Alarmierende Studie aus Halle Pflanzenschutzmittel greifen Darmflora der Bienen an

25. Oktober 2022, 14:13 Uhr

Die in Deutschland zugelassenen Pestizide Flupyradifuron und Sulfoxaflor greifen die Darmflora von Honigbienen an und erhöhen deren Sterblichkeit. Das geht aus einer Laborstudie der Universität und des Helmholtz-Zentrums in Halle hervor. Besonders verheerend wirken die Pflanzenschutzmittel demnach in Kombination mit dem Pilzbekämpfungsmittel Azoxystrobin.

Insektenmittel auf der Basis der in Deutschland zugelassenen Insektizide Flupyradifuron und Sulfoxaflor können verheerende Folgen für die Gesundheit von Honigbienen haben. Vor allem in Kombination mit dem hierzulande gängigen Fungizid Azoxystrobin, das Pflanzen vor Pilzen schützen soll, schädigen die beiden Substanzen die Darmflora der Bienen. Das geht aus einer Studie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung Halle hervor, die im Fachjournal "Science of the Total Environment" veröffentlicht wurde.

Demnach machen die Insektenmittel Flupyradifuron und Sulfoxaflor Bienen anfälliger für Krankheiten und lassen sie auch früher sterben. Die beiden Substanzen galten bei ihrer Zulassung 2015 bzw. 2013 als unschädlich für Bienen und Hummeln. Mittlerweile ist ihr Einsatz nur noch in Gewächshäusern zugelassen. Azoxystrobin ist seit mehreren Jahrzehnten deutschlandweit gegen schädliche Pflanzenpilze im Einsatz.

Sterblichkeit im Laborversuch deutlich erhöht

Für die Studie wurden Honigbienen frei von äußeren Einflüssen im Labor gezüchtet. In den ersten Tagen erhielten alle Bienen Zuckersirup als Nahrung. Später wurden sie in Gruppen eingeteilt, wobei die Nahrung einer Gruppe mit Flupyradifuron und die einer anderen mit Sulfoxaflor versetzt wurde. Die Konzentrationen wurden dabei stets deutlich unter den gesetzlichen Vorgaben gehalten. Bei zwei weiteren Bienengruppen wurde die Nahrung außer mit Flupyradifuron bzw. Sulfoxaflor zusätzlich mit Azoxystrobin versetzt. Eine Kontrollgruppe erhielt weiterhin den normalen Zuckersirup ohne Pestizide.

Zehn Tage wurden die Bienen anschließend im Labor beobachtet. Dabei zeigte sich, dass die beiden Pestizide Flupyradifuron und Sulfoxaflor keineswegs unschädlich sind: War die Nahrung mit Flupyradifuron versetzt, starb etwa die Hälfte aller Bienen während des Untersuchungszeitraums. In Kombination mit dem Fungizid Azoxystrobin war die Sterbequote sogar noch höher. Für das Mittel Sulfoxaflor gab es ähnliche Effekte, es überlebten jedoch etwas mehr Insekten.

Natürliche Darmflora schwer geschädigt

Bei der Analyse der Darmflora der Bienen stellten die Forscher fest, dass das Fungizid Azoxystrobin erwartbarerweise die natürlichen Pilzkulturen im Verdauungstrakt der Insekten deutlich reduzierte. Nach zehn Tagen unterschied sich die Zusammensetzung der Darmflora aus Pilzen und Bakterien bereits sehr stark von jener der Kontrollgruppe. Besorgniserregend war den Forschern zufolge, dass sich das Bakterium Serratia marcescens besonders gut im Verdauungstrakt der behandelten Tiere ausbreiten konnte.

"Diese Bakterien sind krankheitserregend und können die Bienengesundheit schädigen. Sie können dazu führen, dass es den Tieren schwerer fällt, Infektionen abzuwehren, und so zum vorzeitigen Tod führen", erklärte der Biologe Dr. Yahya Al Naggar, der das Projekt an der Uni Halle-Wittenberg leitete.

Darmflora in Risikobewertung aufnehmen

Weil die Studie im Labor durchgeführt wurde, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen, ob die Ergebnisse in der Natur ähnlich ausgefallen wären. "Es könnte sein, dass die Effekte noch dramatischer auftreten würden – oder dass es den Bienen gelingt, die negativen Folgen ganz oder zumindest teilweise zu kompensieren", sagte Dr. Tesfaye Wubet vom Helmholtz-Zentrum. Die Wissenschaftler fordern deshalb, vor der Zulassung neuer Pestizide die Folgen für Nutzinsekten wie Bienen genauer zu untersuchen und auch die Folgen für deren Darmflora in die Risikobewertung aufzunehmen.

(dn)

Wissen

gernelernen 07 GBS 65 min
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Eine Biene an der Blüte einer Blume. 2 min
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1 Kommentar

geradeaus am 25.10.2022

Hab mir gerade bevor ich diesen Bericht las den über unseren ökologischen Fussabdruck durchgelesen. Es hängt so vieles miteinander zusammen. Ich dachte früher immer die Menschheit muss sich Sorgen vor Asteroiden machen. Jedoch sind es wir selbst. Wir sind unsere eigene Bedrohung und das ist nichtmal unlogisch.

Ich will uns jetzt nicht als von Natur aus böse darstellen. Ein erhöhter Lebensstandard kostet Ressourcen. Technologischer Fortschritt usw.

Und meiner Meinung nach geht das jeder intelligenten Spezies in diesem Universum so. Egal auf welchem Planeten oder in welcher Galaxie die leben.
Schlussendlich machen alle dasselbe durch. Nachdem ein technischer Fortschritt begonnen hat dauert es sehr lange bis eine Zivilisation in vollkommener Harmonie mit ihrer Umwelt existieren kann. Große Chemiewerke usw. Die Technik ist anfangs das Übel, jedoch im Endeffekt auch die Lösung.

Saubere 3nergiegewinnung. Nur um dahin zu kommen ...