Europäische Zentralbank EZB erhöht ab Juli Leitzins um 0,25 Prozentpunkte

09. Juni 2022, 16:22 Uhr

Die Europäische Zentralbank will den Leitzins Ende Juli um 0,25 Prozentpunkte anheben. Zuvor sollen bis 1. Juli die Anleihekäufe der EZB eingestellt werden. Es ist die erste Zinserhöhung der Euro-Zentralbank nach elf Jahren. Grund ist die hohe Inflationsrate im Euroraum.

Die wegen der extrem hohen Inflation unter Druck stehende Europäische Zentralbank will die Zeit der Negativzinsen beenden. Die EZB kündigte am Donnerstag nach einer Ratssitzung in Amsterdam an, die Zinsen beim nächsten Treffen am 21. Juli um 0,25 Prozentpunkte anheben zu wollen. Es wäre die erste Leitzins-Erhöhung seit 2011.

Vorerst beließ die Euro-Notenbank ihre Leitzinsen jedoch auf ihrem historischen Tiefstand. Der Hauptrefinanzierungssatz, den Banken zahlen müssen, wenn sie sich Geld bei der EZB leihen, blieb vorerst weiter bei 0,0 Prozent. Der als Strafzins bekannte Satz für Einlagen von Geschäftsbanken bei der EZB wurde bei minus 0,5 Prozent belassen.

Anleihekäufe enden zum Monatsende

Denn bevor die beschlossenen Zinserhöhungen in Kraft treten können, müssen zuerst die umstrittenen Anleihekäufe der Euro-Notenbank eingestellt werden. Dies soll bis zum 1. Juli geschehen. Nach EZB-Angaben soll es nach der am 21. Juli zu beschließenden Leitzins-Erhöhung bis Jahresende 2022 weitere Zinserhöhungen geben. So rechnet die EZB mit einer weiteren Zinsanhebung im letzten Quartal. Wie stark diese ausfallen wird, ist noch offen und hängt vom mittelfristigen Inflationsausblick ab.

Grund für die unerwartet präzise Ankündigung einer Zinserhöhung ist die hohe Inflationsrate im Euroraum. Laut neuen EZB-Prognosen steigt die Inflationsrate im Jahr 2022 auf durchschnittlich 6,8 Prozent und liegt damit deutlich über dem EZB-Ziel von zwei Prozent. Preistreibend wirkten sich demnach insbesondere Energie- und Lebensmittelpreise aus. Ohne diese würde die Inflation im Jahr 2022 im Schnitt 3,3 Prozent betragen.

Scharfe Kritik von Volkswirten

Führende deutsche Volkswirte kritisierten das verzögerte Handeln der EZB. Clemens Fuest vom Ifo Institut für Wirtschaftsforschung Dresden erklärte, es sei nicht akzeptabel gewesen, dass die EZB bei einer Inflation von acht Prozent an Negativzinsen und Anleihekäufen festgehalten habe.

Der Konjunkturchef des Kieler IFW-Instituts Stefan Kooths nannte die verkündeten Zinssenkungen einen "überfälligen Anfang". Die EZB müsse dringend weitere Schritte unternehmen, um die Geldpolitik zu normalisieren, denn ihre Glaubwürdigkeit stehe auf dem Spiel. Ihr zentraler Auftrag ist die Geldwertstabilität, und der sollte sie sich jetzt ausschließlich widmen.

AFP/dpa/Reuters(dni)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 09. Juni 2022 | 15:30 Uhr

7 Kommentare

Gerd Mueller am 11.06.2022

in den 1990 bekamen wir noch 8,75% Zinsen bei der CC-Bank - lange her, damals gab es noch "Bank-Schalter", da kostete es nix wenn Bankangestellte handschriftlich im Sparbuch, Einträge machten - O.K. lange her
heute kommen wir uns wegen stetig gestiegener Kosten und Negativzinsen Abgezockt vor; eh die 0,2% - 0,25% wieder bei 8,75% sind wir ...

dimehl am 10.06.2022

Es wird vielleicht einmal ein Grundeinkommen geben, ganz sicher wird es aber nicht bedingungslos sein.
Vielleicht wird es an ein sogenanntes Sozialkreditsystem (besser "Konformitätskreditsystem") gekoppelt.
Für "Querulanten" wird es dann ganz schnell eng werden...

Anni22 am 10.06.2022

Wovon denn noch? So langsam dürfte bei vielen Deutschen auch nicht mehr viel zu holen sein. Deshalb sehe ich das mittlerweile wirklich entspannt. GB ist eh raus und Frankreich kann auch nicht.

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