CNC-Maschinen Maschinen von deutscher Firma offenbar weiter in Russland gehandelt
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27. Juni 2024, 08:00 Uhr
CNC-Maschinen sind bedeutend für die russische Rüstungsindustrie. Ein deutsch-japanisches Unternehmen hatte seine Produktion in Russland offiziell beendet. Doch mit Maschinen des Unternehmens wurde wohl weiter gehandelt.
- Die deutsch-japanische Firma DMG Mori hat seine Produktion in Russland offiziell beendet.
- Doch Maschinen des Unternehmens wurden wohl weiter gehandelt.
- Das Unternehmen fordert nun Geld von der Bundesregierung, weil der russische Staat das Werk der Firma in Russland übernommen hat.
Der deutsch-japanische Werkzeughersteller DMG Mori ist in seiner Branche ein Riese. Tausende Mitarbeiter hat das Unternehmen weltweit und es generiert einen Milliardenumsatz. Und die hochmodernen Maschinen der Firma mit Sitz unter anderem in Bielefeld sind weltweit begehrt – das gilt auch für Russland, das seit dem Krieg gegen die Ukraine mit den Folgen der Sanktionen zu kämpfen hat. Unter anderem die Rüstungsindustrie ist auf CNC-Maschinen – also sehr genaue, computergesteuerte Werkzeugmaschinen – wie die von DMG Mori angewiesen.
Das hat Folgen. Denn obwohl DMG Mori noch im Frühjahr 2022 nach eigenen Angaben "sämtliche Geschäftsaktivitäten" in Russland eingestellt hatte, wurde mit Maschinen der Firma offenbar nach bis vor wenigen Monaten weiter gehandelt, das haben Recherchen von russischen Investigativjournalisten des Onlinemediums "Agenstvo" ergeben.
Noch im Januar dieses Jahres wurde eine sogenannte Konformitätserklärung für CNC-Maschinen der Firma DMG Mori ausgestellt. Das Dokument liegt dem MDR vor. Ausgestellt wurde das Dokument vom russischen Unternehmen Finval Energo, ein Anbieter von Industrieausrüstung. Als Hersteller der Maschinen wird der Standort von DMG Mori in der zentralrussischen Stadt Ulyanovsk angegeben. Eine Konformitätserklärung ist eine verpflichtende Erklärung über Auskunft, Herstellung und bestimmte technische Details eines Produkts oder einer Maschine. Eine Anfrage des MDR an DMG Mori zu dem Dokument und der Situation des Unternehmens in Russland wurde nicht beantwortet.
Ob die Maschinen tatsächlich verkauft wurden, geht aus dem Dokument nicht hervor. Nach Recherchen von "Agenstvo" geht die Erklärung auf einen Vertrag zurück, den Finval im November 2023 mit der Ulyanovsker Werkzeugmaschinenfabrik, also dem Produktionssitz von DMG Mori, abgeschlossen hatte.
DMG Mori: Russische Mitarbeiter handelten eigenmächtig
DMG Mori hatte im Herbst 2023 betont, dass "russische Mitarbeiter von DMG MORI eigenmächtig mehrere in Russland gebaute Maschinen im Inland an russische Kunden verkauft haben." Man habe drei Unternehmen identifiziert, die fast alle 122 in Russland hergestellten Maschinen gekauft und an russische Kunden weiterverkauft hätten, hieß es damals in einer Pressemitteilung. Man verurteile diese "Russland-internen Verkäufe, die ohne jegliche Anweisung oder Wissen des bevollmächtigten DMG Mori Managements getätigt worden sind".
Die Werkzeugfirma verschickte die Pressemitteilung nach einer Berichterstattung von "Agenstvo" und der "Zeit". Damals wurde berichtet, dass das russische Tochterunternehmen von DMG Mori auch nach dem offiziellen Rückzug des Konzerns aus Russland Umsatz generierte – und Maschinen des Konzerns wohl weiterhin bei russischen Rüstungsunternehmen landeten.
Nach Recherchen von "Agenstvo" wurden in den Jahren 2022 und 2023 zudem weitere Konformitätserklärungen für DMG-Mori-Maschinen ausgestellt. Die Produktion in der Fabrik in Ulyanovsk soll demnach weitergegangen sein. Die benötigten Ersatzteile wurden laut "Agenstvo" über ein Firmennetzwerk nach Russland eingeführt. Einige Teile wurden demnach von einer deutschen Firma in die Türkei exportiert – und von dort offenbar über eine weitere Firma nach Russland geschickt. Das zeigen Zolldaten, die der MDR einsehen konnte.
Werk unter staatliche Kontrolle gestellt
Inzwischen hat sich die Lage erneut geändert. Kurz nachdem im Januar dieses Jahres die Konformitätserklärung für die CNC-Maschinen ausgestellt wurde, wurde das Werk in der russischen Stadt Ulyanovsk unter staatliche russische Kontrolle gestellt. Im Geschäftsbericht von DMG Mori – der Anfang 2024 veröffentlicht wurde – heißt es in Bezug auf die russische Tochtergesellschaft, das Unternehmen habe "die Möglichkeit der Beherrschung der Gesellschaft" verloren. Man betreibe eine Entschädigung durch die Bundesrepublik. Möglich ist das, weil die Bundesrepublik eine Investitionsgarantie für die Auslandsinvestition – also die Errichtung des Werks – abgegeben hatte.
Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums bestätigte dem MDR die Absicherung der Auslandsinvestition von DMG Mori. Grundsätzlich stehe "der Bund als Garantiegeber stets im Austausch mit Garantienehmern". Die Höhe der Absicherung sei aber ein Geschäftsgeheimnis.
Russland: CNC-Maschinen bedeutend für Militärproduktion
Wie bedeutend CNC-Maschinen für die russische Industrie sind, macht ein Bericht der pro-ukrainischen Organisation "B4Ukraine" deutlich. In einem Bericht von Februar 2024 nennt die Organisation CNC-Maschinen "das Rückgrat der russischen Militärproduktion und eine Möglichkeit, den Aggressor zu stoppen". Der höchste Anteil gelieferter CNC-Maschinen in Russland sind laut dem Bericht Maschinen deutscher Hersteller, die über Umwege ins Land exportiert würden. Wichtig seien vor allem Maschinen von Siemens, aber auch DMG Mori steht auf der Liste.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 27. Juni 2024 | 13:30 Uhr