Den Haag Niederländische Regierung tritt im Streit um Asylpolitik zurück

08. Juli 2023, 08:20 Uhr

Die Niederlande stehen vor Neuwahlen. Ministerpräsident Mark Rutte reichte seinen Rücktritt ein. Vorausgegangen war ein Streit in seinem Vier-Parteien-Bündnis um die Asylpolitik, Rutte wollte Vorschriften verschärfen.

In den Niederlanden ist die Regierungskoalition am Streit um die Asylpolitik zerbrochen. Ministerpräsident Mark Rutte sagte, die Differenzen innerhalb des Vier-Parteien-Bündnisses seien "unversöhnlich". In der Nacht bestätigte die Regierung, dass Rutte seinen Rücktritt bei König Willem-Alexander eingereicht habe und den Monarchen am Sonnabend treffen werde.

Medienberichten zufolge waren die Spannungen innerhalb der Regierungskoalition eskaliert, nachdem Ruttes konservative VVD strengere Regeln für Asylbewerber gefordert hatte. Unter anderem wollte Rutte demnach die Familienzusammenführung von Flüchtlingen erschweren. Zwei der Koalitionspartner lehnten das ab. Vize-Regierungschefin Carola Schouten von der ChristenUnie sagte, es sei ein "zentraler Wert" für ihre Partei, dass "Kinder mit ihren Eltern aufwachsen". Auch die Mitte-Links-Partei D66 von Finanzministerin Sigrid Kaag lehnte die Forderung Ruttes ab.

Zahl der Asylanträge gestiegen - Aufnahmezentren überfüllt

Die Zahl der Asylanträge in den Niederlanden ist im vergangenen Jahr stark angestiegen. Mit 47.000 erreichte sie fast das Niveau von 2015, als 60.000 registriert worden waren. Beobachtern zufolge ist die Asylkrise aber auch hausgemacht. Um zu sparen, hatte die Regierung Personal und Plätze in Aufnahmezentren gestrichen. Die Wartezeit für die Bearbeitung von Asylanträgen wurde immer länger. Zusätzlich sorgt die allgemeine Misere auf dem Wohnungsmarkt dafür, dass kaum Plätze in den Wohnheimen frei werden. Im vergangenen Jahr kam es zu einem Skandal, als in einem überfüllten Asylzentrum ein Baby starb und hunderte Menschen im Freien schlafen mussten.

Hitziger Wahlkampf im Herbst erwartet

Nach Angaben der niederländischen Wahlbehörde können Neuwahlen frühestens Mitte November stattfinden. Rutte kündigte an, er wolle bis dahin geschäftsführend im Amt bleiben. Er habe auch weiterhin die "Energie", um bei Neuwahlen als Spitzenkandidat seiner VVD zu kandidieren, müsse darüber aber zunächst "nachdenken".

Erwartet wird ein hitziger Wahlkampf. Die erst vor vier Jahren gegründete Bauern-Bürger-Bewegung (BBB) will nach einem deutlichen Wahlerfolg bei den Provinzwahlen im März auch bei den nationalen Parlamentswahlen hinzugewinnen. Die rechtspopulistische Partei, die infolge der Proteste gegen die von der EU unterstützten Klimaschutzpläne erstarkte, wirbt auch um enttäuschte Wähler der konservativen Regierungsparteien.

AFP/DPA/Reuters(dko)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 08. Juli 2023 | 06:00 Uhr

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