Verpackungsmüll Bis 2030 sollen deutlich mehr Verpackungen in der EU recycelbar sein
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05. März 2024, 10:44 Uhr
In der EU sollen Verpackungen künftig weniger, kleiner, wiederverwendbar und recycelbar sein. Darauf haben sich Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Länder verständigt. So sollen etwa ab 2030 in Hotels und Restaurants kleine Zucker- und Salz-Portionen nicht mehr einzeln in Plastik verpackt werden dürfen. Ziel ist es, den Verpackungsmüll in der EU bis 2040 schrittweise um mindestens 15 Prozent im Vergleich zu 2018 zu reduzieren. Die Mitgliedstaaten müssen noch zustimmen.
- Ziel bis 2040: 15 Prozent weniger Verpackungen im Müll
- Verpackungen ab 2030 grundsätzlich recycelbar
- Durchschnittlich rund 190 Kilogramm Verpackungsmüll pro Person
- Reaktionen überwiegend positiv
Im Kampf gegen den Verpackungsmüll sollen in der EU künftig deutlich mehr Verpackungen recycelbar sein. Die Unterhändler von Europaparlament und Mitgliedstaaten einigten sich am Montagabend auf ein Gesetz. Ziel der Reform einer bestehenden Richtlinie sei es, weniger Müll zu produzieren, Verpackungen sicherer und nachhaltiger zu machen. Die Mitgliedstaaten müssen die neuen Regeln allerdings noch absegnen.
15 Prozent weniger Verpackungsmüll bis 2040
In der EU sollen bis 2040 mindestens 15 Prozent weniger Verpackungen im Vergleich zu 2018 auf dem Müll landen. Bis 2030 sollen es 5 Prozent weniger sein, 10 Prozent bis 2035. Der Kompromiss sieht ab 2030 neben den Vorschriften für die Gastronomie unter anderem ein Verbot von Plastikfolien für Koffer in Flughäfen und von leichten Plastiktüten in Supermärkten vor. Verpackungen aus Papier und anderen Materialien bleiben hingegen weitestgehend erlaubt. Lebensmittelverpackungen dürfen der Einigung zufolge künftig keine sogenannten ewigen Chemikalien PFAS mehr enthalten, die besonders langlebig sind und als gesundheitsschädlich gelten. Die Verhandlungsführerin des Parlaments, Frédérique Ries, sprach von einem "großen Sieg für die Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher".
Die Mitgliedsländer sollen Pfandsysteme für Einweg-Plastikflaschen und Getränkedosen einrichten. Ziel ist, dass 90 Prozent dieser Getränkeverpackungen getrennt gesammelt werden. Länder, die bereits erfolgreich sammeln, sollen von der neuen Vorschrift ausgenommen sein. Bis 2030 sollen zudem mindestens 10 Prozent aller alkoholischen und alkoholfreien Getränke in wiederverwendbare Verpackungen abgefüllt sein. Laut den Ländern sollen aber Wein, Milch und anderen leicht verderblichen Getränke von der Regel ausgenommen sein.
Verpflichtende Mehrweg-Quoten
Die Verpackungsindustrie soll zudem künftig verpflichtende Mehrweg-Quoten einhalten. Im Getränkesektor können sich dem Kompromiss zufolge jedoch bis zu fünf Unternehmen zusammenschließen, um die Ziele gemeinsam zu erfüllen. Gastronomen sollen dazu verpflichtet werden, von den Verbrauchern mitgebrachter Behälter für die Mitnahme von Speisen zu akzeptieren. Außerdem sollen sie den Angaben nach bis zum Ende des Jahrzehnts 10 Prozent ihrer Produkte in wiederverwendbaren Verpackungen anbieten. Die EU-Länder sollen weiterhin Anreize für etwa Restaurants, Kantinen, Bars und Cafés schaffen, Leitungswasser kostenlos oder zu einem geringen Preis anzubieten.
Hersteller und Importeure sollen künftig in der Pflicht sein, dafür zu sorgen, dass Gewicht und Volumen der Verpackungen minimiert werden – außer bei bereits bestehenden geschützten Verpackungsdesigns. Die Herstellung von Verpackungen und die Bewirtschaftung von Verpackungsabfällen mit einem Gesamtumsatz von 370 Milliarden Euro sei ein wirtschaftlich wichtiger Sektor in der EU, hieß es von den Ländern.
Verpackungen ab 2030 grundsätzlich recycelbar
Die Bundesregierung hatte sich in Brüssel für eine solche Regelung eingesetzt. Umweltministerin Steffi Lemke hatte erklärt, dies werde "vielen Unternehmen den Übergang erleichtern". Die deutsche Getränkeindustrie hatte zuvor gewarnt, die neuen EU-Auflagen könnten das deutsche Mehrwegsystem bedrohen.
Verpackungen sollen ab 2030 grundsätzlich recycelbar sein. Das hatte in Frankreich für Ärger gesorgt, weil die neuen Vorschriften auch die traditionelle Holzschachtel um den Camembert-Käse betroffen hätten. Auf Drängen mehrerer französischer Europaabgeordneter sieht das Gesetz für Verpackungen aus Holz, Wachs, Keramik und Gummi nun eine Ausnahme vor. Außerdem sind medizinische Produkte von der Recycling-Pflicht ausgenommen. Bestellungen aus dem Internet sollen künftig nur noch in Behältern geliefert werden, die mindestens zur Hälfte gefüllt sind. Der sogenannte Leerraumanteil darf maximal 50 Prozent betragen, hieß es von den Ländern. Nach Parlamentsangaben sind sehr leichte Plastiktüten künftig nicht mehr erlaubt – es sei denn, sie seien aus hygienischen Gründen erforderlich oder würden für lose Lebensmittel verwendet, um Lebensmittelverschwendung zu vermeiden.
Rund 190 Kilogramm Verpackungsmüll pro Person
Nach den jüngsten Zahlen der EU-Statistikbehörde Eurostat gab es im Jahr 2021 in der EU 188,7 Kilogramm Verpackungsmüll pro Einwohner. Die Zahlen gehen innerhalb der EU weit auseinander. Während in Kroatien rund 74 Kilogramm Verpackungsmüll pro Kopf zu verzeichnen waren, waren es in Irland rund 246 Kilogramm. In Deutschland waren es den Daten zufolge rund 237 Kilogramm. Ohne zusätzliche Maßnahmen könnte die durchschnittliche Pro-Kopf-Zahl Experten zufolge bis 2030 auf mehr als 200 Kilogramm steigen, hieß es.
Grundlage der Verhandlungen war ein Gesetzesvorschlag der EU-Kommission aus dem Jahr 2022. Der Einigung vom Montagabend müssen das Europaparlament und der Rat der EU-Staaten noch zustimmen, was als Formalie gilt. Sie sollen dann 18 Monate nach ihrem Inkrafttreten gelten. Die Zustimmung der Mitgliedsländer wackelt jedoch. Italiens Regierung ist gegen das Gesetz, und in der deutschen Bundesregierung gibt es bislang keine gemeinsame Position zu den neuen Regeln. Bei einer Enthaltung Deutschlands wäre eine Mehrheit nicht mehr sicher.
Reaktionen überwiegend positiv
Der Verband kommunaler Unternehmen äußerte sich positiv. Der historische Höchststand bei Verpackungsabfällen könne nur durch eine stringente Abfallvermeidung und der Förderung von Wiederverwendung und Recycling verringert werden, sagte Vizepräsident Patrick Hasenkamp.
Die SPD-Europaabgeordnete Delara Burkhardt nannte die Entscheidung einen wichtigen "Schritt hin zu einer nachhaltigeren Zukunft für Europa". Die Reform bedeute mehr Umweltschutz, weniger Müll und stärkere Rechte für Verbraucherinnen und Verbraucher.
Der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese sprach von einer "Zeitenwende in der EU-Politik" und betonte, dass Recycling und Wiederverwendung in der Einigung gleich behandelt werden. Mehrweg müsse nicht automatisch das Beste für die Umwelt sein.
Kritik kommt indes vom Wirtschaftsrat der CDU. Die neuen Regeln bei Verpackungen werde Unternehmen vor kaum lösbare Probleme stellen, sagte der Generalsekretär des Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger. Auch für Verbraucher werde die gegenwärtige Verordnung "unerfreuliche Folgen" haben. Die steigenden Preise für Umverpackungen würden an den Supermarktkassen deutlich zu spüren sein, sagte Steiger.
AFP, dpa, Reuters (das)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 05. März 2024 | 06:00 Uhr
AlexLeipzig vor 40 Wochen
15 Prozent weniger Verpackungsmüll bis 2040 - das finde ich ganz und gar nicht ambitioniert, sondern in Anbetracht der Müllberge absolut unzureichend.
kleinerfrontkaempfer vor 40 Wochen
Gabs da nicht mal den grünen/ gelben/blauen Punkt/Engel usw.???
zahlt der Bürger eigentlich noch heute dafür?
Bei all dem Kladderadatsch und bürokratischem Unfug nimmt das doch keiner mehr ernst.
Phoenixada vor 40 Wochen
Bestimmt gibt es dann auf alle Verpackungen Pfand, welche im Supermarkt zurückgegeben werden!🙄