Saskia Esken
Im ZDF-Sommerinterview verteidigte Saskia Esken (SPD) die sogenannten globalen Minderausgaben als gängige Praxis vergangener Reigerungen. Das stimmt, einen Unterschied gibt es dennoch. Bildrechte: IMAGO / Bernd Elmenthaler

Finanzstabilität Wie "Globale Minderausgaben" den Haushalt der Ampel-Regierung retten sollen

20. August 2024, 07:46 Uhr

Um die Finanzlücke von 17 Millliarden Euro im Haushaltsplan zu decken, setzt die Ampel auf einen Buchungstrick: die sogenannte "globale Minderausgabe". Dazu sagte SPD-Chefin Saskia Esken am Wochenende im ZDF-Sommerinterview: "So eine globale Minderausgabe ist üblich, war auch üblich in den vergangenen Haushalten, nur nicht in dieser Höhe." Was hat es damit auf sich?

Der Begriff "globale Minderausgabe" klingt etwas sperrig und zählt nicht unbedingt zum Alltagsvokabular. Was sich dahinter verbirgt, erklärt Professor Thomas Lenk. Er ist Finanzwissenschaftler an der Universität Leipzig und zugleich stellvertretender Vorsitzender im unabhängigen Beirat des Stabilitätsrats, der die Einhaltung der Haushaltsgrundsätze überwacht.

Lenk erklärt: "Wir machen einen Haushaltsplan. Und im Laufe des Jahres können sich wegen der Steuereinnahmen ganz andere Einnahmen oder Ausgaben ergeben, beispielsweise wegen der Arbeitslosenzahlen. Bei den Minderausgaben ist es de facto eine Haushaltskürzung, wo man sagt: Wir wissen nicht, wo wir das Geld einsparen – deswegen auch global – aber man weiß, im Jahr müssen eben verzögert an der einen oder anderen Stelle ein paar Ausgaben gekürzt werden". Anders ausgedrückt: Die Ampel hofft darauf, weniger Geld auszugeben zu müssen, als im Haushalt 2025 vorgesehen ist.

Höhe der globalen Minderausgaben über die letzten Jahre angestiegen

Einen Haushalt zu planen, ohne zu wissen wo und wann eingespart wird, das sei durchaus Staatspraxis, so der Leipziger Finanzwissenschaftler. Das habe in der Vergangenheit mehrfach genau so stattgefunden. Er habe sich die vergangenen Jahre angesehen und in den letzten 22 Jahren habe es zehn globale Minderausgaben gegeben. "Da kann man durchaus sagen: Das ist ein gängiges Instrument. Der Punkt ist nur die Größenordnung dieser globalen Minderausgaben, und die hat in den letzten Jahren zugenommen", sagt Lenk.

Mit den im aktuellen Regierungsentwurf veranschlagten globalen Minderausgaben übertrifft die Ampel die Werte der vergangenen 20 Jahre um einiges. In den Regierungsentwürfen der Jahre 2004 bis 2024 war in zwölf Jahren gar kein solcher Posten vorgesehen. 2018 lag sie erstmals über drei Milliarden Euro – und stieg dann in den Jahren 2021 bis 2023 auf jeweils sechs bis acht Milliarden Euro. Für 2024 wurden acht Milliarden Euro veranschlagt.

Es mache einen Unterschied, wie hoch globale Minderausgaben seien, so Lenk. Acht Milliarden Euro sei kein Aufreger. Aber zwölf oder sogar 17 Milliarden wäre schon ein Thema. "Was mich als Finanzwissenschaftler stört, ist, dass wir gewisse Ansprüche an den Haushaltsplan haben. Hier sollen ja nicht irgendwelche Mondzahlen vorgelegt werden, sondern diese Zahlen sollen real sein." Diese Klarheit sei natürlich eingetrübt, je größer diese globalen Schätzungen seien.

Deshalb müßte die globale Minderausgabe konkret begründet werden, so der Leipziger Finanzwissenschaftler. Denn wenn der Bundestag über den Haushalt abstimme, sollten Transparenz und Haushaltsklarheit möglichst gewahrt bleiben.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 20. August 2024 | 06:13 Uhr

5 Kommentare

Martyn_Petrowitsch vor 11 Wochen

Kurz vor den Wahlen muss das dem Wähler noch erklärt werden, dass es schon immer so war, nur bei der SPD greifen das jetzt die anderen Parteien auf.

Das ist voll gemein. LOL

Martyn_Petrowitsch vor 11 Wochen

""So eine globale Minderausgabe ist üblich, war auch üblich in den vergangenen Haushalten, nur nicht in dieser Höhe." Was hat es damit auf sich?"

Wer war noch mal vorher Finanzminister? LOL


goffman vor 11 Wochen

Eigentlich eine klare Sache, auch wenn man nicht weiß, wo genau die Minderausgabe entsteht.
Wenn ich in den vergangenen Jahren im Durchschnitt z.B. 1% weniger ausgegeben habe, als geplant, dann kann ich dies zumindest mit einem Sicherheitspuffer auch zukünftig so einplanen. In Unternehmen ist dies an verschiedenen Stellen gängige Praxis.

Problematischer wird es, wenn ich eine Minderausgabe plane, die über dem statistisch prognostizierten Trend liegt.
Aber auch das sollte legitim sein, wenn es kommuniziert wird. Wenn ich wüsste, dass ich nächsten Monat geringfügig weniger Geld hätte, dann würde ich mir das bewusst machen und im Verlauf des Monats den Groschen zweimal umdrehen und eben in den konkreten Situationen nach Einsparungen suchen - z.B. nach dem Angebot im Supermarkt, von dem ich jetzt noch nichts weiß.
Wichtig ist, dass ich mir der Notwendigkeit des Sparens bewusst bin und das scheint hier gegeben.

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