Sorge vor Bürgerkrieg Tote bei schweren Kämpfen zwischen Armee und Miliz im Sudan
Hauptinhalt
16. April 2023, 19:38 Uhr
Bei schweren Kämpfen zwischen der Armee und einer Miliz im Sudan sind dutzende Zivilisten getötet und hunderte verletzt worden. Hintergrund ist ein Machkampf zwischen dem Präsidenten des Militärrats und seinem Stellvertreter.
Im Sudan sind bei andauernden schweren Kämpfen zwischen der Armee und der paramilitärischen Miliz RSF (Rapid Support Forces) nach Angaben sudanesischer Ärzte mehr als 50 Zivilisten getötet und etwa 600 verletzt worden. Auch auf Seiten der Armee gebe es Dutzende Tote, hieß es. Panzer, Kampfflugzeuge und Artillerie waren Medienberichten zufolge in dicht besiedelten Stadtteilen der Hauptstadt Khartum im Einsatz.
Nach dem Tod von drei Mitarbeitern des Welternährungsprogramms der UN stellte die Organisation vorübergehend die Arbeit ein. Die Ereignisse lösten weltweit Sorge vor einem schweren Bürgerkrieg in dem nordafrikanischen Staat mit rund 46 Millionen Einwohnern aus.
Machtkampf zwischen Spitzenmilitärs
Hintergrund der Gewalt ist ein Machtkampf zwischen dem Präsidenten des herrschenden Militärrates, General Abdel Fattah al-Burhan, und seinem Stellvertreter General Mohammed Hamdan Daglo. Die Armee steht unter der Kontrolle von Al-Burhan, während die RSF-Spezialkräfte von Daglo befehligt werden. Beide Generale weisen sich gegenseitig die Schuld am Ausbruch der Kämpfe zu.
Im Zentrum des Streits steht die geplante Eingliederung der RSF in die reguläre Armee. Der Schritt galt als zentraler Teil des Vorhabens, die Macht im Sudan wieder an eine zivile Regierung zu übertragen. Am Dienstag war eine entsprechende Frist verstrichen.
Unübersichtliche Lage im Land
Bis Sonntagnachmittag blieb unklar, welche Seite aktuell die Oberhand im Sudan hat. Die Zeitung Sudan Tribune berichtete, dass die Armee sieben Stützpunkte der RSF eingenommen habe. Ein RSF-Vertreter hingegen erklärte dem Fernsehsender Al-Jazeera, dass ein Großteil der Hauptstadt Khartum unter Kontrolle der Miliz sei.
Medienberichten zufolge tobten am Sonntag Gefechte rund um das Generalkommando der sudanesischen Armee in Khartum. Die RSF hatte am Samstagabend die Einnahme des Generalkommandos, des Präsidentenpalastes, des Flughafens sowie weiterer wichtiger Einrichtungen in der Hauptstadt verkündet. Die Armee wies dies zurück. Die Luftwaffe forderte die Bewohner der Hauptstadt am Sonntag auf, in ihren Häusern zu bleiben. Zeitgleich setzte sie die Luftangriffe auf RSF-Stellungen fort.
UN-Generalsekretär fordert Ende der Gewalt
UN-Generalsekretär António Guterres forderte ein sofortiges Ende der Gewalt und einen Dialog. Die Arabische Liga setzte eine Dringlichkeitssitzung an. In einer gemeinsamen Erklärung forderten Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und die USA ein Ende der militärischen Eskalation.
Ähnliche Appelle kamen von der EU, Großbritannien, der Afrikanischen Union sowie aus China und Russland. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zeigte sich "entsetzt" angesichts der "vielen Opfer".
Wer kämpft gegen wen im Sudan? Der frühere Generalinspekteur der sudanesischen Streitkräfte General Abdel Fattah al-Burhan ist seit einem Militärputsch im Oktober 2021 das de facto Staatsoberhaupt im Sudan. Er setzte die Regierung ab, die nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Omar al-Baschir 2019 den Übergang zu demokratischen Wahlen leiten sollte. Die gegen ihn und die Armee kämpfende RSF-Miliz unter dem Kommando von General Mohammed Hamdan Daglo ist aus der Dschandschawid-Miliz hervorgegangen, die in der südsudanesischen Region Darfur Gräueltaten an der Zivilbevölkerung begangen hatte.
MDR/AFP/epd/dpa (dni)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 16. April 2023 | 16:00 Uhr