Eine Hand an der Computertastatur
Zwischen 500 und 2.500 Kommentare gehen jeden Tag bei uns auf der Webseite, auf Facebook und Instagram ein - und wir lesen sie alle. Wie wir das machen, was das mit uns macht und wie Sie das finden, wird nun wissenschaftlich untersucht. Bildrechte: Colourbox.de

Umfrage und Gesprächsrunden Forschung zu Userkommentaren

30. Juli 2021, 10:00 Uhr

Seit dem Frühjahr läuft eine Studie, die die Kommentarbearbeitung bei MDR THÜRINGEN untersucht. Der Kommunikationswissenschaftler Martin J. Riedl von der University of Texas sucht nach Befragung und Beobachtung der Redaktion nun den Kontakt zu den Usern. Sie konnten einen Online-Fragebogen beantworten und sich für Diskussionsrunden mit ihm melden. Die Anmeldephase endete am 9. August.

Wie arbeiten Moderationsteams und Kommentarredaktionen wie bei MDR THÜRINGEN eigentlich? Wissenschaftlich gelten wir weitgehend als "Blackbox" für die Forschung, die diese Aufgabe und das journalistische Berufsprofil kennenlernen will. In einer der wahrscheinlich ersten Studien dieser Art hat sich MDR THÜRINGEN bereit erklärt, sich von einem Forscher befragen und bei der Arbeit über die Schulter schauen zu lassen.

Tag der offenen Tür im MDR LANDESFUNKHAUS THÜRINGEN in Erfurt
Wie arbeiten wir? Wie kommentieren Sie? Darum geht es in der Studie. Bildrechte: MDR/Mayte Müller

Seit dem Frühjahr führt Martin J. Riedl von der School of Journalism and Media an der University of Texas (Austin) Interviews mit dem Kommentarteam und schaut uns digital bei der Arbeit vor allem unter den Webseitenartikeln und auf Facebook zu.

Wichtige Fragen für ihn sind unter anderem, wie Berufsbild, Tätigkeitsprofil, Regel- und Qualitätsentwicklung sowie Arbeitsorganisation en detail aussehen, welche Rolle technische Randbedingungen spielen, und welche Belastungen mit der Arbeit verbunden sind. Er forscht seit mehreren Jahren zu Kommentarmoderation und hat sich unter anderem in einer Studie mit den Auswirkungen negativer Emotionen in diesem Zusammenhang beschäftigt (Abstract "The Downsides of digital labour").

Nach Fragen an uns Redakteure und Moderatoren ging die Studie Anfang August in die nächste Runde: Der Forscher wandte sich an User, die einen Online-Fragebogen beantworten und sich für Diskussionsrunden mit ihm melden konnten.

Forscher ruft zum Mitmachen auf!

Martin J. Riedl sagt: "Zusätzlich zu den Interviews im MDR THÜRINGEN möchte ich in meinem Forschungsprojekt auch User der Nachrichten- und Kommentierangebote des MDR THÜRINGEN zu Wort kommen lassen."

Die Antworten können nur von Forscherinnen und Forschern der University of Texas at Austin gesehen werden, nicht von MDR THÜRINGEN. Die Ergebnisse der Studie werden zu einem späteren Zeitpunkt in anonymisierter Form veröffentlicht.

Mann arbeitet zu Hause an einem Laptop und trinkt dabei einen Kaffee.
Wir wollen noch besser werden - Sie können helfen. Bildrechte: imago/Westend61

Intensive Diskussion übers Kommentieren

Der Artikel mit dem Aufruf löste eine intensive Diskussion der User untereinander und mit dem Kommentarteam von MDR THÜRINGEN aus: In fast 500 Kommentaren und Antworten ging es um Verfahren der Moderation, die Tücken, technische Randbedingungen und Grenzbereiche, aber auch um unterschiedliche Auffassungen der User darüber, was Komemntarmoderation leisten sollte.

Dabei hatte auch Martin Riedl Userfragen beantwortet und auf weitere Studien verwiesen. Zur einfacheren Auffindbarkeit haben wir seine Kommentare mit "Empfohlen" markiert, so dass sie mit einem Klick auf diesen Button unter dem Kommentartextfeld auf einen Blick zu sehen sind.

Quelle: MDR THÜRINGEN/csr

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 05. August 2021 | 15:50 Uhr

449 Kommentare

martinriedl am 07.08.2021

Liebe MDR User:

Auch von meiner Seite nochmals: Ich freue mich sehr über das rege Interesse und die Bereitschaft hier im Forum, sich kritisch mit Kommentaren und Kommentarmoderation auseinanderzusetzen. Falls Sie sich hier in den vergangenen Tagen im Thread geäußert haben (oder mitgelesen haben) und sich noch nicht mittels Fragebogen zur Teilnahme an einer Fokusgruppe durchgeklickt und angemeldet haben, so lade ich Sie recht herzlich ein das bis Montag zu tun. Ich freue mich sehr über Ihr Interesse und darauf, mit Ihnen zu sprechen.

Viele Grüße,
Martin Riedl

martinriedl am 02.08.2021

@martin:

Finde ich gar nicht off-topic, ist eine berechtigte Frage. Thomas Ksiazek hatte hierzu auch mal eine Studie (inzwischen auch schon mit etwas älterem Datenmaterial), findet ähnliches heraus: "controversial topics generate more comments, but also more hostility in those discussions" (https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/1461670X.2016.1209977)

Aber genau, wie Sie schon sagten, hier sind viele Faktoren im Spiel: Kommentararchitektur, wie Moderation innerhalb von Organisationen organisiert ist, welche organisationsinternen Regeln bestimmen was überhaupt zum Kommentieren freigegeben wird, Debattenkultur bei Medium xy, wohl in weiterer Folge auch Internetkultur in dem jeweiligen Land, etc. Kommentarvolumen als Indikator dessen wie kontrovers ein Thema ist lässt sich wohl letztendlich immer nur für den spezifischen Fall und im Kontext des jeweiligen Mediums interpretieren.

martinriedl am 02.08.2021

Hallo Freies Moria:

Wie oben schon geantwortet wurde - vergleichende Inhaltsanalysen von Kommentaren die veröffentlicht oder nicht veröffentlicht wurden sind zweifelsohne wertvoll - aber nicht Teil dieser Studie ob der Methoden die ich hier gewählt habe (Beobachtungen, Interviews, Fokusgruppen).

Kolleginnen aus Kansas und Austin haben dazu mal ein großes Datenset von NYT Kommentaren das auch gelöschte Kommentare beinhaltete (15% in dem Fall) analysier - und herausgefunden, dass Beschimpfungen die in Kommentaren vorkamen eher zu Löschungen des jeweiligen Kommentars führten, bzw. es auch unwahrscheinlicher machten dass dieser Kommentar als sogenannter NYT Pick hervorgehoben wurde. Hier ist der Artikel von Ashley Muddiman und Talia Stroud nachzulesen: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1111/jcom.12312

Viele Grüße!
MR

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