Ein Baby wird mit einem Stethoskop abgehört
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WISSEN-NEWS Seltene Säuglingskrankheit kann durch Genschere geheilt werden

05. Februar 2024, 20:42 Uhr

Forschende des Berliner Max-Delbrück-Centrum konnten einen Gendefekt, der Ursache für eine seltene Immunsystemerkrankung bei Säuglingen ist, mithilfe der Genschere CRISPR-Cas9 reparieren. Die Krankheit kann zu einer überschießenden Immunreaktion führen und verläuft oft tödlich.

Forschenden des Max Delbrück Center in Berlin ist es gelungen, einen Gendefekt, der zu einer überschießenden Immunreaktion des Körpers führen kann, bei Mäusen und zwei Babys mithilfe der Genschere CRISPR-Cas9 zu reparieren.

Seltene Erkrankung des Immunsystems bei Babys

Die familiäre Hämophagozytische Lymphohistiozytose (FHL) ist eine seltene Erkrankung des Immunsystems. Meist sind Säuglinge und Kleinkinder im Alter von bis zu 18 Monaten betroffen. Ursache sind verschiedene Genmutationen, die eine normale Funktion der zytotoxischen T-Zellen verhindern. Das ist eine Gruppe von Abwehrzellen, die von Viren befallene oder auf andere Weise veränderte Körperzellen töten. Infiziert sich ein Kind nun mit einem Virus, zum Beispiel mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV), sind die T-Zellen nicht in der Lage, die befallenen Zellen zu beseitigen. Stattdessen kommt es zu einem Zytokinsturm und einer überschießenden Immunreaktion. Dadurch wird der gesamte Organismus in Mitleidenschaft gezogen. Laut Klaus Rajewsky, Leiter der Arbeitsgruppe "Immunregulation und Krebs" am Max Delbrück Center, kombinieren Ärzte zur Behandlung Immunsuppression, Chemotherapie und Knochenmarkstransplantation. Trotzdem würden viele erkrankte Kinder sterben.

Prinzip funktioniert, Dauer ungewiss

FHL-Betroffene leiden häufig unter dem Defekt eines Gens names Perforin. Die Forschenden führten bei Mäusen, deren Perforin-Gen seine Funktion eingebüßt hatte, einen Zustand herbei, der einer EBV-Infektion ähnelte. Die Immunantwort der Mäuse schoss über und sie erkrankten daraufhin an Hämophagozytischer Lymphohistiozytose. Aus dem Blut dieser Mäuse gewann das Team T-Gedächtnis-Stammzellen, also langlebige T-Zellen, aus denen aktive zytotoxische T-Zellen heranreifen. Die Forschenden reparierten mithilfe der Genschere CRISPR-Cas9 das defekte Perforin-Gen der T-Gedächtniszellen und spritzten sie den Tieren. Die Immunantwort beruhigte sich, und die Mäuse erholten sich von ihren Symptomen. Auch mithilfe zweier Blutproben von erkrankten Säuglingen ließen sich T-Gedächtniszellen vermehren und reparieren. Den Experimenten in den Zellkulturen zufolge waren die reparierten T-Gedächtniszellen der Babys zu einer normalen zytotoxischen T-Zell-Antwort fähig. Das Prinzip funktioniert also. Noch ist aber ungewiss, wie lange der schützende Effekt anhält. Das Behandlungskonzept muss außerdem noch in klinischen Studien geprüft werden, bevor es Betroffenen zugutekommen kann.

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