Illustration: Eine Frau hustet, während sie von einem Arzt mit Stethoskop abgehört wird
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Grippewelle Tausende neue Ansteckungen mit Influenza – zahlreiche Krankschreibungen

20. Februar 2024, 10:52 Uhr

Grippe und Co.: Rund sechs Millionen Menschen haben sich laut Hochrechnung vergangene Woche eine neue Atemwegsinfektion zugezogen. Daten von Krankenkassen zeigen: Das schlägt sich auch in vielen Krankschreibungen nieder.

Mann mit Brille und Kopfhörern vor einem Mikrofon
Bildrechte: Robert Rönsch

Seit dem Jahreswechsel läuft Teil zwei der saisonal üblichen Grippe- und Erkältungswelle. Nun scheint der erste Scheitelpunkt überschritten, aber die Zahlen gingen in der sechsten Kalenderwoche nur leicht zurück. Pro 100.000 Einwohnern steckten sich schätzungsweise 7.047 Personen neu an. Die Inzidenz sank damit um knapp 400 Fälle im Vergleich zur Vorwoche. Hochgerechnet erkrankten also etwa 5,9 Millionen Menschen in Deutschland.

Auch im Vorjahr hatte es so einen leichten Rückgang in Kalenderwoche 6 gegeben. Danach ging die Welle aber noch mehrere Wochen auf ähnlichem Niveau weiter (gelbe Kurve in der folgenden Grafik). Mal sehen, wie das in diesem Jahr wird (rote Kurve).

Aktuelle Grippesaison: Influenzaviren dominieren weiterhin

Bei den im Nationalen Referenzzentrum (NRZ) untersuchten Proben dominierten in der vergangenen Woche erneut Influenzaviren. Sie wurden in 45,9 Prozent aller Proben gefunden, hauptsächlich der Typ A(H1N1)pdm09. Damit blieben Influenzaviren die Haupttreiber von Atemwegserkrankungen, mit gehörigem Abstand folgten Rhinoviren und Respiratorische Syncytialviren (RSV). Der Covid-19-Verursacher SARS-Cov-2 wurde nur in knapp sechs Prozent der Proben nachgewiesen.

Nach Ende der Corona-Pandemie: Mehr Fehltage wegen Erkältungen

Der Krankenstand – also wie viel Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wegen Krankschreibung fehlen – war seit der deutschen Wiedervereinigung noch nie so hoch wie im Vorjahr. Das geht aus Daten der gesetzlichen Krankenkassen mit ihren viele Millionen Versicherten hervor. Schon 2022 war ein Rekordjahr mit einem Krankenstand von 5,62 Prozent. 2023 waren es dann sogar 6,76 Prozent.

Wie dieser Anstieg hauptsächlich zu erklären ist, wurde für 2023 noch nicht von allen Krankenkassen ausgewertet. Von der Techniker Krankenkasse (TK) liegen aber bereits Zahlen vor. Und da sieht man, dass es 2022 und 2023 mehr als doppelt so viele Fehltage wegen einer Erkältung gab als in den Jahren zuvor. Andere Gründe für eine Krankschreibung haben sich zwar auch leicht erhöht, aber bei weitem nicht so stark.

Jede vierte Krankschreibung wegen Schnupfen und Grippe

In der folgenden Grafik können Sie sich mit Hilfe der gelben Schaltfläche auch die Werte von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen anzeigen lassen. In Sachsen-Anhalt sind sie besonders hoch. Steffi Suchant, Leiterin der dortigen TK-Landesvertretung, sagt, das sei ein Höchstwert seit Beginn der TK-Auswertungen zum Krankenstand Anfang der Zweitausender Jahre. "Erkältungskrankheiten waren dabei sowohl im Bundesland als deutschlandweit für rund ein Viertel aller Fehltage verantwortlich", so Suchant.

Wenn der Anteil von Erkältungen beziehungsweise Atemwegserkrankungen an allen Krankschreibungen zunimmt, dann müsste die Kurve des monatlichen Krankenstandes doch eigentlich auch irgendwie mit der Kurve der Atemwegserkrankungen laut RKI "harmonieren". Etwas problematisch dabei ist, dass der Krankenstand stichprobenartig immer nur am ersten Tag eines Monats erfasst wird, während die RKI-Daten zu den Atemwegserkrankungen wöchentlich erhoben werden.

Krankschreibungen und Erkältungsdaten: Meistens stimmen sie überein

Dennoch zeigt sich da besonders für das Jahr 2023 – und in großen Teilen auch für 2022 – eine recht beeindruckende Ähnlichkeit der Kurven. Und das, obwohl bei den Atemwegserkrankungen alle Altersgruppen einfließen (also auch die, die zu jung oder alt zum Arbeiten sind) und beim Krankenstand wiederum auch alle anderen Krankheiten einfließen, die aber eben nicht so stark saisonal auftreten wie Atemwegserkrankungen.

Sind da nun mit Blick auf 2023 Deutungen erlaubt wie "im Sommer ließen sich mehr Laute krankschreiben, als es die Infektionslage eigentlich hergab" und "im Herbst haben sie dafür auch bei etwas Husten und Schnupfen ihre Arbeit durchgezogen"? Vielleicht. Vielleicht auch nicht.

Auf jeden Fall ist die Ähnlichkeit der Kurven ein Indiz, dass die RKI-Daten die tatsächliche epidemiologische Lage im Land ziemlich gut abbilden.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um Zwei | 14. Februar 2024 | 14:00 Uhr

4 Kommentare

MDR-Team vor 11 Wochen

Hallo,
im Artikel, der sich auf die Auswertungen der Krankenkassen (Krankschreibungen aufgrund einer ärztlichen Diagnose) und Meldungen des RKI sowie BMGs bezieht, geht es um Erkältungen beziehungsweise Atemwegserkrankungen (inkl. Grippe).
Herzliche Grüße

Il Sassone vor 11 Wochen

Von den 6 Millionen sollen sich fast 3 Millionen mit einer echten Grippe angesteckt haben? Glaube ich kaum. Da ist die ARE / ILI Unterscheidung beim GrippeWeb schon realistischer, als solche Hochrechnungen.

MDR-Team vor 11 Wochen

Hallo @Dermbacher,
um Informationen zugangbar zu gestalten, ist es wichtig, dass diese auch verständlich "übersetzt" werden. Manchmal bedarf es auch einer Einordnung.
Herzliche Grüße