Asylantrag und ein Stempel mit der Aufschrift - abgelehnt -
Der Präsident des Landkreistages Sachsen-Anhalt, Götz Ulrich (CDU), hat sich für einen konsequenten Kurs in der Migrations- und Wirtschaftspolitik ausgesprochen. Abgelehnte Asylbewerber müssten zielgerichtet abgeschoben werden, um die Akzeptanz für die Zuwanderung von Fachkräften nicht zu gefährden. Bildrechte: imago/Christian Ohde

Mehr Zuwanderung, konsequentere Abschiebungen Landkreistag fordert bessere Migrationspolitik vom Bund

05. Februar 2024, 12:11 Uhr

Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland auf der einen, Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern auf der anderen Seite: Beides ist dem Landkreistag Sachsen-Anhalt zufolge nötig – allerdings in unterschiedlicher Ausrichtung. Bei der Zuwanderung brauche es mehr Anstrengungen für die Wirtschaft, bei Abschiebungen ein konsequenteres Vorgehen. Nur so lässt sich aus Sicht der Landkreise eine Grundakzeptanz in der Bevölkerung herstellen.

Der Landkreistag in Sachsen-Anhalt fordert mehr Anstrengungen, um Fachkräfte anzuwerben. Geschäftsführer Heinz-Lothar Theel sagte, die Botschaften im Ausland müssten bei der Anwerbung von Fachkräften aktiver werden. Das müsse viel erfolgreicher sein und dauere bisher zu lange.

Abgelehnte Asylbewerber zielgerichtet abschieben

Auch der Präsident des Landkreistages, Götz Ulrich (CDU), schlägt beim Thema Zuwanderung einen ähnlichen Tenor an und spricht sich für einen konsequenten Kurs in der Migrations- und Wirtschaftspolitik aus. Allerdings müssten dafür abgelehnte Asylbewerber zielgerichtet abgeschoben werden, um die Akzeptanz für die Zuwanderung von Fachkräften nicht zu gefährden, sagte der CDU-Landrat des Burgenlandkreises. Solange das eine nicht gelöst sei, sei auch das zweite wahrscheinlich aus Sicht der Bevölkerung schwer zu verstehen.

Solange das eine nicht gelöst ist, ist auch das zweite wahrscheinlich aus Sicht der Bevölkerung schwer zu verstehen.

Götz Ulrich, Präsident des Landkreistages Sachsen-Anhalt und Landrat des Burgenlandkreises

Ulrich betonte, ohne die Zuwanderung von Arbeitskräften würden viele gesellschaftliche und wirtschaftliche Bereiche nicht mehr funktionieren. "Wir spüren, dass das Thema Zuwanderung von extremer Bedeutung ist", sagte Ulrich. Den Bund und die Europäische Union forderte der Landkreistagspräsident auf, bei der Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern zügig Lösungen zu finden. Ansonsten gehe hier eine Grundakzeptanz der Gesellschaft verloren.

40 Prozent mehr Abschiebungen in Sachsen-Anhalt

Nach Angaben des Innenministeriums sind vergangenes Jahr in Sachsen-Anhalt rund 8.000 Asylsuchende registriert worden. Rund 1.000 Ausreisepflichtige wurden abgeschoben oder sind freiwillig ausgereist. Das seien rund 40 Prozent mehr als im Vorjahr.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte Mitte Oktober feste Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz angeordnet und sie mehrfach verlängert. Seitdem ging die Zahl der Menschen, die irregulär über die Grenzen kommen, zurück.

Nancy Faeser
Entscheidend zur Begrenzung der irregulären Migration ist Faeser zufolge der Schutz der EU-Außengrenzen. Bildrechte: IMAGO / epd

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dpa, MDR (Susanne Ahrens)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 04. Februar 2024 | 10:00 Uhr

26 Kommentare

Goodbye horses vor 12 Wochen

Kommentar Nr. 3

Zur Zahl der registrierten Ausreisen, „freiwillig“ mit Grenzübertrittsbescheinigung oder per Abschiebung, in den Jahren 2012 bis 2022 Bundestagsdrucksache 20/5795, Seiten 38, 39

2012 28 046
2013 31 312
2014 34 602
2015 60 762
2016 89 989
2017 67 344
2018 58 087
2019 53 647
2020 40 377
2021 33 870
2022 39 490
___________
537 526

Von diesen 537 526 Ausreisen waren 357 125 „freiwillig“ mit GÜB und 180 401 Abschiebungen.

Wie viele (zunächst) unregistrierte Ausreisen vorliegen, geht aus dieser Drucksache nicht hervor.

Man sieht: Die meisten Ausreisepflichtigen, die ausreisen, reisen „freiwillig“ aus. Hinzu kommt, dass im Falle einer beabsichtigten Dublin-Überstellung eine „freiwillige“ Ausreise nicht erlaubt ist (was ja Sinn ergibt, denn der betreffende Antragsteller soll ja in den Mitgliedstaat überstellt werden, der für das Asylverfahren nach EU-Recht zuständig ist).

Ich meine, dass diese Zahlen wichtig sind, um sich ein Bild von der Lage zu machen.

Goodbye horses vor 12 Wochen

Kommentar Nr. 2

Zur Zahl der zum Stichtag 31.10.2023 Ausreisepflichtigen Drucksache 20/9796:

250 749 Ausreisepflichtige, davon
49 665 nicht geduldet.

Nur bei diesen 49 665 Personen stand zum Stichtag relativ fest, dass die Ausreisepflicht Bestand haben würden und nur sie dürften, sofern sie nicht „freiwillig“ ausreisen, abgeschoben werden.

Bei den Ausreisepflichtigen mit Duldung, kann die Ausreisepflicht durchaus noch erlöschen. Dies ist z. B. der Fall, wenn eine beabsichtigte Dublin-Überstellung an mangelnder Zustimmung des Zielstaats scheitert. Dann wird Deutschland auch für das materielle Verfahren zuständig und der ehemals Ausreisepflichtige hat Rechtsanspruch auf eine Aufenthaltsgestattung ggf. später auch auf Schutz und damit eine Aufenthaltserlaubnis.

Zur Zahl der zum Stichtag 30.06.2023 aufhältigen „abgelehnten Asylbewerbern“ Drucksache 20/8182:

896 065.

Die meisten von diesen besitzen eine Aufenthaltserlaubnis (siehe Kommentar Nr. 1).

Zu Ausreisen Kommentar Nr. 3.

Goodbye horses vor 12 Wochen

Kommentar Nr. 1

Häufig liest man, dass „abgelehnte Asylbewerber“ abgeschoben werden sollen. Das stimmt aber so nicht.

Gemeint sind vollziehbar ausreisepflichtige Personen ohne Duldung, die nicht „freiwillig“ ausreisen. Nur diese dürfen abgeschoben werden.

Dabei kann deren Ausreisepflicht einer Asylablehnung geschuldet sein oder dem Zurückziehen eines Asylantrags, muss es aber nicht.

Als „abgelehnte Asylbewerber“ werden Personen gezählt, bei denen im Ausländerzentralregister eine Asylablehnung registriert ist. Diese kann Jahre zurückliegen! Nach dieser Ablehnung kann die Person sogar ausgereist sein und Jahre später wieder eingereist, weil z. B. das Herkunftsland inzwischen EU-Mitglied ist oder die Person ein Arbeitsvisum erhalten hat uvm.

Die Person bleibt im AZR als „abgelehnter Asylbewerber“ registriert. Sie ist aber in diesen Fällen nicht ausreisepflichtig, sondern besitzt eine Aufenthaltserlaubnis (nicht Duldung). Weiteres und Quellenangaben in Kommentar Nr. 2.

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