Wissen-News KI erkennt verlässlich Emotionen von psychotherapeutischen Patienten
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28. Dezember 2023, 15:44 Uhr
Künstliche Intelligenz kann zur psychotherapeutischen Unterstützung werden, denn sie kann Gefühle aufgrund von Gesichtsausdrücken verlässlich erkennen. Das zeigt eine Machbarkeitsstudie der Universität Basel. Das KI-System ist auch in der Lage, den Therapieerfolg bei Borderline-Patientinnen und -Patienten zuverlässig vorauszusagen.
Das Gesicht ist oft ein Spiegel für die Gefühlslage eines Menschen. Die Interpretation von Gesichtsausdrücken, zum Beispiel im Rahmen einer Psychotherapie oder der psychotherapeutischen Forschung, kann deshalb gut charakterisieren, wie sich ein Mensch gerade fühlt. Auswertung und Interpretation aufgezeichneter Gesichtsausdrücke im Rahmen eines Forschungsprojekts oder einer Psychotherapie sind aber extrem zeitaufwändig. Oft muss stundenlanges Videomaterial genauestens analysiert werden.
Forscher aus Basel haben nun getestet, ob man diese Arbeit der KI überlassen kann und ob diese mindestens so gut im Erkennen von Gesichtsausdrücken ist wie Fachleute. Die Forscher verwendeten dazu frei verfügbare künstliche neuronale Netze, die mithilfe von über 30.000 Gesichtsfotos auf die Erkennung von sechs Basisemotionen trainiert wurden: Glück, Überraschung, Ärger, Abscheu, Trauer, und Angst. Danach analysierte die KI Videos der Therapiesitzungen von insgesamt 23 Borderline-Patientinnen und -Patienten. Insgesamt über 950 Stunden an Videomaterial mussten die Hochleistungsrechner für diese Studie verarbeiten. Das Resultat war erstaunlich: Der statistische Vergleich zwischen der Auswertung von drei geschulten Therapeuten und der KI zeigte bemerkenswerte Übereinstimmungen. Die KI beurteilte die Gesichtsausdrücke so verlässlich wie der Mensch.
Darüber hinaus erkannte die KI aber auch kürzeste Gefühlsregungen im Millisekunden-Bereich, beispielsweise ein kurzes Lächeln oder einen Ausdruck von Ekel. Solche sogenannten "Micro Expressions" können Therapeuten entgehen oder werden von diesen nur unbewusst wahrgenommen. Die KI ist somit in der Lage, kurze Gefühlsregungen sensibler zu messen als dies geschultem Fachpersonal möglich ist.
Die KI-Analyse brachte zudem einen unerwarteten Befund. Patientinnen und Patienten, die zu Beginn einer Therapiesitzung emotionale Beteiligung zeigten und lächelten, brachen später die Psychotherapie seltener ab als Menschen, die sich gegenüber dem Therapeuten oder der Therapeutin unbeteiligt zeigten. Dieses "soziale" Lächeln könnte demnach ein guter Vorhersagewert für den Therapieerfolg bei einer Person mit einer Borderline-Symptomatik sein. KI könnte sich damit zu einem wichtigen Hilfsmittel in Therapie und Forschung entwickeln. Bei Videoaufzeichnungen könnten mit KI emotional relevante Momente in einer Gesprächsaufnahme einfacher und direkter aufgespürt werden. "Die therapeutische Arbeit ist aber weiterhin in der erster Linie Beziehungsarbeit und bleibt eine menschliche Domäne", sagt Studienleiter Martin Steppan. "Zumindest vorläufig."
Link zur Studie
Die Studie "Machine Learning Facial Emotion Classifiers in Psychotherapy Research: A Proof-of-Concept Study" ist im Fachjournal "Psychopathology" erschienen.
rr