Ärztin im Krankenhaus mit Stethoskop
Trotz des Ärztemangels bekommen geflüchtete Ärzte oft keine Zulassung. Bildrechte: IMAGO/imagebroker

Ärztemangel Geflüchtete Mediziner wollen helfen und dürfen nicht

17. Oktober 2023, 05:10 Uhr

Eigentlich können wir sie dringend gebrauchen: Mediziner aus dem Ausland. Allein in Sachsen haben im vergangenen Jahr über 600 Ärzte aus Nicht-EU-Ländern einen Antrag auf Approbation – also auf Zulassung – gestellt. Nur knapp 150 haben eine positive Antwort erhalten. Die Hürden seien viel zu hoch, kritisieren Betroffene.

Rabia Alfantash will einfach nur seinen Beruf ausüben. Der Syrer ist Arzt und kam 2014 als Flüchtling ins Saarland. Hier in Deutschland hat er schon in mehreren Kliniken gearbeitet, viele würden ihn gern länger behalten. Doch immer wieder hat er Probleme mit den Behörden. Im Juni beantragte er die Verlängerung seiner Berufserlaubnis beim zuständigen Landesamt für Soziales in Saarbrücken.

Betroffene beklagen viele Hürden

Das Amt verlangte einen neuen Sprachnachweis von ihm. Den erforderlichen Sprachkurs hat er eigentlich schon gemacht, ein neuer Kurs würde mindestens ein halbes Jahr dauern. Zu viel Zeit für seinen Arbeitgeber. "Deswegen hat mich der Chef letzte Woche angerufen, hat gesagt wir können nicht mehr warten und wir finden einen anderen Assistenten. Das bedeutet, ich habe die dritte Stelle verloren wegen dem Landesamt." Neben den Sprachkenntnissen wird auch seine Ausbildung nicht anerkannt.

Alfantash hat in der Ukraine studiert. Das Landesamt verlangt einen Nachweis für ein sogenanntes praktisches Jahr. Ein Jahr praktische Tätigkeit gehört zum Medizinstudium in Deutschland dazu. In der Ukraine gibt es das aber nicht. Die Behörden verlangen nun, dass Alfantash sein praktisches Jahr in der Ukraine nachholt. Doch allein schon wegen dem Krieg ist das für den Mediziner keine Option.

Eingewanderte Ärztinnen und Ärzte demonstrieren in Berlin

So wie ihm geht es vielen anderen eingewanderten Ärzten und Apothekern. Deshalb wollen sie am Dienstag in Berlin vor dem Bundesgesundheitsministerium für eine leichtere Anerkennung ihrer Ausbildung demonstrieren. In dem Aufruf, der MDR AKTUELL vorliegt, heißt es: "Wir setzen uns gegen die Ignoranz, Diskriminierung und die harten Anerkennungsvoraussetzungen ein, denen diese Fachkräfte in Deutschland gegenüberstehen."

Ärztevereinigung Hartmannbund verteidigt strenge Auflagen

Bei Ärzten aus Nicht-EU-Ländern wird bei jedem einzelnen Zeugnis geprüft, ob die Ausbildung gleichwertig zu der in Deutschland ist. In Niedersachsen etwa könne das bis zu eineinhalb Jahre dauern, sagt Sebastian Exner von der Ärztevereinigung Hartmannbund. "Zum einen ist es so, dass viele Verfahren auf Warteschleife liegen, weil den Behörden schlichtweg das Personal fehlt. Man könnte diese Verfahren, wenn man mehr Leute hätte, die diese Fälle bearbeiten, deutlich an der Bearbeitungszeit ziehen."

Gleichzeitig, sagt Exner, müssten die hohen Standards bei den Ärzten Deutschland gewahrt werden. Ein praktisches Jahr etwa hält er für zwingend notwendig. "Wenn sie das mit der Lehrerausbildung vergleichen, dass Ihre Kinder von Lehrern unterrichtet werden, die zwar studiert haben, aber ihr Referendariat nicht gemacht haben – also nie unter Anleitung und Aufsicht schon unterrichtet haben, sondern frisch aus dem Studium kommen – und dann ihre Kinder unterrichten."

Ein bisschen flexibler müssen die deutschen Regeln aber schon werden, findet Oksana Ulan. Die Hausärztin ist Vorsitzende der Ukrainischen Ärztevereinigung in Deutschland. Wir haben ja mindestens eine Million ukrainische Bürger hier, da werden schon ein paar 1.000 Ärzte dabei sein. Die könnten mithelfen, gerade bei der Übersetzung von Impfpässen und so weiter. Das wäre eine Nische, wo die ukrainischen Ärzte mit nicht so viel Sprachkenntnissen mithelfen könnten. An fehlender Bereitschaft dazu mangele bei ihren Landsleuten jedenfalls nicht, sagt die Ärztin.

Dieses Thema im Programm: 17. Oktober 2023 | 06:00 Uhr

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