Möglicher Rechtsstreit Ramelow erwägt Klage gegen geplante Wahlrechtsreform

16. März 2023, 00:30 Uhr

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow erwägt, gegen die von der Ampelkoalition geplante Wahlrechtsreform zur Verkleinerung des Bundestags mit einer Klage in Karlsruhe vorzugehen. Ramelow sieht nach eigenen Angaben die Repräsentanz direkt gewählter Abgeordneter in Gefahr.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow erwägt eine Klage beim Bundesverfassungsgericht gegen die von der Ampelkoalition geplante Wahlrechtsreform. "Ich lasse die Wahlrechtsreform verfassungsrechtlich prüfen und werde eventuell nach Karlsruhe gehen", sagte der Linken-Politiker dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (RND).

Für Thüringen sei zu befürchten, dass das Land Mandate verliert - so könnten von 18 Mandaten zwei wegfallen.

Ramelow sieht Repräsentanz in Gefahr

Ramelow befürchtet, dass damit die regional angemessene Verteilung der Mandate beeinträchtigt wäre - etwa zwischen Ost- und Westdeutschland. "Ich bin für eine Verkleinerung des Parlaments, aber strikt gegen eine Störung der Repräsentanz", betonte Ramelow. Das mit dem geplanten Wegfall der Grundmandatsklausel neben der Linken womöglich auch die "CSU weggekegelt würde", sei im Übrigen "unglaublich". Damit spiegele das Bundesparlament nicht mehr die Proportionen der Bundesländer wider.

Kritik: Nachteil für direkt Gewählte

Zudem beklagte Ramelow, dass direkt gewählte Abgeordnete anders als bisher womöglich gar nicht mehr in den Bundestag einzögen. "Es kann nicht sein, dass Wähler wählen und ihr Vertreter, der einen Wahlkreis gewonnen hat, dann nicht ins Parlament kommt." Ramelow halte dies aus prinzipiellen demokratischen Gründen für einen schweren Fehler.

Die Linke übt neben der CSU bereits seit Tagen scharfe Kritik an den Plänen von SPD, Grünen und FDP. Diese sehen vor, den Bundestag dauerhaft auf 630 Sitze zu verkleinern. Neuerungen bei Erst- und Zweitstimme würden dazu führen, dass in bestimmten Fällen die Person mit den meisten Stimmen in einem Wahlkreis nicht mehr automatisch ein Direktmandat gewinnt.

Aktuell ist die Linkspartei mit 39 Abgeordneten im Bundestag vertreten. Das verdankt sie einer Sonderregel, da sie mit 4,9 Prozent an der 5-Prozent-Hürde bei der vergangenen Bundestagswahl gescheitert war. Grund ist, das sie auch drei Direktmandate gewann. Gesine Lötzsch, Gregor Gysi und Sören Pellmann hatten in ihren Wahlkreisen in Berlin und Leipzig die meisten Erststimmen geholt. Doch die Berliner Koalitionsfraktionen hat die Abschaffung der Grundmandatsklausel im Gesetzesentwurf beschlossen, so dass die Linkspartei beim nächsten Mal nicht in den Bundestag einziehen würde, falls sie wieder weniger als fünf Prozent der Stimmen erhält.

Beschluss wahrscheinlich am Freitag

Am Freitag wird die Ampel-Koalition die Wahlrechtsreform zur Verkleinerung des Bundestags mit voraussichtlich klarer eigener Mehrheit beschließen. Bei Abstimmungen innerhalb der drei Fraktionen stimmten die Abgeordneten von Grünen und FDP jeweils einstimmig und die der SPD mit großer Mehrheit für die Reform.

dpa/MDR (dst)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 16. März 2023 | 06:00 Uhr

63 Kommentare

DER Beobachter am 17.03.2023

Was das System angeht, gebe ich Ihnen recht. Wahlkreisverringerung hm. Wie viele Gemeinden gibt's denn in ihrem Wahlkreis? Meine Halbmillionen-EW-Stadt + ca. 75000 oder so Umlandbewohner werden jetzt von zwei Direktkandidaten vertreten. Dann nur von einem? Noch gravierender muss das im relativ dünnbesiedelten östlichem Raum aussehen und würde da zu noch mehr Partikularinteressenvertretung führen... irgendwie muss was an den Überhang- und Ausgleichsmandaten geschehen. Um das Wie wird ja gerade (mal wieder) gerungen....

Leachim-21 am 17.03.2023

für mich persönlich zeigt dieser Vorschlag nur eins , das sich die Parteien bereichern wollen.
Begründung : sonst wären nur 598 Abgeordnete im BT. , jedoch frage ich mich ob wir die nicht auch noch um 50% senken könnten , denn wir haben ja auch noch Länderparlamente und auch noch Brüssel. das sind zuviele Politiker die uns Geld kosten.

Tschingis1 am 17.03.2023

@MikeS
Ist mit ihrem Vorschlag damit der repräsentativen Demokratie geholfen?
Auch kleinere Parteien vertreten Interessen von vielen, wenn man dann die absoluten Zahlen sich ansehen würde. (ca. 62 Mio Wähler)
Und von einem Einschleichen der Hinterbänkler kann nicht die Rede sein, denn im Grunde genommen ist die Zweitstimme die Erststimme, denn hierüber bestimmt der Wähler, ob eine Partei seine Interessen im Bundestag vertreten kann. Wie Gesetze zustande kommen ist ihnen ja bewusst.
Zum Thema Diskutierclub: Das was sie in den jeweiligen Bundestagsdebatten mitbekommen, ist Ausfluss aus den entsprechenden Ausschüssen, denn wir haben ein Arbeitsparlament und kein Redeparlament wie im Vereinigten Königreich.



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