Feuerwehrleute sichern die Löschwasserversorgung bei der Bekämpfung eines Waldbrandes
Auch in Sachsen und Sachsen-Anhalt gibt es weiterhin viele Flächen, die mit Munition belastet sind. Bildrechte: picture alliance/dpa | Jens Büttner

Waldbrände Waldbrandgefahr: Munitionsbelastete Flächen auch Problem in Sachsen und Sachsen-Anhalt

16. Juni 2023, 19:37 Uhr

Munitionsbelastete Flächen stellen bei einem Waldbrand eine große Gefahr für die Einsatzkräfte dar. Auch in Sachsen und Sachsen-Anhalt gibt es davon viele. Die Feuerwehr kritisiert indes die Politik und fordert, belastete Flächen von Munition befreien zu lassen. In Polen sei dies bereits geschehen, heißt es vom Deutschen Feuerwehrverband. Die Politik wehrt sich und beteuert, es gebe bereits Räumungsarbeiten in Deutschland.

Etwas mehr als 2.000 Quadratkilometer, also rund ein Zehntel der Landesfläche, gilt in Sachsen-Anhalt laut Innenministerium als "Kampfmittelverdachtsfläche" und birgt alte Munition. Für die Feuerwehr ist es fatal, wenn es auf diesen Flächen brennt, allen voran in Wäldern.

Kai-Uwe Lohse ist Kreisbrandmeister im Landkreis Harz. "Feuer, Sprengstoff, alte Munition, das ist natürlich eine brisante Mischung und das birgt für die Einsatzkräfte immense Gefahren und somit ist natürlich ein Betreten dieser Flächen untersagt. Das heißt: Wir müssen es in den Flächen, wo es dann brennt, schlicht und ergreifend brennen lassen, damit muss man klarkommen."

Durch breite Schneisen können die Feuerwehrleute dann nur noch versuchen zu verhindern, dass sich der Brand weiter ausbreitet. Löschen aus der Luft per Flugzeug, Hubschrauber oder Drohne sei auch nur begrenzt möglich, denn, erläutert Lohse, "auch das muss in einem entsprechenden Sicherheitsabstand passieren, da gibt es Richtlinien. Also ein direktes Überfliegen wie bei Waldbränden in normalen Wäldern ist da auch nicht möglich".

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Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Jens Büttner

Sachsen erwägt Einsatz von Löschrobotern

In Mitteldeutschland haben vor allem Sachsen-Anhalt und Sachsen mit der Brandgefahr in munitionsbelasteten Wäldern und Flächen zu kämpfen. In Thüringen sei das Risiko geringer, teilt der Landesfeuerwehr-Verband mit.

In Sachsen erwägt das Innenministerium den Einsatz von Löschrobotern, wenn die technische Anwendungsreife erreicht sei, lautet es auf Anfrage von MDR AKTUELL. Weiter heißt es: Schon jetzt sei begrenzt der Einsatz von geschützten Fahrzeugen der Bundeswehr oder privater Anbieter möglich.

Lohse: Unverständlich, dass man es im Boden lässt

Doch generell fragt sich der Vizepräsident des Landesfeuerwehrverbandes Sachsen, Gunnar Ullmann: "Wie gehen wir mit den Altlasten um? Ist es überhaupt technisch möglich, komplett zu beräumen? Ist es vom finanziellen Aufwand her vertretbar? Wir haben diese munitionsbelasteten Bereiche, damit müssen wir leben und das wird sich heute und morgen nicht gleich lösen und klären".

Dagegen fordert Kai-Uwe Lohse mehr Engagement von der Politik. Der Kreisbrandmeister ist gleichzeitig Vorsitzender des Landesfeuerwehrverbands Sachsen-Anhalt. "Es ist für mich unverständlich, dass nach so vielen Jahrzehnten, auch wenn es teuer ist, da nicht für Sicherheit gesorgt wird und dass man es einfach so im Boden lässt und auf ich weiß nicht was wartet."

Innenministerium: Räumungsarbeiten auf allen Flächen nicht finanzierbar

Den Vorwurf versteht Lutz-Georg Berkling, stellvertretender Leiter der Abteilung "Bevölkerungsschutz" im Innenministerium Sachsen-Anhalt. Er sagt aber auch: "Es finden Räumungsarbeiten statt, das muss man einfach mal dezidieren. Aber eben nicht auf allen Flächen. Das wird man nicht finanzieren können. Die Zuständigkeiten liegen immer bei den Flächeneigentümern."

Und das können Privatpersonen, das Land oder der Bund sein – letzterer, wenn es sich um Truppenübungsplätze handelt.

Feuerwehrverband: Vorbild Polen

Doch das Warten könne sich Deutschland nicht leisten, findet Ulrich Cimolino vom Deutschen Feuerwehrverband. Er verweist auf das Nachbarland Polen: "Polen hat nach meiner Kenntnis vor einigen Jahren bereits die staatlichen Forste, die großen Flächen und auch andere eigene Wälder von Munition bis auf eine Tiefe von einem halben Meter räumen lassen."

In Polen haben man geschafft, was in Deutschland als unmöglich gilt. Er könne das nicht nachvollziehen, sagt Cimolino.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 16. Juni 2023 | 06:00 Uhr

6 Kommentare

Jan-Lausitz vor 45 Wochen

Der Kachelmann hat recht, Wald entzündet sich nicht von selbst und schon gar nicht von Zauberhand.

Es ist noch nicht einmal kalendarischer Sommer und ausgerechnet brennt wieder Wald auf mehreren ehemaligen Übungsplätzen. Das wird wohl kein Zufall sein. Wer hat gezündelt? War es Leichtsinn (seltsamer Zufall) oder ist es immer wieder Vorsatz? Wem nützt es?

Opa gegenLinks vor 45 Wochen

Jörg Kachelmann sagt , es sind nicht Glasscherben oder Munition die zu den Waldbränden führen, eine Selbstentzündung des Waldes gibt es nicht, sondern 99 Prozent werden sie durch Brandstiftungen verursacht.

Matthi vor 45 Wochen

Die Politik hat bisher das Problem verdrängt ein paar Schilder drumherum und fertig, das war billiger. Jetzt muss was passieren entweder beräumen was zwar Geld kostet aber langfristig die beste Lösung ist oder regelmäßig abbrennen lassen in der Hoffnung das die Munition hochgeht und die Flächen ungefährlich werden. Anstatt Milliarden in der Welt zu verteilen wie es bisher bei allen Bundesregierungen üblich war sollte man erstmal im eigenen Land aufräumen.

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