass er oder sie unter dem Grenzwert liegt, sollte vor allem eins tun: warten. "Der wichtigste Parameter ist die Zeit, das heißt, der Abstand zwischen Konsum und Fahrt", sagt Toxikologe Steinmetz. "Der sollte schon acht Stunden betragen, und wenn man auf Nummer sicher gehen will, auch mal zwölf Stunden. Und wenn man einen sehr intensiven Konsum davor hatte, beispielsweise ein verlängertes Wochenende in Amsterdam, dann kann es auch mal vonnöten sein, ein oder zwei Tage das Auto stehen zu lassen, wenn man unterhalb dieses Wertes sein möchte."
Das hängt auch damit zusammen, wie sich THC im Blut abbaut: Am Anfang sehr schnell, schneller sogar als Alkohol, erklärt der Toxikologe. Das letzte Bisschen geht dann langsam. Deshalb können noch kleine Mengen THC bei einem Bluttest nachweisbar sein, wenn der Rausch schon längst vorbei ist.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 23. August 2024 | 06:00 Uhr
Kolo78 vor 7 Wochen
Achtung Ironie: "Manch einer ist auch mit 1,2 Promille faktisch nüchtern und fahrtauglich ..." Warum diskutiert man darüber überhaupt!? Grenzwert und fertig - Drogen haben im Straßenverkehr nix zu suchen! 0,0 wären für alle Substanzen wünschenswert!
part vor 7 Wochen
Ich würde mal sagen, die Bundesregierung hat mit ihrer Freigabe von Cannabisprodukten versäumt, hier ein empirisches Forschungsprojekt ins Leben zu rufen, um Rechtssicherheit zu weiterem bevorstehenden gesprochenem Recht zu erlangen. Nicht vergessen werden sollten zudem Schmerzpatienten, die zwingend auf diese Produkte angewiesen sind. Der Rest sollte doch bitte weiter das Fahrrad über den Gehweg schieben, anstatt vermeintlich individuell den Verkehr zu gefährden.
Paul90 vor 7 Wochen
Cannabis freigeben aber dann doch nicht so richtig. Für mich passt das ins Bild.
So Lebensfremd wie die verkomplizierte Cannabis - Freigabe ist nun auch der Fahruntauglichkeitswert.
Es gibt doch Jahrzehnte Erfahrungen mit Alkohol, warum gibt man das nicht frei ab 16 oder 18 und gut?! Genauso jetzt die 3,5 nG. Kann man da nicht einen äquivalenten Wert zu den 0,5 Promille ermitteln und diesen dann festschreiben!?