Vor einem grünem Hintergrund, wird mit Hilfe einer Impfspritze eine Impfdosis mit dem mRNA-Impfstoff Comirnaty, BNT162b2, Biontech / Pfizer aus einer Ampulle gezogen
In Israel wird fast auschließlich der Impfstoff Comirnaty von Pfizer-Biontech verimpft. Bildrechte: imago images/Fotostand

Covid-19 Studie: Infektionsschutz der Biontech-Zweitimpfung nimmt schon nach drei Monaten ab

25. November 2021, 16:12 Uhr

Eine neue Studie aus Israel lässt den Schluss zu, dass es sinnvoll sein könnte, die Booster-Impfung früher als sechs Monate nach der Biontech-Zweitdosis zu verabreichen. Zumindest wenn das Ansteckungsrisiko von Geimpften gesenkt werden soll.

Wenn es um den Impfstoff von Pfizer-Biontech geht, ist Israel das perfekte Land, um wissenschaftliche Studien zu betreiben. Es war eines der ersten Länder mit einer flächendeckenden Impfkampagne, und es nutzte fast ausschließlich diesen einen Hersteller dafür. Als entsprechend aussagekräftig werden israelische Studien zu diesem Thema angesehen. Eine neue zeigt nun, dass der Schutz vor Ansteckung schon drei Monate nach der Zweitdosis abzunehmen scheint, zumindest bei einem Teil der Geimpften.

Studiendesign

Die Forscher werteten dafür die elektronischen Gesundheitsdaten von 80.057 Erwachsenen (Durchschnittsalter 44 Jahre) aus, die mindestens drei Wochen nach ihrer Zweitimpfung einen PCR-Test hatten und bei denen es keine Hinweise auf eine frühere Covid-19-Infektion gab.
Von diesen 80.057 Teilnehmern hatten insgesamt 7.973 (9,6 %) ein positives Testergebnis, aber eben zu verschiedenen Zeitpunkten nach der Zweitdosis. Bei etwa 93 Prozent der positiven Tests handelte es sich gemäß sequenzierter Stichproben um die Delta-Variante des Virus.

Als Grundlage (und nicht zu vernachlässigendes Teilergebnis) stellten die Forscher fest, dass der Pfizer-Biontech-Impfstoff in den ersten Wochen nach der Zweitdosis einen ausgezeichneten Schutz vor Ansteckung bietet. Nur 1,3 Prozent der PCR-getesteten Studienteilnehmer hatten sich weniger als 90 Tage nach der Zweitimpfung eine Infektion eingehandelt.

Ergebnisse

Von da an aber stieg die Positivrate progressiv an. Die Forscher unterteilten den weiteren Zeitverlauf in 30-Tage-Abschnitte. Das folgende Diagramm zeigt die Ergebnisse. Zum leichteren Verständnis haben wir jeweils 30 Tage in einen Monat umgerechnet. Sie können außerdem die verschiedenen Altersgruppen hinzuschalten, nach denen in der Studie unterschieden wurde. (Der Trend ist aber in jeder Altersgruppe gleich.)

Eine wichtige Anmerkung: Diese Zahlen stellen nicht gleichzeitig das Infektionsrisiko dar. Die Studie hatte nur Teilnehmer, von denen ein PCR-Testergebnis vorlag und ist deshalb nicht repräsentativ für alle Geimpften.

In einem zweiten Schritt der Studie wurden die Teilnehmer dann mit negativen Kontrollpersonen desselben Alters und derselben ethnischen Gruppe verglichen, die in derselben Woche getestet wurden. Dadurch konnte in statistisch bereinigter Form errechnet werden, wie stark sich das Infektionsrisiko (verglichen mit den ersten 90 Tagen) im Laufe der Zeit erhöht.

Wir haben die 30-Tage-Schritte zur Vereinfachung wieder in Monate umgerechnet. Bemerkenswert bei diesem Ergebnis ist, dass das "bereinigte" Infektionsrisiko laut Studie schon nach drei Monaten recht stark erhöht ist, während es danach nicht mehr ganz so schnell ansteigt.

Steigerung des Infektionsrisikos nach der Zweitimpfung
Zeitraum Risiko
0 bis 3 Monate 1 (Referenzwert)
3 bis 4 Monate 2,37-fach
4 bis 5 Monate 2,66-fach
5 bis 6 Monate 2,82-fach
6 und mehr Monate 2,82-fach

Schlussfolgerungen

Die israelische Forschungsgruppe kam zu dem relativ vorsichtigen Schluss, "dass eine dritte Impfstoffdosis in Betracht gezogen werden sollte". Einen Zeitpunkt dafür wollte sie aber nicht vorschlagen, zumal die Studie nur die Ansteckung mit dem Virus untersucht habe, nicht aber Auswirkungen auf schwere Verläufe und Sterblichkeit.

Link zur Studie

Immer weiter boostern?

Zur Frage, wie viele Auffrischungen der Impfung in Zukunft nötig sein werden, kann die israelische Studie natürlich (noch) nichts sagen. Aber im renommierten "JAMA" (Journal of the American Medical Association) erschien gerade ein langer Artikel, der sich genau damit befasst.

Darin wird erklärt, warum für manche Experten rückblickend klar ist, dass es eine dritte Dosis braucht, um den Impfschutz zu vervollständigen. Die Zweitdosis hätte nur dann noch größere Kraft entfalten und vielleicht ausreichen können, wenn sie in großem zeitlichen Abstand nach der ersten verimpft worden wäre. Dazu fehlte in der pandemischen Notlage aber die Zeit.

Als wir die ersten beiden Dosen so dicht nacheinander verabreichten, haben wir im Grunde einen Drei-Dosen-Impfstoff daraus gemacht.

Prof. Dr. Peter Hotez, US-amerikanischer Arzt und Wissenschaftler

Der zitierte Peter Hotez, der unter anderem Professor für Virologie ist, sagt außerdem, es bestehe auch auf lange Sicht "eine hohe Wahrscheinlichkeit", dass tatsächlich drei Impfungen ausreichen könnten.

Immunologe und Präsidentenberater Anthony Fauci ist sich da weniger sicher. "Unterm Strich wissen wir es einfach noch nicht", sagt er. Seines Erachtens werde "das, was in den nächsten acht bis zehn Monaten passiert, sehr aufschlussreich" sein.
Mit anderen Worten: Man wird abwarten müssen, bis es genügend Daten über die anhaltende Wirksamkeit der dritten Impfung gibt. Vielleicht genügt sie auf Dauer, vielleicht auch nicht.

(rr)

73 Kommentare

Rolo am 10.12.2021

Hallo @MDR,
ich weiß nicht warum ihr meine Antwort nicht freischaltet, aber vielleicht liegt es an dem Link zu den Warentests der Schnelltests.

Die Schnelltests werden auf jeden Fall in die Kategorien der PCR-CT-Werte eingeteilt und hierin mit einer prozentualen Wirksamkeit bewertet.

Somit ist die Aussage, dass Schnelltests mit PCR-Tests nichts zu tun haben in Punkto Qualitätsprüfung und Wirksamkeit bzw. Einteilung in CT-Werte-Gruppen falsch.

Rolo am 09.12.2021

Liebes MDR,
leider nützt uns die ständige Diskussion um ein paar Prozent mehr oder weniger Schutz vor Ansteckung und Weitergabe (Immunität) nichts.

Fakt ist, dass der Schutz zeitabhängig abfällt und wenn man dies nicht in die Maßnahmen einbezieht, wird einem hier der Virus leider unbarmherzig mit einer Welle antworten.

Bei Omikron zeigen erste Daten sogar einen mehrere Dutzend-fach stärkeren Abfall des Schutzes.

Wichtig ist doch einfach, dass wir nicht wieder mit sturem Beharren auf veralteten Daten und damit verbundenen Hoffnungen, die Möglichkeiten die wir real haben verschlafen.

Wochenlang zuzusehen wir sich überall in Deutschland über "Berghain und Co." Events der Virus verbreitet und 2G schön zu reden war keine gute Idee.

Ich hoffe nur, dass wir dies nicht wieder tun.

MDR-Team am 09.12.2021

Lieber @Rolo,
"seriös" sind die erhobenen Daten in Deutschland ebenfalls. Zudem sind hier erhobenen Daten überhaupt nicht mit anderen Ländern vergleichbar. In Bezug auf die UKHSA verweisen wir darauf, dass bisher immer wieder offizielle Daten durch Verschwörungsideolog*innen aus dem Kontext gerissen oder gar manipuliert wurden (z.B. in Bezug einer angeblichen Übersterblichkeit: https://www.tagesschau.de/faktenfinder/impfquote-sterblichkeitsrate-101.html)

Wenn eine geimpfte Person das Virus aufnimmt, muss das Immunsystem darauf reagieren. Ohne Impfung dauert das lange und Erreger haben Zeit, sich zu vermehren. Aber auch bei Geimpften braucht die Immunantwort Zeit.

Aber reicht diese Viruslast, um andere anzustecken? Bisher weisen Tests nur Virus-RNA nach. Deshalb sind sie nicht besonders aussagekräftig, wenn es um das Ansteckungspotenzial eines Menschen geht.

https://www.deutschlandfunk.de/impfdurchbrueche-in-deutschland-warum-sich-menschen-trotz-100.html

Liebe Grüße