Professur für Elastomere Forschung: TU Dresden gibt Gummi

05. Mai 2020, 10:38 Uhr

In Sachsen ist die einzige deutsche Professur für Elastomere Werkstoffe eingerichtet worden. Da wird alles gelehrt und erforscht, was mit Gummi zu tun hat. Wer glaubt, dass da schon alles bekannt und gesagt ist, irrt. Die Dresdner wollen dem Material mit ihrer Forschung neues Leben einhauchen.

Studioaufnahme eines Stapels Reifen. 3 min
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Jedes Kind kennt dieses Material: Gummi - ob in Form von Bällen, Quietscheenten oder als Gummiband zwischen den Finger gespannt. Doch am häufigsten nutzen Erwachsene dieses Material, sagt der Leiter der neuen Professur für Elastomere Werkstoffe an der Technischen Universität (TU) Dresden, Sven Wießner. "Am häufigsten, mengenmäßig, und auch am sichtbarsten, benutzen wir den Gummi in der Mobilität, Stichwort Reifen, sowohl in Automobil-, auch in Form von Fahrradreifen."

Prof. Dr.-Ing. Sven Wießner
Der Professor für das Elastische: Sven Wießner. Bildrechte: Technische Universität Dresden/ Christian Hüller

Viele Elastomere werden im Verborgenen genutzt. Dichtungen, Schlauchsysteme, Keilriemen oder auch Förderbänder, nennt Sven Wießner weitere Beispiele. Und bei all diesen Anwendungen sei die Dehnbarkeit von Gummi der entscheidende Aspekt: "Es handelt sich um Polymere, die aus langen Molekülketten bestehen. Diese Moleküle sind miteinander verknüpft, vernetzt, so dass sich diese Werkstoffe, wie man das von einem Gummi erwartet, um mindestens das Doppelte ihrer Ausgangslänge dehnen lassen."

Wießner will Gummi intelligent machen

Doch was kann man Neues über einen Werkstoff lehren, der weltweit und tonnenweise in Fabriken hergestellt wird. "Jede Menge", sagt Wießner - und nennt als wichtiges Forschungsfeld die Vermeidung von Abfällen. Das bedeutet, Gummi in der Anwendung haltbarer zu machen. Denn einmal hergestellt, ist Gummi für immer in der Umwelt. Das Material kann nicht recycelt und wieder genutzt werden.

Das nächste Thema sei der Abrieb bei Autoreifen. Mit jeder Fahrt hinterlassen wir auf den Straße Mikropartikel von Gummi, bekannt als Mikroplastik. Wießner möchte beständigere Materialien entwickeln, die dann auch nicht so schnell abgefahren sind und vielleicht einmal mehr durch den TÜV kämen. Außerdem will er dem Gummi Leben einhauchen, ihn intelligent machen.

Gummi für die Robotik

So forscht der Professor mit Elektro- und Textiltechnikern der TU Dresden an Garnen aus Gummi, die sich bewegen können: "Die dann beim Anlegen einer elektrischen Spannung Verformungen ausführen können, zum Beispiel um da Stimulation auch in der Prothetik, im Rehabilitationssektor, zu erreichen." Als Beispiel nennt er eine Hand aus Gummi, die sich, nach einem Impuls von selbst öffnet oder schließt. Wießner spricht von einer neuen Generation von Robotik-Anwendungen und Orthesen, die leichter, verträglicher und sicherer sind und zudem ganz individuell angepasst werden können.

"Sensorik ist beileibe nichts Neues. Aber der Versuch, das in den Werkstoff zu integrieren, ist eine große Herausforderung und das ist auch ein sehr interessantes Feld", sagt der 44-Jährige. "Denn diese Erkenntnisse können auch für andere Elastomer-Produkte, wie etwa Dichtungen oder Förderbänder, oder denken wir vielleicht an intelligente Schläuche oder Katheder in der Medizintechnik, Anwendung finden."

Schon seit 2012 lehrt Sven Wießner in Dresden alles über den Werkstoff Gummi. Damals bekam er eine Juniorprofessur. Seit diesem Frühjahr hat er nun einen eigenen Lehrstuhl. Der würde dem Material nun endlich die Aufmerksamkeit geben, die es verdient. Momentan sind die Hörsäle allerdings leer. Wießner unterrichtet online, noch das gesamte Semester, bis in den Juli. Die neue Dresdner Gummi-Professur ist derzeit die einzige Universitätsprofessur ihrer Art in Deutschland.

1 Kommentar

part am 01.05.2020

Wären Autoreifen aus reinem Gummi, dann hätten sie eine beige bis hellbraune Färbung. Doch leider enthalten viele Gummimischungen für die verschiedensten Anwendungsbereiche unsägliche Zusatzstoffe in Beimischung, die ihm erst gewisse Eigenschaften verleihen und es umweltschädlicher machen, denn Kautschuk ist ein Naturprodukt ähnlich Guttapercha. Die schwarze Farbe bei Gummiprodukten stammt überdies von Ruß als Zuschlagstoff, eben auch ein preiswerter Füllstoff zum teuren Naturprodukt.