Befragung "Sachsen-Monitor": Wie verbreitet sind Rassismus und Antisemitismus?

07. September 2022, 14:08 Uhr

2.013 Sachsen wurden von November 2021 bis Mitte März 2022 im Auftrag der Staatskanzlei befragt, wie sie die soziale und politische Lage wahrnehmen. Die letzte Umfrage fand 2018 statt. Damals hatte ein Ergebnis bundesweite Diskussionen provoziert: Die meisten Befragten hatten angegeben, dass sie Deutschland durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Ausmaß für überfremdet hielten. Dieser Wert ist bei der jetzigen Umfrage gesunken. Persönlich und wirtschaftlich sind die meisten Sachsen auch zufrieden.

40 Prozent der sächsischen Bevölkerung haben rassistische Einstellungen. Das geht aus dem am Dienstag in Dresden veröffentlichten "Sachsen-Monitor" hervor. Dieser Anteil der Befragten stimmten der Aussage zu, die Bundesrepublik sei "in einem gefährlichen Maß überfremdet". Die Ablehnung von Fremden sank um 16 Prozentpunkte: Bei der vergleichbaren Befragung des Institutes für Politikforschung dimap 2018 hatten sich noch 56 Prozent der Befragten "überfremdet" gefühlt.

Ressentiments gegenüber Muslimen

Dimap hatte auch andere politische Einstellungen abfragt, auch Vorurteile und Abwertungen gegenüber Muslimen (Ressentiments). 38 Prozent der Sachsen fühlten sich manchmal wie ein Fremder im eigenen Land wegen der vielen Muslime (2018: 49 Prozent). Zur Einordnung: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge rechnete 2021 hoch, dass bis zu 5,6 Millionen Muslime in Deutschland leben. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung lag zwischen 6,4 und 6,7 Prozent, in Sachsen etwa 0,5 Prozent.

Antisemitismus der Sachsen

Der "Sachsen-Monitor" zeigt auch antisemitische Einstellungen bei den Sächsinnen und Sachsen. Fast ein Viertel der Befragten (22 Prozent) stimmen der Aussage zu, dass "Juden versuchen, heute Vorteile daraus zu ziehen, dass sie während der NS-Zeit die Opfer gewesen sind". 2018 waren es 21 Prozent. Außerdem sagen 16 Prozent der Befragten, dass Juden "zu viel Macht in der Welt haben" (kein Vergleichswert zu 2018). Auch Langzeitarbeitslose werden abgewertet. Mehr als jeder zweite Sachse ist der Meinung, dass sich "die meisten Langzeitarbeitslosen auf Kosten anderer ein schönes Leben machen".

Wie stehen Sachsen zur Demokratie?

Mehr als 90 Prozent der Befragten halten die Demokratie für eine gute Regierungsform. Bei Nachfragen allerdings, wie die Demokratie in der deutschen und sächsischen Praxis funktioniert, sinken die Werte auf 61 Prozent. Am zufriedensten sind die Leipziger (66 Prozent), am unzufriedensten die Oberlausitzer (55 Prozent Zustimmung zur Politikpraxis in Sachsen). Allerdings wurde der "Sachsen-Monitor" von November 2021 bis Mitte März 2022 erhoben, so dass die Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und die Energiekrise noch nicht mit einflossen.

Persönlich optimistisch - viel Schatten bei Blick aufs Land

Insgesamt blicken laut der Umfrage drei Viertel der Befragten optimistisch in ihre persönliche Zukunft. Mehr als vier Fünftel sehen ihre eigene wirtschaftliche Situation positiv, resümieren die Forscher. Weniger optimistisch bewerten die Befragten die Zukunft Sachsens und die wirtschaftliche Entwicklung des Freistaats.

"Die Ergebnisse geben Hoffnung, auch wenn sie noch keine Entwarnung zulassen", sagte die Vorsitzende des Beirats "Sachsen-Monitor", Constanze Geiert. Menschenfeindliche Einstellungen und Ressentiments seien deutlich zurückgegangen, was ein "gutes Signal" sei. Aber: Die "gute Entwicklung" dürfe kein Grund sein, sich zurückzulehnen, sagte der Staatskanzleichef Oliver Schenk (CDU).

Mehr Anerkennung vom Westen, mehr Zugehörigkeit mit Osteuropa

Im Bericht heißt es, dass die Entwicklung in Sachsen seit 1989 "ganz überwiegend positiv beurteilt" werde. Aber: "Es gibt auch einen starken Wunsch, Deutschland möge mehr über die ostdeutschen Erfahrungen nach der Wiedervereinigung" sprechen. Dabei zeigt sich in Zahlen, dass das Gefühl stark ausgeprägt ist, die Leistung der Ostdeutschen für den Aufbau der neuen Bundesländer werde nicht angemessen gewürdigt. Als "bemerkenswert" bewerteten die Meinungsforscher, dass in den vergangenen vier Jahren der Anteil derer, die sich den Menschen in Osteuropa näher fühlen als Westdeutschen, von 17 auf 29 Prozent gestiegen ist.

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MDR (kk, dl, dka)/epd

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 06. September 2022 | 16:00 Uhr

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