Eine Biene sticht zu und verliert ihren Stache
Immuntherapie hilft gegen Insektengiftallergien, wie etwa nach einem Bienenstich. Angewendet wird sie allerdings bisher selten. Bildrechte: IMAGO/Funke Foto Services

Wissen-News Trotz hoher Wirksamkeit: Immuntherapie bei Wespen- und Bienenallergikern nur selten angewendet

16. April 2024, 17:17 Uhr

Menschen mit Insektengiftallergie nutzen hierzulande selten Immuntherapie, obwohl diese anaphylaktischen Schocks in fast allen Fällen entgegenwirken kann. Dies hat die Deutsche Dermatologische Gesellschaft kritisiert.

Schwere allergische Reaktionen auf Insektenstiche lassen sich zu 90 Prozent durch Immuntherapien verhindern. Allerdings erhalten nur 10 Prozent der betroffenen Patienten eine solche Therapie. Das kritisiert die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) in einer aktuellen Mitteilung. Bei einer Immuntherapie werden stark allergische Patienten schrittweise an die Insektengifte gewöhnt. In Deutschland sterben laut offiziellen Statistiken zwischen 20 und 40 Menschen pro Jahr an Bienen- oder Wespenstichen. Experten gehen allerdings von einer hohen Dunkelziffer aus, da viele Fälle nicht erkannt würden.

Gewöhnung an Insektengifte reduziert Risiko tödlicher Folgen um mehr als 90 Prozent

Besteht eine Allergie gegen Insektengift, kann ein einzelner Stich schwere, systemische Reaktionen wie etwa Atemprobleme, Kreislaufbeschwerden bis hin zu einem allergischen Schock mit Todesfolge hervorrufen. Notfallsets, die beispielsweise mit Adrenalin-Autoinjektoren bestückt sind, können Leben retten. Auch helfen Vorsichtsmaßnahmen gegen das Stiche, wie Gläser abdecken, enge Kleidung oder Ruhe bewahren, wenn es zu einer Begegnung mit Insekten kommt.

Darüber hinaus sei die Immuntherapie ein probates Mittel, so die DDG. Bei der zwar langwierigen, aber effektiven Schutzmaßnahme wird das Immunsystem stückweise an das Insektengift gewöhnt. Bei der Bienengiftallergie liege die Wirksamkeit der Immuntherapie bei bis zu 94 Prozent, bei Wespengift bis zu 99 Prozent. "Wenn man bedenkt, wie gut die Behandlung wirkt, ist es sehr verwunderlich, dass schätzungsweise nur 10 Prozent derjenigen, für die eine Indikation der Immuntherapie besteht, eine solche auch erhalten", bemängelt Thilo Jakob, Direktor der Klinik für Dermatologie und Allergologie am Universitätsklinikum Gießen.

Therapie nimmt mehrere Jahre in Anspruch

"Wer sich immunisieren lassen möchte, muss sich auf eine über mehrere Jahre erstreckende Behandlung einlassen", sagt Jakob. Wenn sich die Verdachtsdiagnose einer Bienen- oder Wespengiftallergie bestätigt, empfiehlt Jakob, die Immuntherapie im Rahmen eines kurzen stationären Aufenthalts einzuleiten, bevor ambulant weiter behandelt wird. "Die meisten unserer Patientinnen und Patienten vertragen die Immuntherapie gut. Bedeutsame Nebenwirkungen sind selten."

Ansprechpartner für die Immuntherapie sind Ärzte mit der Zusatzbezeichnung Allergologie, von denen es in Deutschland über 10.000 in HNO-Praxen, unter Dermatologen, in der Inneren und Allgemeinpsychologie, sowie in der Kinderheilkunde gibt.

pm/jar

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | Thüringenjournal | 06. März 2024 | 19:00 Uhr

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