Erdgaspreise Erdgasersatz aus der Biotonne: Junge Wissenschaftler engagieren sich für Zukunftsideen

15. September 2022, 19:55 Uhr

Die Erdgaspreise sind extrem hoch. Eine Alternative wäre Gas aus Biomasse. Das ist eine Idee von Nachwuchswissenschaftlern aus den drei Kohleländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg in ihrer "Zukunftswerkstatt Klingas". Ergebnisse werden am Freitag den Regierungsvertretern von Sachsen und Sachen-Anhalt vorgestellt. Brandenburg hat sich schon informiert.

"Wie kann innerhalb kürzester Zeit, das heißt in ein bis zwei Jahren, der komplette Erdgasbedarf der Kohleländer Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt klimaneutral und umweltgerecht ersetzt werden?"Unter dieser Prämisse hatten sich junge Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen wie Ingenieur-, Geo-, Umwelt-, Natur-, Wirtschafts- und Rechtswissenschaften sowie aus der Akzeptanzforschung zu einer digitalen "Zukunftswerkstatt Klingas" zusammengefunden. Organisatoren sind die Bergakademie Freiberg und die TU Cottbus. Das PtX Lab Lausitz hat sie als Berater unterstützt.

Bekannte Verfahren nutzen

"Derzeit drehen sich die Diskussionen meist um die Fragen, wer kann und wie viel Erdgas wird geliefert und wie teuer ist es. Es wird aber kaum geschaut, welche Möglichkeiten  und Verfahren gibt es bereits, um heimische Ressourcen zu nutzen, mit denen ohne großen Aufwand Erdgas klimaneutral ersetzt werden könnte", erklärt Kristina Wopat, Direktorin der Graduierten- und Forschungsakademie an der TU Bergakademie Freiberg. Insgesamt wurden von der Zukunftswerkstatt 30 Projekte erarbeitet.

Es wird aber kaum geschaut, welche Möglichkeiten  und Verfahren gibt es bereits, um heimische Ressourcen zu nutzen, mit denen ohne großen Aufwand Erdgas klimaneutral ersetzt werden könnte.

Kristina Wopat TU Bergakademie Freiberg

Wärme aus Abwasser für Fernwärme nutzen

Zum Beispiel sei es möglich, Wärme aus Abwasser von Industrie und Haushalten für Fern- und Nahwärmesysteme  zu nutzen. Laut "Klingas" wären das Ressourcen von rund 16 Terra-Joule Wärmeenergie pro Jahr (das entspricht 4,44 Gigawattstunden), die im Moment noch an die Umwelt abgegeben würden. In der Papierindustrie sehen die Nachwuchswissenschaftler ein Einsparpotenzial von rund 80 Prozent der bisher genutzten Energie. Davon seien allein 19 Prozent durch bessere Prozessüberwachung  ohne Investitionen möglich. Weiteres Projekt ist die industrielle Kultivierung von Algen zur Produktion von Biomasse für die Erzeugung von Biodiesel oder Biogas. Beispielsweise könnten für die Kultivierung kohlendioxidhaltige Abgase eingesetzt werden, die in vielen Industrieprozessen anfallen und die bisher ungenutzt aus dem Schornstein gehen.

"Wir sehen uns als junge Wissenschaftlersehen in der besonderen Verantwortung, diesen Zukunftsprozess gerade jetzt aktiv mitzugestalten und  wir wollen die Politik auffordern aktiv zu werden",  bestätigt Michaela Scheithauer. Sie hat an der Bergakademie studiert und promoviert jetzt an der Universität. Sie arbeitet am Institut für Energieverfahrenstechnik und Chemieingenieurwesen und sie sieht beispielsweise in der Biotonne Ersatz für Erdgas.

Bioabfall zu Biogas verarbeiten

"Bis jetzt wird Bioabfall zum Kompostieren genutzt. Es wäre aber möglich, den Biomüll zuerst zu Biogas zu verarbeiten, das direkt ins Netz eingespeist werden kann", so die Wissenschaftlerin. Das Einspar- bzw. Ersatzpotenzial in den drei Kohleländern liegt nach Angaben der Zukunftswerkstatt bei ca. 2.300 Gigawattstunden Gas (8.355 Terrajoule). "Es wäre hier ganz schnell etwas machbar", sagt sie. "Denn wir haben festgestellt, dass immer noch nicht in allen Kommunen Bioabfälle gesammelt werden." Zugleich sei auch die Aufklärung und die Einbeziehung der Bevölkerung dringend notwendig.

Es wäre aber möglich, den Biomüll zuerst zu Biogas zu verarbeiten, das direkt ins Netz eingespeist werden kann.

Kristina Wopat TU Bergakademie Freiberg

"Es wäre gut, wenn die ostdeutschen Kohleländer gerade bei der aktuellen Energiekrise wieder an die Tradition des runden Tisches aus der Wendezeit anknüpfen würden, um die Bürger viel stärker als derzeit üblich einzubeziehen", schlägt Kristina Wopat vor. Dabei könnten Experten der Politik und auch den Kommunen zur Seite stehen, um Projekte umzusetzen und notwendige Maßnahmen besser verständlich zu machen.

MDR (ali/bpf)

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