Eine junge Frau sitzt, in Decken eingewickelt, auf einem Stuhl und liest von einem Fieberthermometer die Temperatur ab
Zunehmend weniger Menschen in Sachsen lassen sich gegen Grippe impfen. Bildrechte: Colourbox.de

Impfmüdigkeit Wenige Sachsen lassen sich gegen Grippe impfen

24. September 2022, 14:56 Uhr

Experten haben bereits während der Hochphase der Corona-Pandemie davor gewarnt, dass durch die verschärften Hygieneregeln das Immunsystem der Menschen nicht mehr für die "normale" Grippe trainiert wird. Darauf trifft nun die allgemeine Impfmüdigkeit der Sachsen. Vor den Folgen warnen Sachsens Sozialministerin Petra Köpping, die Landesuntersuchungsanstalt (LUA) und die Sächsische Impfkommission.

Die Grippe-Impfmüdigkeit in Sachsen hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Wurden in den Jahren 2009/2010 noch mehr als 1,5 Millionen Dosen Grippe-Impfstoff im Freistaat verabreicht, waren es nach Angaben der LUA Sachsen im vergangenen Winter bis Ende 2021 nur knapp 966.000. Die Impfquote ging demnach von 41,8 Prozent auf 26,5 Prozent zurück. Das war der niedrigste Wert der vergangenen zehn Jahre. Eine Gesamtauswertung für 2021/2022 liegt noch nicht vor. Die Behörde geht aufgrund von Erfahrungswerten jedoch davon aus, dass die Eine-Millionen-Marke bei den gesetzlich versicherten Menschen nicht oder nur geringfügig überschritten wurde.

Landesuntersuchungsanstalt Sachsen Die Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen (LUA) ist dem Sächsischen Sozialministerium unmittelbar unterstellt. Sie ist mit Aufgaben wie Infektionsschutz, Umweltmedizin, Krankenhaushygiene, Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit und Tiergesundheit betraut. Dazu werden in der Landesuntersuchungsanstalt eine Vielzahl humanmedizinischer Proben sowie Proben unter anderem von Trinkwasser, Lebensmitteln, kosmetischen Mitteln, Gegenständen des täglichen Gebrauchs und Proben für die veterinärmedizinische Diagnostik untersucht und Befunde und Gutachten erstellt. Quelle: Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen

Gesundheitsministerin Petra Köpping: Niedrige Impfquote "besorgniserregend"

Die Impfquoten beim Grippeschutz seien "besorgniserregend niedrig", deswegen sei es in dieser Saison um so nötiger, sich zu schützen, sagte die sächsische Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD). Die Grippe sei keine harmlose Erkrankung, die Impfung sicher und verträglich. "Bitte nehmen Sie die Erkrankung ernst und lassen Sie sich impfen", appellierte sie an die Bürgerinnen und Bürger. Mit Blick auf die andauernde Corona-Pandemie sei die Grippeschutzimpfung besonders wichtig, hieß es. Bei einem Zusammentreffen einer Covid-19-Welle mit einer Influenza-Welle sei eine erhebliche Belastung des Gesundheitssystems zu befürchten. Dies gelte es zu verhindern.

Günstiger Impftermin gegen Influenza zwischen Oktober und Mitte Dezember

Eine hohe Influenza-Impfquote während der Pandemie sei für Kliniken wichtig, um Engpässe bei Intensivbetten und Beatmungsplätzen zu vermeiden, sagte Köpping. Mit einer hohen Impfbereitschaft könne die Bevölkerung auch die Betreuung in Kindertageseinrichtungen, Schulen und Altenpflegeheimen besser absichern - wer geimpft ist, erkrankt selbst weniger wahrscheinlich und kann andere nicht anstecken. Als günstiger Termin für die Impfung gilt demnach die Zeitspanne zwischen Oktober und Mitte Dezember, da sich eine Grippewelle meist Anfang des Jahres aufbaut. Eine Impfung gegen das Coronavirus sei zeitgleich möglich.

Gründe für weniger Akzeptanz von Schutzimpfungen vielfältig

Die LUA sieht mehrere Gründe für die gesunkene Nachfrage nach Grippeschutzimpfungen. Dazu gehören die Corona-Pandemie und wenige Grippeerkrankungs- und Todesfälle in den Vorjahren. Ende 2020 ließen sich viele Menschen gegen Influenza impfen, weil noch kein Corona-Impfstoff verfügbar war. Als der dann 2021 zur Verfügung stand, wurden im Gegenzug Grippeschutz-Impfungen vernachlässigt.

Auch die öffentliche Debatte über Sicherheit und Effektivität der Corona-Impfstoffe könne zu Verunsicherung geführt haben - und möglicherweise zu weniger Akzeptanz von Schutzimpfungen. Gerade nach einer milden Saison ist aber nach Angaben der Behörde im Winter danach mit einer stärkeren Welle und einer deutlich höheren Krankheitslast zu rechnen. Die Influenzaviren träfen dann auf eine Bevölkerung mit weniger Immunschutz.

Zunahme der Grippefälle erwartet

Der Chef der Sächsischen Impfkommission, Thomas Grünewald, geht davon aus, dass es nach dem Wegfall von Kontaktbeschränkungen und Hygieneregeln im Zuge der Corona-Pandemie wieder deutlich mehr Grippefälle gibt. "Zumindest in einigen Ländern der Südhalbkugel sehen wir schon eine relativ ordentliche Grippeaktitivät", sagt Grünwald. Das sei stets ein Marker für das, was dann zeitversetzt auf der Nordhalbkugel passiere.

MDR (tfr)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 24. September 2022 | 13:00 Uhr

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