Regierungskrise Italiens Ministerpräsident Draghi reicht Rücktritt ein – abgelehnt

15. Juli 2022, 07:41 Uhr

Italiens Regierungskoalition steht vor dem Aus. Die mitregierende Fünf-Sterne-Bewegung boykottierte am Donnerstag im Senat eine Vertrauensabstimmung. Anschließend erklärte Regierungschef Mario Draghi, das Bündnis sei gescheitert und reichte seinen Rücktritt ein. Doch Präsident Sergio Mattarella lehnte ab.

Der italienische Ministerpräsident Mario Draghi hat seinen Rücktritt bei Staatspräsident Sergio Mattarella eingereicht. Er reagierte damit auf die Krise seiner Mehrparteien-Koalition, ausgelöst von der Fünf-Sterne-Bewegung (M5S). Diese hatte am Donnerstag eine Vertrauensabstimmung für ein Regierungsvorhaben boykottiert. Ihre Abgeordneten blieben der Abstimmung im Senat fern – der kleineren Kammer im italienischen Zwei-Kammern-Parlament.

Präsident lehnt Rücktritt ab – Sozialdemokraten setzen weiter auf Draghi

Doch Staatspräsident Mattarella lehnte das Rücktrittsgesuch ab. Er forderte Draghi zu einer Erklärung vor dem Parlament auf.

Italiens Sozialdemokraten hoffen auf die Fortsetzung der Koalition unter Draghi. Man arbeite jetzt dafür, in der Abgeordnetenkammer eine Mehrheit wiederherzustellen, hieß es aus Kreisen der Regierungspartei am Donnerstagabend. Ähnlich äußerte sich Ex-Ministerpräsident Matteo Renzi von der Splitterpartei Italia Viva. Das Land könne sich keine langwierige Regierungskrise leisten. Die Regierung müsse die Arbeit am Corona-Wiederaufbauplan, dem Haushaltsgesetz und zu Maßnahmen infolge des Ukraine-Kriegs fortsetzen.  

Dagegen forderte die rechtsextreme Oppositionspolitikerin Giorgia Meloni Neuwahlen: "Wenn ein Unwetter aufzieht, muss man die Bürger fragen, wer der Kapitän des Schiffes sein soll", sagte die Chefin der Fratelli d'Italia. Präsident Mattarella müsse das Parlament auflösen.

Streit um Hilfspaket und Mindestlohn

Der Senat beschloss ohne die Fünf-Sterne-Abgeordneten mit 172 Stimmen einen Erlass zu Milliardenhilfen für Familien und Unternehmen. 39 Abgeordnete stimmten dagegen. Die Fünf Sterne fordern aber mehr Geld und pochen zudem auf Einführung eines Mindestlohns.

Draghi hatte zuvor gewarnt, dass er die im Februar 2021 zur Bewältigung der Corona-Krise und ihrer wirtschaftlichen Folgen gebildete Einheitsregierung ohne Unterstützung der Fünf-Sterne-Bewegung nicht weiter führen würde.

AFP,Reuters(ans)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 14. Juli 2022 | 20:00 Uhr

2 Kommentare

Maria A. am 16.07.2022

Dieser Draghi hat doch nicht aus einer Laune heraus seinen Rücktritt erklärt. Zudem ist er keine Heilsgestalt, obwohl ihn unsere Medien stets wohlwollend beleuchten, sondern bei einem großen Teil der Bevölkerung umstritten. Manche Kritik an seinem Führungsstil oder etlichen seiner Entscheidungen mit "finanzieller Tragweite" gab es übrigens schon länger von Politikern anderer EU-Staaten. Wenn dies von seinen Unterstützern auch als Ansichtssache dementiert werden kann, so bleibt unbestritten, dass Draghi sich selbst bestversorgt hat in seiner Funktion.

Taf73 am 15.07.2022

Natürlich kann der Staatspräsident Draghi nicht entlassen, wie sieht das denn auch aus, wenn er denjenigen, den er verfassungswidrig einsetzte, plötzlich entlassen müsste. Liebes MDR-Team, zur Information der italienischen Staatskrise gehört meiner Meinung nach auch, dass die Fünf-Sterne-Bewegung und große Teile der Bevölkerung Waffenlieferungen in die Ukraine kategorisch ablehnen und es auch deshalb Streit innerhalb der Regierung gibt und gab.

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