Bettenhaus der Charite am Abend.
Das Bettenhaus der Charité. Sicher eines der bekanntesten Gebäude der Berliner Innenstadt Bildrechte: imago images / Frank Sorge

Antibiotika-Resistenzen Krankenhaus: Die gefährlichen Keime leben auf dem Fußboden

17. August 2021, 14:59 Uhr

Wie breiten sich Bakterien im Krankenhaus aus? Forscher aus Jena und Berlin haben das in einem Klinikneubau untersucht. Das Ergebnis: Auf Türklinken oder an Waschbecken wachsen stabile Gemeinschaften. Die größten Gefahren lauern auf dem Fußboden.

Als die Charité im Jahr 2017 das neue Bettenhaus im Zentrum von Berlin nach einem Komplettumbau wieder in Betrieb nahm, zog auch ein Forschungsteam mit ein. Die Forschenden des Universitätsklinikums Jena und der Charité nutzten die Gelegenheit, und untersuchten 30 Wochen lang die Keimbesiedlung in den Patientenzimmern einer neurologischen Station. Damit konnten sie zeigen, wie bereits nach kurzer Zeit Bakterien die anfangs vorhandenen Umweltkeime weitgehend ersetzten und sich vermehrten: Artenvielfalt und Biomasse nahmen zu.

Patienten bringen ihre Bakterien mit

Das Team untersuchte im Wochenrhythmus Türklinken, Waschbecken und Böden. Außerdem wurden von den Patientinnen und Patienten Nasen-, Rektal-, Hand- und Ellenbeugenabstriche genommen, sowie Luftfeuchtigkeit und Raumtemperatur gemessen, so die Mitteilung des Uniklinikums Jena.

Schon nach wenigen Wochen besiedeln stabile und standortspezifische Bakteriengemeinschaften Türklinke, Waschbecken und Fußboden eines neuen Klinikzimmers
Für die Studie: Wöchentliche Probenentnahme an Türklinken (Foto), Waschbecken, Böden und Patienten. Bildrechte: AG Host Septomics/UKJ

"Erstaunlich war dabei, wie schnell etwa Keime des Hautmikrobioms den Boden und die Türklinke, bzw. Bakterien der Mundflora das Waschbecken besiedelten", so Erstautor Tilman Klassert von der Arbeitsgruppe Host Septomics am Jenaer Uniklinikum. "Auf den verschiedenen Oberflächen der Patientenzimmer konnten stabile und standortspezifische Bakteriengemeinschaften schon fünf bis sieben Wochen nach Eröffnung der Station beobachtet werden." Diese Veränderung der Keimarten lag klar im Austausch mit dem Mikrobiom der Patienten begründet, so Klassert.

Keimprobleme auf dem Fußboden

Unter den neuen Keimen waren auch Krankheitserreger. "Im Beobachtungszeitraum stellten wir jedoch keine Zunahme der pathogenen Keime fest", erklärte Rasmus Leistner vom Institut für Hygiene und Umweltmedizin an der Charité. Allerdings zeigte die Analyse der Gensequenzen: Das Problem liegt uns zu Füßen. Und es heißt: Antibiotika-Resistenz, wenn unsere wichtigsten Medikamente nicht mehr gegen Keime wirken. Während es auf Türklinken und in Waschbecken nur einzelne positive Befunde gab, häuften sich mit der Zeit die auf dem Boden gefundenen Resistenzgene. "Wir müssen davon ausgehen, dass diese den Weg in Krankheitserreger finden könnten“, so Hortense Slevogt, die Leiterin der Arbeitsgruppe in Jena. "Deshalb sollten wir dringend die Frage klären, warum diese Gene auf dem Boden immer mehr werden können und welche Übertragungsmechanismen für Resistenzgene vorhanden sind." Die Antwort darauf versucht das Team jetzt zu finden.

Über die Studie

Die Studie wurde im Rahmen des InfectControl-Verbundes vom Bundesforschungsministerium gefördert. Sie erschien im Fachblatt Microbiome: Klassert T.E., et al: Bacterial colonization dynamics and antibiotic resistance gene dissemination in the hospital environment after first patient occupancy: a longitudinal metagenetic study Microbiome 9, 169 (2021).