Junge Person hält Hände einer älteren Person.
Symbolbild Demenz: In Deutschland leben heute laut Deutscher Alzheimer Gesellschaft etwa 1,6 Millionen Menschen mit einer Demenzerkrankung. Bildrechte: IMAGO / imagebroker

Neue Preprint-Studie Kann die Gürtelrose-Impfung Demenz verhindern?

03. Juli 2023, 14:26 Uhr

Herpesviren, wie sie auch für Gürtelrose verantwortlich sind, könnten mit Demenz im Zusammenhang stehen. Das zumindest legen die Befunde einer aktuellen Preprint-Studie nahe.

Wer gegen Gürtelrose geimpft ist, könnte damit möglicherweise sein Demenz-Risiko senken. Das zumindest implizieren die Befunde einer aktuellen Preprint-Studie einer Arbeitsgruppe um Markus Eyting vom Heidelberg Institute of Global Health. Der Status Preprint bedeutet, dass die Studie noch keinem wissenschaftlichen Review-Verfahren unterzogen wurde – sie sollte also noch ein wenig vorsichtiger zur Kenntnis genommen werden, als beispielsweise eine Veröffentlichung in einem wissenschaftlichen Journal.

Vergleich zweier Gruppen in Wales

Die Forschenden untersuchten zwei Gruppen von Menschen in Wales: Die eine Gruppe wurde zu rund der Hälfte gegen Gürtelrose geimpft, die andere Gruppe hatte keine Impfung bekommen. Genutzt wurde der Lebendimpfstoff Zostavax. In der teilweise geimpften Gruppe wurden die Menschen zu rund einem Fünftel seltener dement als in der ungeimpften Vergleichsgruppe. Das ist insofern eine interessante Beobachtung, weil es eine Vermutung bestätigt, die Forschende schon länger hatten: Womöglich ist das Gürtelrose-Virus – übrigens dasselbe Virus, das auch für die Windpocken verantwortlich ist – an der Entstehung von Demenzerkrankungen beteiligt.

Herpesviren könnten mit Demenz zusammenhängen

Zuvor hatte bereits andere Studien den Hinweis geliefert, dass Herpesviren, darunter eben auch das Windpocken- beziehungsweise Gürtelrose-Virus mit dem Namen Herpes Zoster, mit einem höheren Risiko für Demenz zusammenhängen. Die Viren befallen Nervenzellen und können eine Enzephalitis auslösen. Das ist eine Entzündung des Gehirns, die meist durch Viren bedingt wird. Das West-Nil-Virus steht beispielsweise auch im Verdacht, derartige Entzündungen im Gehirn auszulösen.

Bei einer Gürtelrose-Infektion brechen die Herpesviren noch einmal aus, die bereits in der Kindheit für Windpocken gesorgt haben. Denn diese Viren verbleiben meistens das gesamte Leben im Körper und führen dann zur Gürtelrose, wenn das Immunsystem geschwächt ist, beispielsweise im Alter.  

Volkskrankheit Demenz

Zwar ist die Begutachtung der vorgelegten Studie noch nicht abgeschlossen, aber die Befunde werden bereits diskutiert.

In Deutschland leben heute laut Deutscher Alzheimer Gesellschaft etwa 1,6 Millionen Menschen mit einer Demenzerkrankung. Jährlich erkranken rund 300.000 Menschen neu. Ungefähr 60 Prozent von ihnen haben eine Demenz vom Typ Alzheimer.

Es wird geschätzt, dass bis 2050 die Zahl der Demenzkranken auf 2,4 bis 2,8 Millionen steigen wird, sofern kein Durchbruch in Bezug auf Prävention und Therapie gelingt. Eine weitere spannende Entdeckung aus der Demenzforschung im vergangenen Jahr war, dass auch unser Schlafrhythmus den Verlauf einer Demenz beeinflussen kann.

Links/Studien

Die Preprint-Studie ist hier kostenlos abrufbar.

iz

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4 Kommentare

salzbrot vor 46 Wochen

offenbar gibt es eine sehr starke, finanzintensive Kampagne des Impfstoffherstellers. Langsam hat man ja den Eindruck, als würden alle über 60 Gürtelrose bekommen. Die Hauptursache für Demenz ist das immer weiter steigende Sterbealter. Der Mensch ist nicht dafür gemacht, in dieser Breite über 60 oder 70 zu werden. Ab 40 geht es körperlich und mental bergab, da helfen auch keine Impfungen.

ElBuffo vor 46 Wochen

Gleich im ersten Satz wird doch deutlich gemacht, dass die Ursache des Zusammenhangs noch Gegenstand von Untersuchungen ist. Insofern kann ich da keine unzulässige Gleichsetzung oder Verwechslung erkennen. Beobachtete Korrelationen sind nunmal häufig der Ausgangspunkt solcher Untersuchungen. Auch hier doktort man ja schon eine ganze Weile dran rum.

MDR-Team vor 46 Wochen

@Freies Moria
Im Artikel ist nicht von Kausalität die Rede, sondern nur von einem möglichen Zusammenhang. Von daher ist Ihre Kritik der "versäumten Gelegenheit" unberechtigt.
LG, das MDR-Wissen-Team

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