Ein Mathelehrer erklärt Formeln im Klassenzimmer.
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Wissen-News Worte schlagen Erfahrung: Wie wir unsere Überzeugungen bilden

04. Juni 2024, 15:33 Uhr

Wissenschaftliche und religiöse Überzeugungen beruhen weniger auf Erfahrungen, als vielmehr auf den Worten anderer. Zu dieser Erkenntnis ist eine Studie aus Hongkong gekommen.

Ein internationales Forschendenteam unter Leitung der Hong Kong University of Science and Technology (HKUST) hat in einem Projekt herausgefunden, dass der Glaube der Menschen an Wissenschaft oder Gott durch die Erzählungen anderer hervorgerufen wird und nicht durch persönliche Erfahrungen. Diese Erkenntnis könnte dazu beitragen, die Überzeugungen bei wissenschaftlichen Themen wie dem Klimawandel oder das Impfverhalten zu beeinflussen.

Gemeinschaft beeinflusst Überzeugungen beispielsweise beim Thema Klimawandel

Das Team unter der Leitung der Sozialwissenschaftlerin Mary Shaocong stellte fest, dass Meinungsbildung und Überzeugungen besonders durch Experten oder eine große Gruppe beeinflusst werden. Viren beispielsweise könne der Mensch nicht sehen, sondern verlasse sich auf die Informationen von Wissenschaftlern, die eine Krankheit in Verbindung mit dem Erreger bringen. "Selbst wenn es so aussieht, als würden wir etwas direkt erleben, ist unser Verständnis oft stark von dem beeinflusst, was uns von Experten oder unserer Gemeinschaft erzählt wurde", sagt Shaocong. "Dies zu erkennen kann helfen, den effektivsten Weg zu finden, um der Öffentlichkeit wissenschaftliche Informationen zu vermitteln."

Ein Reporter steht in kniehohem Wasser und spricht in ein Mikrofon. Eine Person mit Kamera filmt ihn. 6 min
Medien berichten zu selten lösungsorientiert über die Klimakrise, beklagt Medienpsychologin Maren Urner. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | dpa

Dies gelinge besonders gut, wenn man den Konsens und die Glaubwürdigkeit wissenschaftlicher Belege etwa bei kontroversen Themen herausstelle. "Diese Erkenntnis ist entscheidend für die Bekämpfung von Fehlinformationen und die Verbesserung des öffentlichen Verständnisses und der Unterstützung für wissenschaftliche Themen wie dem Klimawandel und Impfungen", so Shaocong. Die Studie zeige, dass die Menschen nicht deshalb an diese Phänomene glauben, weil sie sie gesehen haben, sondern weil sie den Quellen vertrauen, die davon berichten.

jar/pm

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 25. Mai 2024 | 18:47 Uhr

4 Kommentare

MDR-Team vor 7 Wochen

Hallo part,

ein gesundes Maß an Misstrauen und die Bereitschaft zur Gegenrecherche sind essenziell, um sich eine fundierte Meinung zu bilden. Es ist wichtig, nicht alles ungeprüft zu glauben, was uns täglich präsentiert wird.

Das Hinterfragen der Motive und Hintergründe von Informationen hilft, mögliche Verzerrungen oder Interessen zu erkennen, die die Darstellung beeinflussen könnten. Dies trägt zur Bildung eines ausgewogenen und informierten Standpunkts bei.

Vertrauen ist wichtig, sollte aber stets durch eine gewisse Kontrolle und Überprüfung ergänzt werden. Dies gilt sowohl für persönliche Beziehungen als auch für den Umgang mit Informationen aus den Medien und anderen Quellen.

Aber wir hier bei MDR WISSEN recherchieren und schreiben immer journalistisch sauber und mit vielen Überprüfungen und Recherchen. :)

- Das MDR WISSEN Team

MDR-Team vor 7 Wochen

Hallo AlexLeipzig,

Menschen neigen dazu, Informationen von Quellen zu glauben, denen sie vertrauen. Dieses Vertrauen kann auf verschiedenen Faktoren beruhen, wie z.B. der Glaubwürdigkeit der Quelle, der Häufigkeit der Information und der Übereinstimmung der Information mit den eigenen Überzeugungen.

Falschinformationen können sich hartnäckig halten, insbesondere wenn sie regelmäßig wiederholt und von vertrauenswürdigen Quellen innerhalb einer Gruppe verbreitet werden.

Ein weiteres Problem ist die Bestätigungstendenz, bei der Menschen dazu neigen, Informationen zu suchen, auszuwählen und zu interpretieren, die ihre bestehenden Überzeugungen bestätigen. Dies verstärkt die Wirkung von Falschinformationen innerhalb einer Gruppe.

Um Falschinformationen zu bekämpfen, ist es wichtig, die Bildung und Medienkompetenz der Menschen zu stärken.

Ansonsten sind wir offen für den Diskurs hier in den Kommentaren.

- Das MDR WISSEN Team

part vor 7 Wochen

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser oder besser ein gesundes Misstrauen gegenüber dem, was uns täglich eingetrichtert werden soll. Gegenrecherche und die Frage nach den Motiven und Hintergründen hat schon immer geholfen, jeden heiligen Geist als Irrtum heraus zu stellen. Unwahrheiten, die oft genug wiederholt werden, werden deshalb nicht wahrer, sondern der Sender dafür unglaubwürdiger.