Füße von vielen schwangeren Frauen bilden einen Kreis
Diabetes bei Schwangeren wurde 2021 viel häufiger in Sachsen und Thüringen festgestellt als noch 2016. (Symbolbild) Bildrechte: IMAGO / Westend61

Gesundheit "Schwangerschaft ist keine Krankheit" AOK untersucht Mütter in Sachsen und Thüringen

26. April 2023, 17:32 Uhr

Schwangere in Sachsen und Thüringen haben heute viele Möglichkeiten der Vorsorge und sie nutzen sie auch. Doch wie gesund kommen sie durch die Schwangerschaft? Die AOK Plus hat dazu auf Basis ihrer Abrechnungsdaten Ergebnisse vorgestellt.

Ein Großteil der Schwangeren in Sachsen und Thüringen ist gesund und kommt heute besser durch die Schwangerschaft als 2016. Das zeigen Zahlen, die die AOK Plus vorgestellt hat. Einige typische Schwangerschaftskrankheiten treten demnach seltener auf. Dazu zählen in Sachsen etwa Ödeme und Venenerkrankungen, in Thüringen Ödeme und sogenannte Schwangerschaftsvergiftungen (Präeklampsie).

In Sachsen hat die AOK Plus 2021 bei ihren Versicherten mehr als 21.000 Frauen im Alter zwischen 15 und 44 Jahren gezählt, die Kinder entbunden haben, in Thüringen waren es knapp 9.000 Versicherte. Insgesamt wurden in Sachsen in dem Jahr 32.548 Kinder geboren, in Thüringen 15.377.

Schwangere gebären in immer höherem Alter

Da das Entbindungsalter im Durchschnitt auf über 31 Jahre gestiegen ist, steige auch das Risiko für bestimmte Beschwerden und Erkrankungen, sagte AOK Plus-Vorstandsvorsitzender Rainer Striebel. Alarmierend sei der Anstieg von Schwangerschaftsdiabetes in den beiden Ländern. Es sei die häufigste Erkrankung in der Schwangerschaft, vor allem bei Frauen über 40. "In den meisten Fällen verschwindet sie zwar nach der Geburt des Kindes, kann allerdings während der Schwangerschaft zu ernsten Komplikationen führen," sagte Striebel. Spezielle Schulungsprogramme würden Schwangere dabei unterstützen, mit der Erkrankung umzugehen. Übergewichtige Frauen hätten grundsätzlich ein höheres Risiko für Diabetes.

Häufiger Schwangerschaftsdiabetes bei jungen Schwangeren

In Sachsen hat die AOK Plus 2021 bei jeder siebten Frau eine Schwangerschaftsdiabetes festgestellt, 2016 nur bei jeder neunten Schwangeren. Auffällig hier: Bei den 20- bis 24-Jährigen nahm die Zahl der Betroffenen im Vergleich zu 2016 um rund 34 Prozent zu. Die meisten Betroffenen gab es der Untersuchung zufolge in den Landkreisen Meißen, Sächsische Schweiz-Osterzgebirge und Görlitz.

In Thüringen ist der Anstieg der Schwangerschaftsdiabetes bei jungen Schwangeren noch höher. Hier wurden 2021 rund 88 Prozent mehr Fälle registriert als 2016. In Thüringen gab es den Angaben zufolge die meisten Fälle von Schwangerschaftsdiabetes bei 20- bis 24-Jährigen im Saale-Holzlandkreis, der Stadt Jena und im Landkreis Eichsfeld. Auch Wochenbettdepressionen haben in Sachsen und Thüringen laut AOK Plus leicht zugenommen, vor allem bei jungen Müttern.  

Fachärztin: Anspruch auf perfekte Geburt gestiegen

Die Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Perinatalmedizin und spezielle Geburtshilfe am St. Georg Klinikum in Eisenach, Andrea Lesser, sagte, die Sensibilität für die Erkrankungen wie Schwangerschaftsdiabetes sei gestiegen, weil immer mehr Frauen bei der Vorsorge entsprechende Screenings in Anspruch nähmen. Bei den Wochenbettdepressionen geht sie zudem von einer hohen Dunkelziffer aus. "Allerdings ist unter den frischgebackenen Müttern die Akzeptanz einer Depression, der Wille, sich mitzuteilen und um Hilfe zu bitten, definitiv gestiegen."

Aber auch der Anspruch auf eine "perfekte Geburt" sei gestiegen, sagte Lesser. "Bestätigen sich ihre Vorstellungen nicht, kann das Glücksempfinden nach der Geburt fehlen und Depressionen haben es leichter."

Bestätigen sich ihre Vorstellungen nicht, kann das Glücksempfinden nach der Geburt fehlen und Depressionen haben es leichter.

Andrea Lesser Stellvertretende Vorsitzende des Thüringer Landesverbandes der Frauenärzte

Hebamme rät: Bewegung, gesunde Ernährung und wenig Internet

Die Vorsitzende des sächsischen Hebammenverbands, Stephanie Hahn-Schaffarczyk, sieht inzwischen eine teilweise Überversorgung bei der Schwangeren-Vorsorge: "Die neun Monate nicht als Krankheit zu sehen, kann da schwer fallen." Die Schwangeren seien heute ständig damit beschäftigt, in sich hineinzuhorchen, normale mit einer Schwangerschaft einhergehende Veränderungen zu hinterfragen und sich im Internet zu informieren. Sie rät schwangeren Frauen zu mehr Sport, da dies in der Schwangerschaft meist in den Hintergrund rücke: "Doch eine Schwangerschaft ist keine Krankheit, bei der man sich zwangsläufig ausruhen muss. […] Sich regelmäßig bewegen, gesund ernähren und keinesfalls für zwei essen. Dann ist schon viel getan."

Eine Schwangerschaft ist keine Krankheit, bei der man sich ausruhen muss.

Stephanie Hahn-Schaffarczyk Hebamme in der klinischen Geburtshilfe und Vorsitzende des Sächsischen Hebammenverbandes

MDR (kbe)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | SACHSENSPIEGEL | 26. April 2023 | 19:00 Uhr

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