Gesundheit Nachwuchs-Blutspender in Sachsen gesucht

24. Januar 2023, 03:00 Uhr

In Sachsen sind die Blutkonserven knapp. Während der Vorrat sonst für fünf Tage reicht, sind es aktuell nur drei. In den kommenden Jahren könnte sich die Situation weiter verschärfen. Grund ist die zahlenmäßig große Generation der Babyboomer. Die spendet bisher fleißig, kann das aber nicht mehr lange leisten.

Für Franziska Geis ist Blutspenden eine Selbstverständlichkeit. "Ich mache das schon seit über 40 Jahren", sagt die 66 Jahre alte Dresdnerin. Es sei notwendig zu spenden, weil man damit anderen Menschen helfe, erklärt sie. Ähnlich wie Franziska Geis ist es vor allem die Generation der Babyboomer, also die besonders geburtenstarken Jahrgänge 1955 bis 1969, die auch in Sachsen lange Zeit dafür gesorgt haben, dass immer genügend Blutkonserven zur Verfügung standen. Doch das ändert sich gerade.

Mangel an Blutspendern zeichnet sich ab

Weil Erstspender nur bis zum 65. Lebensjahr und Mehrfachspender nur bis zum 72. Lebensjahr spenden dürfen, steht diese Generation Stück für Stück nicht mehr zur Verfügung. Gleichzeitig hat die junge Generation noch nicht so richtig Feuer gefangen, sich den roten Lebenssaft abzapfen zu lassen. Nach Ärzten und Lehrern könnten somit in Sachsen bald auch die Blutspender fehlen.

DRK will gezielt junge Generation ansprechen

Beim DRK schrillen deshalb bereits die Alarmglocken: "Wir haben erkannt, dass wir nur noch wenige Jahre Vorlaufzeit haben. Daher müssen wir versuchen, junge Menschen vermehrt zur Spende zu bewegen", sagt Prof. Torsten Tonn, Medizinischer Geschäftsführer des DRK-Blutspendedienstes Nord-Ost. Es gebe in seinem Haus momentan viele Sitzungen von Arbeitsgruppen, auch zusammen mit Agenturen, um zu überlegen, wie man jüngere Spender ansprechen könne.

Wir haben erkannt, dass wir nur noch wenige Jahre Vorlaufzeit haben. Daher müssen wir versuchen, junge Menschen vermehrt zur Spende zu bewegen.

Prof. Torsten Tonn Medizinischer Geschäftsführer des DRK-Blutspendedienstes Nord-Ost

DRK: Blut nicht aus finanziellem Anreiz spenden

Mit Geld sollen sie auf jeden Fall nicht gelockt werden. Das steht für Torsten Tonn fest. "Die Stimmen hören wir häufiger mal: Gebt doch Geld, dann kommen sie alle. Aber das ist nicht so." Es sei vielen Menschen sehr wichtig, dass es eine ideelle Spende ist, um etwas für ihre Mitmenschen zu tun. "Ähnlich wie bei einer Organspende soll zudem kein finanzieller Anreiz jemanden dazu bewegen, Blut zu spenden", erklärt Tonn.

Haema zahlt Aufwandsentschädigung

Beim Blutspende-Anbieter Haema, der in Sachsen unter anderem in Dresden, Leipzig und Chemnitz aktiv ist, heißt es auf Anfrage ebenfalls: "Die Blut- und Plasmaspende in Deutschland ist freiwillig und unentgeltlich." Allerdings hätten die Spendedienste nach Paragraf 10 Transfusionsgesetz die Möglichkeit, eine Aufwandsentschädigung zu bezahlen, beispielsweise für die Fahrtkosten. Und genau das macht Haema.

Laut Homepage zahlt das Unternehmen den Blutspendern eine Entschädigung von 25 Euro pro Plasmaspende. Ob es mehr sein müsste, um insbesondere die Zahl der jungen Spender zu erhöhen, lässt eine Sprecherin auf Anfrage offen. Die Aufwandsentschädigung zu diskutieren obliege dem Gesetzgeber, teilte sie mit.

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Einige Fakten rund um die Blutspende.

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Corona-Pandemie wirkt sich noch immer aus

Nach Angaben von Haema sind in Deutschland im Schnitt 15.000 Blutspenden täglich notwendig, um den Bedarf an Blutprodukten im Land zu decken. Leider spendeten derzeit nur knapp drei Prozent der Bevölkerung - auch in Sachsen. Ein großer Hemmschuh sei die Corona-Pandemie gewesen. "Social Distancing sowie weitere pandemiebedingte Maßnahmen haben das Blutspendewesen in den letzten drei Jahren schwierig gestaltet. Dieser Trend setzt sich nun leider fort", beschreibt Haema-Sprecherin Britta Diebel die Situation.

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#MDRklärt: Diese Blutgruppen retten viele Menschen

Di 28.05.2019 15:00Uhr 01:00 min

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/video-304724.html

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Vorrat an Blutkonserven nur für drei Tage

Auch Torsten Tonn sagt: "Die Situation ist im Moment eng." Die Corona-Pandemie, aber auch die Grippewelle hätten sich ausgewirkt. Mitarbeiter seien erkrankt und weniger Blutspender seien bei den Terminen erschienen. Derzeit hat das DRK nach eigenen Angaben Blutkonserven für drei Tage vorrätig. Normalerweise liege der Vorlauf bei fünf Tagen, hieß es.  

Ohne Blutkonserven keine Operationen

Für die Patientinnen und Patienten in Sachsens Krankenhäusern kann das Konsequenzen haben. "Wir haben in Sachsen einen Bedarf von circa 1.000 Blutspenden pro Tag. Wenn nicht genügend Blutkonserven vorhanden sind, müssen gegebenenfalls Operationen verschoben werden", sagt der Mediziner.

Wie wichtig die Präparate im Notfall sein können, verdeutlicht der Blick auf einige Szenarien. Erleidet jemand zum Beispiel einen schlimmen Arbeitsunfall mit einem massiven Blutverlust, können laut DRK schnell bis zu 20 Blutkonserven notwendig sein. Ohne sie müsste der Patient sterben.

100 Blutprodukte nach Stammzelltransplantation notwendig

Reichlich 100 Blutprodukte werden den Angaben zufolge bei einer Stammzelltransplantation nach einer Chemotherapie gebraucht. "Es dauert teilweise vier Wochen bis das transplantierte Knochenmark angeht. Diese vier Wochen müssen durch Transfusionen mit Erythrozytenkonzentraten - den roten Blutkörperchen - überbrückt werden." Die moderne Spitzenmedizin sei ohne ausreichende Blutspenden nicht möglich, erläutert Torsten Tonn.

Blutspenden aus Tradition

Wenn der Mediziner über die Blutspender der Zukunft nachdenkt, machen ihm Familien Hoffnung, bei denen die Blutspende fest im Alltag verankert ist. "Wenn Menschen mit 18 Jahren an die Blutspende herangeführt werden, dann ist es auch wahrscheinlich, dass sie später im Alter von 30, 35 Jahren, wenn sie vielleicht sesshaft geworden sind und wieder die Zeit finden, zum Blutspenden zurückkehren."

MDR (sth)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Chemnitz | 11. Januar 2023 | 08:30 Uhr

1 Kommentar

andreas1058 am 24.01.2023

Habe mehrere Jahrzehnte Blut gespendet und würde das auch jetzt gern weiter tun, doch das Regularium des DRK-Blutspendedienstes verbietet das, da ich vor 10 Jahren eine Krebserkrankung hatte, die komplett geheilt werden konnte! Blut darf man danach aber trotzdem nicht mehr spenden. In anderen europäischen Ländern ist das möglich.......irgendwie unverständlich???

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