Ein Landwirt bringt mit seinem Traktor und einer großen Pflanzenschutzspritze ein hochwirksames Pflanzenschutzmittel auf das Feld aus. (Symbolbild)
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Umstrittener Unkrautvernichter Glyphosat: Sachsen-Anhalts Bauern wollen längere Erlaubnis

17. November 2023, 09:40 Uhr

Das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat ist umstritten – wird aber in der konventionellen Landwirtschaft gern als effektives Mittel genutzt. Nun will die EU-Kommission die Genehmigung für das Mittel verlängern. Das könnte bedeuten, dass Deutschland sein geplantes Verbot zurücknehmen muss. Genau darauf hofft Sachsen-Anhalts Landesbauernverband.

Der Landesbauernverband Sachsen-Anhalt hat die weitere Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat in der EU begrüßt. Verbandspräsident Olaf Feuerborn (CDU) sagte MDR SACHSEN-ANHALT, Glyphosat sei ein wichtiges Werkzeug für eine erfolgreiche Landwirtschaft. Der Unkrautvernichter helfe beim Wasser- und CO2-Sparen, so Feuerborn. Gleichzeitig schädige es Unkräuter wie Disteln und Quecken bis in die Wurzelspitzen.

Geplantes Verbot in Deutschland wackelt

Feuerborn hofft, dass die Bundesregierung das Verbot von Glyphosat zum Januar 2024 wieder kippt. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, Glyphosat bis Jahresende in Deutschland vom Markt zu nehmen. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir kündigte bereits an, die Sache zu prüfen. In Luxemburg wurde ein nationales Verbot des Unkrautvernichters gerichtlich schon Ende März kassiert: Der dortige Verwaltungsgerichtshof sah keinen Grund für eine Sonderregelung, solange der Wirkstoff EU-weit zugelassen ist.

Wir nehmen Glyphosat bis Ende 2023 vom Markt.

Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und FDP

Das Mittel Glyphosat ist umstritten, weil es sich angeblich auf ganze Ökosysteme auswirkt und laut Weltgesundheitsorganisation wahrscheinlich krebserregend ist. Glyphosat wirkt auf einen Stoffwechsel, den es bei Pflanzen, Bakterien und Pilzen gibt – nicht bei Menschen und Tieren. Dennoch steht Glyphosat in Verdacht, das Insektensterben mit zu beeinflussen. Verbraucher- und Umweltorganisationen laufen deshalb seit Jahren Sturm gegen den Einsatz des Unkrautvernichters.

Bio-Bauern verweisen auf Alternativen zu Glyphosat

Für die Öko-Landwirtshaft spielt die EU-Verlängerung der Glyphosat-Erlaubnis keine Rolle. Dirk Werner, Geschäftsführer von "Die Bio-Höfe-Gemeinschaft Sachsen-Anhalt e.V.", sagte MDR SACHSEN-ANHALT, er persönlich begrüße die Entscheidung zwar nicht, chemisch-synthetische Herbizide seien aber in der Branche ohnehin verboten. Der Einsatz dieser Mittel widerspreche auch dem Selbstverständnis ökologischer Landwirtschaft. Werner erklärte, es gehe auch ohne Glyphosat, das würden Öko-Landwirte seit zig Jahren beweisen. Dabei führte er etwa mechanische Methoden an oder auch eine ausgewählte Fruchtfolge. Diese verhindern laut Werner, dass Unkraut in großem Maße wächst.

In der Bio-Höfe-Gemeinschaft Sachsen-Anhalt sind nach Angaben des Vereins etwa 70 Landwirte, Verarbeiter und Förderer Mitglied. Der Verein will die ökologische Land- und Lebensmittelwirtschaft in Sachsen-Anhalt fördern.

EU verlängert Glyphosat-Zulassung unter Bedingungen

Die Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat wird in der EU um zehn Jahre verlängert, wie am Donnerstag mitgeteilt wurde. Sie wäre sonst Mitte Dezember 2023 ausgelaufen. Laut EU-Kommission soll es aber neue Auflagen und Einschränkungen geben. Unter anderem sollen Landwirte mindestens fünf Meter breite Pufferstreifen einhalten. Die Mitgliedsstaaten sollen zudem die Menge und die Häufigkeit für den Einsatz des Mittels beschränken können.

Die Umweltorganisation Greenpeace sprach von einem "schwarzen Tag für die Artenvielfalt". Die EU opfere den Schutz von Mensch, Umwelt und Artenvielfalt den wirtschaftlichen Interessen von Agrarkonzernen, hieß es am Donnerstag in einer Mitteilung.

MDR (André Damm, Uli Wittstock, Karin Roxer, André Plaul)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 17. November 2023 | 07:00 Uhr

26 Kommentare

Jan-Lausitz vor 25 Wochen

Die gesamte Bevölkerung ist nicht mit "BIO" zu ernähren, jedenfalls nicht mit Bio was sich "Lieschen Müller" darunter vorstellt. Nun wäre zu klären, was denn eigentlich unter Bio der Supermärkte und Masseninverkehrbringer zu verstehen ist. Wird dort prinzipiell ohne Zusatzmittel gewirtschaftet oder nur teilweise oder nur bis 14 Tage vor der Ernte?
Wer hat denn schon mal Möhren oder Blumenkohl ohne "Hilfsmittel" mit prächtigem Erfolg angebaut? Eine nennenswerte und verkaufsfähige Ernte und für ausreichende Versorgung ist durch einen enormen Schädlingsdruck mittlerweile kaum noch möglich.

Jan-Lausitz vor 25 Wochen

Ich teile Ihre Meinung. Außerdem ist Glyphosat das am umfangreichste erforschte Herbizid. Die negativen Seiten stehen in keinem Verhältnis zu den positiven Aspekten, die hier schon erwähnt wurden. Außerdem hat die neudeutsche "Biodiversität" weder auf einem Weizenacker noch auf einem Zwiebelfeld etwas zu suchen. Die Bauern waren vor vielen Jahrzehnten froh, die Samenpflanzen auf den Feldern ausgemerzt zu haben, die zu erheblichen und teilweise bedenklichen Verunreinigungen der Mehle und Schrote führte. Die Stadtmenschen sollten sich in diesen Sachgebieten doch mehr auf die Landbevölkerung verlassen ...

der Demokrat vor 25 Wochen

Hallo Frank
So einfach läuft das hier nicht. Wenn sie hier etwas behaupten dann müssen sie das auch belegen können.
Daraus ergibt sich:
Ihre Behauptung:
"Wo BIO drauf steht ist, wie Untersuchungen zeigen, regelmäßig nicht BIO drin"
Ist von ihnen nicht belegt.

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