Impfskepsis, Regierungskritik, Verschwörungsdenken Neue Studie zu Corona-Maßnahmen in Sachsen zeigt ein gespaltenes Land

17. Juni 2021, 13:21 Uhr

Eine repräsentative Studie zu den Corona-Maßnahmen in Sachsen zeigt: Im Freistaat sind Impfskepsis, Regierungskritik und Verschwörungsdenken stark verbreitet. Das ergab eine Umfrage des Mercator Forums Migration und Demokratie (MIDEM), dem interdisziplinären Forschungszentrum der Technischen Universität Dresden. Mitte Mai waren dazu 1.008 Sächsinnen und Sachsen befragt worden.

Demonstrationsteilnehmer mit Schildern - Leipzig denkt selbst Leipzig braucht keine Querdenker. 3 min
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Sachsen ist nicht Sachsen. Mit diesem Satz fasst Studienleiter und MIDEM-Direktor Hans Vorländer die Studie zusammen.

Sachsen ist nicht Sachsen. Das heißt, wir haben Regionen beispielsweise in Ostsachsen oder Südwestsachsen, vor allen Dingen auch im Erzgebirge und im Landkreis Bautzen Görlitz, wo wir eine viel größere Skepsis bis hin zur Ablehnung von Corona-Beschränkungsmaßnahmen haben. Außerdem haben wir dort einen größeren Anteil der Bevölkerung, die sich Verschwörungstheorien zugehörig fühlt.

Prof. Dr. Hans Vorländer, Studienleiter und MIDEM-Direktor

In diesen Regionen, so Vorländer, sei auch die Skepsis gegenüber dem Corona-Management der Landesregierung, aber auch der Bundesregierung viel größer als beispielsweise in Leipzig oder in Nordsachsen. Es gibt in Sachsen also keinen Unterschied zwischen den Städten und ländlichen Gegenden – hier ticken ganze Regionen anders, so der Politologe Vorländer:

Generell sagt man ja immer, im Land sind die Verhältnisse verheerend. Da gibt es die sogenannten Abgehängten oder diejenigen, die sich nicht mehr von der Regierung gehört fühlen. Das gilt eben nur begrenzt jetzt für unsere Erhebung. Wir sehen zwar das Erzgebirge und aus Sachsen eben doch die Skepsis und Ablehnung größer ist. Aber wir sehen auch, dass sie beispielsweise in Dresden und in Chemnitz größer sind - die Ablehnung und Skepsis - als in Leipzig. Und wir sehen umgekehrt auch, dass das Vogtland sehr viel positiver auf die Maßnahmen schaut.

Prof. Dr. Hans Vorländer

Männer sind kritischer als Frauen, jüngere Menschen sind kritischer als Ältere. Verschwörungstheoretikerinnen und Verschwörungstheoretiker haben insgesamt eine geringere Bildung und wählen prozentual mehr Parteien wie die AfD. Sachsen ist impfkritisch – mit 21 Prozent liegt das Land stark über dem Bundesdurschnitt. Die Zustimmung zu Protestaktionen wie den großen Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen fallen sehr unterschiedlich aus. Während die Leipziger solche Demos mehrheitlich ablehnen, kommen diese in Dresden gut an. Vorländer nimmt an, dass das mit der generellen Dresdner Demonstrationslust zusammenhängt. 

Pegida ist sozusagen eine Erfindung Dresdens und Ost- und Südwestsachsens, aber keine Leipziger. Wir sehen auch ein sehr unterschiedliches Wahlverhalten in Sachsen, welches sich im Erzgebirge teilweise auch Vogtland und in Ostsachsen anders darstellt – also in Görlitz, Zittau oder Bautzen – als beispielsweise in Westsachsen.

Prof. Dr. Hans Vorländer

Rechnet man alle erhobenen Zahlen zusammen, spaltet sich Sachsen in zwei Lager: Menschen, die mit der Pandemie recht gut klarkommen, die andere Hälfte eher nicht. Erstaunt war die Studienleitung bei den Antworten auf die Frage, was die Menschen an der Corona-Pandemie besonders belastet. Die Befragten fühlten sich vor allem psychisch belastet. Das heißt: Die Menschen litten weniger unter Kurzarbeit und Geldeinbußen, als vielmehr unter der Trennung von Familien, Einsamkeit und fehlenden sozialen Kontakten. So kann man davon ausgehen, dass die jetzige allmähliche Rückkehr zur Normalität in Sachsen wie auch in allen anderen Ländern gern angenommen wird. Übrigens: Dass die Maske nun langsam verschwindet, so ergab die Studie, das finden fast alle Sachsen gut.

Über die Studie

Die Untersuchung "COVID-19 in Sachsen. Sozialräumliche und politisch-kulturelle Rahmenbedingungen des Pandemiegeschehens" können Sie auf der MIDEM-Seite als pdf downloaden.
Für die Erhebung wurden in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut dimap insgesamt 1.008 Personen über 18 Jahre im Zeitraum vom 10. bis 15. Mai 2021 befragt. Die Ergebnisse wurden repräsentativ für Sachsen sowie vier Regionen Sachsens erhoben (Nordsachsen, Ostsachsen, Südwestsachen sowie die sächsischen Großstadtregionen) und nach Alter, Geschlecht, Bildung und Population gewichtet.

(as)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Sachsenspiegel | 16. Juni 2021 | 19:00 Uhr

54 Kommentare

Seniorin_erinnert_sich am 21.06.2021

Corona Maßnahmen spalten Sachsen
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welche Sachsen - die nachts mit Fackeln im Süden unterwegs waren
die toleranten Grünauer oder Nazirockbesucher
Angela Merkel Handelte wann immer es nötig war und brachte uns sicher durch Pandemie.
Bundesrepublik Deutschland hat schon vieles ausgehalten. Oft an der Belastungsgrenze, wenn skrupellos fremdenfeindlich Menschenleben gemordet wurde, waren es vom Volk Gewählten, die richtig Handelten. Darauf war und ist Verlass! Von CDU+CSU angeführte Regierungen stärken Deutschland, Europa und die Welt.

Bernd1951 am 20.06.2021

Hallo Metapher,
vielleicht lassen sich menschenverachtende Ideologien nicht so einfach ausrotten und ein bestimmter Prozentsatz von Menschen ist, warum auch immer, dafür empfänglich.
Die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ist ja auch nicht gerade arm an dem Auftreten solcher Strömungen. Das man sich z. B. als Staat bei dem Versuch die NPD zu verbieten, nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat, ist m. E. schon bedenklich. Aber das ist schon wieder ein anderes Thema.

Ignatz Wrobel am 20.06.2021

Sachsen = rechtsextreme Hochburg?
Leider ließ sich nach der Befreiung von den Nazis diese menschenverachtende Ideologie nicht ausrotten.
Demokratie mit falscher Toleranz begünstigt Links- wie Rechtsextreme.
Bei den Aktionen in Sachsen waren Dutzende Reichsflaggen, Nazi-Symbole und verschwörerische Thesen zu sehen die neue Länder als undankbar hinterlassen.