Schema, das den Urknall illustrieren soll: Sich von links nach rechts ausdehnende Grafik mit Materie, die sich zu Elemente, Sternen, Planeten und Glaxien entwickelt.
Der Urknall ist die am weitesten verbreitete wissenschaftliche Theorie, um die Entstehung des Universums zu erklären. Bildrechte: imago/UIG

Neue Studie Dunkle Materie älter als das Universum?

14. August 2019, 10:49 Uhr

Ist die Dunkle Materie, aus der mehr als Dreiviertel des Universums bestehen soll, älter als das Universum selbst? Laut einer neuen Studie entstanden die Teilchen der Dunklen Materie womöglich noch vor dem Urknall.

Zirka 80 Prozent unseres Universums, so glauben Astronomen, bestehen aus Dunkler Materie. Überall im Universum gibt es sie. Auch in unserem Sonnensystem. Doch obwohl die rätselhafte, nicht direkt sichtbare Materie quantitativ so bedeutend ist, fehlt ein eindeutiger Beweis für ihre Existenz. Dunkle Materie ist nämlich das, was Wissenschaftler ein Postulat nennen. Ihre Existenz wird angenommen, weil ohne ihre Gravitationseffekte die Bewegung und Verteilung der sichtbaren Masse im Weltraum nicht erklärt werden kann.

Kein Relikt des Urknalls

Lange Zeit glaubten Forscher, dass Dunkle Materie eine Restsubstanz des Urknalls sein müsste, also jenes Anfangspunktes der Entstehung von Materie, Raum und Zeit vor 13,8 Milliarden Jahren. Der Physiker und Astronom Tommi Tenkanen von der Johns Hopkins University in Baltimore, US-Bundesstaat Maryland, bezweifelt das. "Wenn die Dunkle Materie ein echtes Relikt des Urknalls wäre, dann hätten Forscher längst ein direktes Signal von ihr in verschiedenen Teilchenphysik-Experimenten finden müssen", schreibt der Wissenschaftler in einer jüngst in den Physical Review Letters veröffentlichten Studie.

Vor Abschluss des Urknalls entstanden

Tenkanen hält es stattdessen für möglich, dass Dunkle Materie bereits vor dem Abschluss des Urknalls und damit auch vor dem Universum entstanden ist. Und zwar während der sogenannten kosmischen Inflation, einer Phase der überlichtschnellen Ausdehnung des Raumes, bei der auch Materie und Kosmos entstanden sind. Nach einigen – aber längst nicht allen - Definitionen war der Urknall erst mit dieser kosmischen Inflation abgeschlossen. Laut Tenkanen wird angenommen, dass während dieser schnellen Expansion eine bestimmte Art von Partikeln im großen Maße produziert wurden. Die Rede ist von Skalaren, von denen bislang nur das sogenannte Higgs-Boson entdeckt wurde.

Skalare und ihre Felder

Bekannt ist, dass das Feld um ein solches Skalar – also das Skalarfeld – allen Elementarteilchen wie etwa Elektronen erst ihre Masse verleiht. Entsprechend, so die weitere Annahme, könnte ein "dunkles" Skalarfeld auch die Dunkle Materie hervorgebracht haben.

Tenkanens Fazit: "Wir wissen nicht, was Dunkle Materie ist, aber wenn sie irgendetwas mit skalaren Partikeln zu tun hat, ist sie möglicherweise älter als der Urknall." Mit dem vorgeschlagenen mathematischen Modell, so der Wissenschaftler weiter, müsse man "keine neuen Arten von Wechselwirkungen zwischen sichtbarer und Dunkler Materie über die Schwerkraft hinaus annehmen".

Zusammenhang von Teilchenphysik und Astronomie

Die Studie habe dabei auch einen neuen Zusammenhang zwischen Teilchenphysik und Astronomie aufgezeigt, schlussfolgert Tenkanen: "Wenn dunkle Materie aus Teilchen besteht, die vor dem Urknall geschaffen wurden, beeinflussen diese auf einzigartige Weise die Verteilung von Galaxien im Universum." Diese Verbindung wiederum könnte genutzt werden, um Dunkle Materie über astronomische Beobachtungen zu identifizieren und Rückschlüsse auf die Zeit vor dem Urknall zu ziehen.