Abgeordnete stimmen ab während der Sitzung des Thüringer Landtags.
Abgeordnete stimmen während der Sitzung des Thüringer Landtags ab. Am Donnerstag wurde heftig zu einem CDU-Gesetzentwurf diskutiert. Bildrechte: picture alliance/dpa | Martin Schutt

Landtag Hitzige Debatte um CDU-Vorschlag zu Abschiebezentren in Thüringen

07. Dezember 2023, 14:49 Uhr

"Unmenschlich", "Orte der Hoffnungslosigkeit", "Symbolpolitik": Im Thüringer Landtag ging es am Donnerstagvormittag hoch her. Die Abgeordneten diskutierten über den CDU-Gesetzentwurf zu möglichen Abschiebezentren in Thüringen. Die Meinungen darüber gingen weit auseinander, der Entwurf wurde in den Ausschuss verwiesen.

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Ein CDU-Vorschlag, Abschiebezentren für Geflüchtete in Thüringen einzurichten, hat im Landtag am Donnerstag zu heftigen Kontroversen geführt. Vertreter der Regierungsfraktionen warfen der Union vor, auf eine inhumane Abschottungspolitik zu setzen.

Mit ihrem Gesetzentwurf schlug die CDU vor, nach dem Vorbild Bayerns zentrale Unterkünfte für Menschen einzurichten, die nur eine geringe Bleibeperspektive haben. Dem Entwurf zufolge sollen die Asylbewerber nicht mehr auf die Kommunen verteilt werden. Stattdessen sollen sie bis zu zwei Jahre in solchen landeseigenen Zentren bleiben. Die CDU spricht in diesem Zusammenhang von "Aufnahme- und Rückführzentren".

Grüne-Fraktionschefin Astrid Rothe-Beinlich warf den Christdemokraten im Parlament in Erfurt Symbolpolitik vor. Der Entwurf ziele allein auf Abschottung und Isolierung von Menschen, sagte die 49-Jährige.

Die Einfahrt zur Ankereinrichtung Unterfranken
Die Einfahrt zur Ankereinrichtung Unterfranken. Nach bayerischen Vorbild will die CDU Abschiedezentren in Thüringen einrichten. Bildrechte: picture alliance/dpa | Heiko Becker

Rothe-Beinlich: Zentren sind "Orte der Hoffnungslosigkeit"

Die Linke-Migrationspolitikerin Katharina König-Preuss nannte die vorgeschlagenen Unterkünfte "Lager". Der CDU-Entwurf enthalte an mehreren Punkten "nichts als eine inhumane, eine unmenschliche, eine teils auch rassistische Politik, die nicht davon ausgeht, dass Menschen, die hierher fliehen, ein Recht darauf haben, hier zu bleiben", sagte König-Preuss.

In unseren Kommunen sind sämtliche Kapazitäten ausgereizt und Thüringen muss daher umsteuern.

CDU-Migrationspolitiker Stefan Schard

CDU-Migrationspolitiker Stefan Schard sagte im Landtag, man wolle Strukturen optimieren. "In unseren Kommunen sind sämtliche Kapazitäten ausgereizt und Thüringen muss daher umsteuern." Er warf Rot-Rot-Grün vor, "die Krise" nicht in den Griff bekommen zu haben. "Sie sind an ihren eigenen moralischen Vorstellungen gescheitert", sagte Schard.

Stefan Schard (CDU), Thüringens justizpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, während der Sitzung des Thüringer Landtags.
Stefan Schard, justizpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Bildrechte: picture alliance/dpa | Martin Schutt

Rothe-Beinlich sagte, die von der CDU vorgeschlagenen Zentren wären "Orte der Hoffnungslosigkeit". In anderen Bundesländern seien solche Konzepte gescheitert.

CDU hat bereits mehrere Gesetzentwürfe mit Hilfe der AfD verabschiedet

Die AfD ließ zunächst offen, ob sie dem Entwurf zustimmen könnte. Der AfD-Abgeordnete Ringo Mühlmann kündigte an, dass seine Fraktion für eine Ausschussüberweisung stimmen, aber erst nach der Ausschussarbeit entscheiden werde, ob man dem Entwurf zustimmen wolle. Thüringens AfD-Fraktionschef Björn Höcke sprach von "Massenmigration" und forderte, "den Zufluss" zu beenden.

Bodo Ramelow (Die Linke), Ministerpräsident von Thüringen, schlägt die Hände vors Gesicht.
Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) macht während der Debatte deutlich, was er von dem CDU-Vorschlag hält. Bildrechte: picture alliance/dpa | Martin Schutt

Die CDU hat in der Vergangenheit im Thüringer Parlament schon mehrere Gesetzentwürfe mit Hilfe der AfD und gegen den Willen der Regierungskoalition verabschiedet. Die Regierungskoalition von Linke, SPD und Grünen hat im Parlament keine eigene Mehrheit.

Innenstaatssekretärin Katharina Schenk sagte, es sei gut, wenn der Entwurf kritisch im Ausschuss diskutiert werde. Dabei bezog sie sich auf den ebenfalls im Entwurf enthaltenen Vorschlag, eine zentrale Ausländerbehörde zu schaffen. Der Entwurf wurde in den Migrationsausschuss überwiesen.

Katharina Schenk (SPD), Staatssekretärin im Ministerium für Inneres und Kommunales von Thüringen
Innenstaatssekretärin Katharina Schenk (SPD) fände gut, wenn der Entwurf kritisch im Ausschuss diskutiert werden würde. Bildrechte: picture alliance/dpa | Martin Schutt

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MDR/dpa (jml)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | Thüringen Journal | 07. Dezember 2023 | 19:00 Uhr

99 Kommentare

aufdemberg vor 44 Wochen

@Hasenchef

Stellen sie deutsches Fachpersonal und oder ausbildungsfähiges zur Verfügung.
Das können Sie nicht.

Fachpersonal muß man sich selber formen und ausbilden. Also bringen wir die Zuwanderung in die Produktion.

Fakt ist, das Kinder in den Schulklassen schneller deutsch lernen, als ihre Eltern im Flüchtlingsheim.
Die bekommen oft erst in einigen Monaten einen Sprachkurs.

Wer das nicht will, muß mit dem Mangel leben. Da helfen auch keine Populisten weiter.

Thommi Tulpe vor 44 Wochen

Alles ok. Noch leben wir in der Demokratie, wo wirklich jeder seine sinnige oder unsinnige Meinung haben, diese sogar noch öffentlich äußern darf. Aber dieses gilt nun einmal auch für mich, der zum Wort "Selektion", und nichts anderes beschreiben Sie mit Ihrer Darstellung (!), ein sehr viel anderes "Verhältnis" hat als Sie.
Jetzt wird über Migration diskutiert. Die Diskussion, ob tatsächlich jeder Arbeitslose "hilfsbedürftig" ist, ist auch schon in vollem Gange. Irgendwann diskutieren wir sicher die "Hilfsbedürftigkeit" von Menschen, die ihre Miete nicht allein tragen können, Ruheständler(innen) in Grundsicherung, alleinerziehende Mütter, die Unterhaltsvorschuss und Kindergeld benötigen. Und irgendwann wird dann vielleicht diskutiert, ob sich unsere Wirtschaft durch Mindestlohn zu teure Arbeitskräfte noch leisten kann.

Anita L. vor 44 Wochen

"Fehlende Berufsabschlüsse, fehlende Sprachkenntnisse usw sind natürlich kein Problem."

Ich begegne fehlenden Sprachkenntnissen und Berufsabschlüssen aber auch nicht, indem ich Menschen separiere und ausgrenze.

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